Die Springer-Zeitung Welt lässt Tech-Milliardär Elon Musk in einem Gastbeitrag Wahlwerbung für die AfD machen. Die Rechtfertigung: „Demokratie“ und „Journalismus“ würden von Meinungsfreiheit leben. Das stimmt, bedeutet aber noch lange nicht, dass man jedem Schwachsinn eine Bühne geben muss. Ein Kommentar.
Gastbeiträge sind im Journalismus eine heikle Angelegenheit. Denn einerseits können Medien von renommierten Namen und außenstehenden Meinungen profitieren. Andererseits können Autoren solche Artikel für ihre Zwecke missbrauchen und Werbung betreiben.
Sorgfalt, Objektivität und ein gesellschaftliches Interesse sind deshalb essentielle Aufgaben im Sinne des Journalismus. Zugeben: Es gibt kniffelige Fälle. Doch die Tatsache, dass die Springer-Zeitung Welt Elon Musk in einem Gastbeitrag Wahlwerbung für die AfD machen lässt, ist ein offensichtliches Armutszeugnis für den Journalismus und die Meinungsfreiheit.
AfD-Musk: Der reichste Mann der „Welt“
Pikant: Elon Musk widerspricht und widerlegt sich in seinem Werbebeitrag für die AfD nicht nur selbst. Auch die fadenscheinige Begründung der Welt, warum man solch einen Beitrag überhaupt veröffentlicht, ist an Widersprüchen kaum zu überbieten. Innerhalb der Redaktion rumorte es, eine leitende Redakteurin kündigte und im gleichem Atemzug wurde eine Gegendarstellung veröffentlicht. Aber von Beginn an.
Musk schwadroniert davon, dass nur die AfD Deutschland retten könne. Dass die Pläne der als in Teilen sicher rechtsextrem eingestuften Partei (NATO-Austritt und Reaktivierung von Nord Stream 2) vorsehen, dass Deutschland anti-amerikanischer und pro-russischer werden soll, scheint dem designierten US-Regierungsberater Muskau wohl entgangen zu sein.
Dass ein EU-Austritt und ein Stopp der Waffenlieferungen an die Ukraine nicht nur Millionen Flüchtlinge mit sich ziehen, sondern Deutschland als bis dato drittgrößte Wirtschaftsnation der Welt an den Rande des Ruins treiben würden: geschenkt! Doch weiter im Kontext. Elon Musk hatte bereits im Vorfeld auf X (ehemals Twitter) Wahlwerbung für die AfD gemacht.
Springer-Chef Mathias Döpfner kumpelt internen Dokumenten zufolge bereits seitdem Musk die Plattform übernommen hat, mit dem Tech-Milliardär rum. Zuvor hatte er seinen ehemaligen BILD-Chefredakteur Julian Reichelt vor der Bundestagswahl 2021 angebettelt: „Please, stärke die FDP“.
„Please stärke die“ AfD
Journalismus und Meinungsfreiheit sehen irgendwie anders aus. Dennoch argumentiert die Welt, dass „Demokratie“ und „Journalismus“ von Meinungsfreiheit leben würden. Das mag prinzipiell stimmen, kommt jedoch auf den Kontext an. Meinungsfreiheit bedeutet nämlich nicht, dass man jedem Schwachsinn eine Bühne geben muss.
Selbst dann nicht, wenn es sich um den reichsten Mann der Welt handelt, der offenbar der Demokratie und jeglicher Logik abgeschworen hat. Journalismus sollte zwar für Meinungsvielfalt stehen – auch wenn diese mitunter unbequem sein mag – jedoch unabhängig bleiben.
Springer, Döpfner und die Welt machen sich jedoch Populismus zueignen und gieren wie waschechte Populisten à la Musk mit provozierenden Inhalten nach Aufmerksamkeit. Was bleibt ist ein Medium, das den antidemokratischen Machtphantasien und wirren Gedanken des reichsten Mannes, des reichsten Antisemiten und des reichsten Rechtspopulisten der „Welt“ eine Plattform bietet.
Als würde der Eigentümer eines der einflussreichen Nachrichtenportale der Welt nicht ohnehin schon genug Einfluss haben und nehmen sowie seine Meinung kundtun können, gibt sich die Welt als Steigbügelhalter. Währenddessen schwadronieren auf X unverhohlen Verschwörungstheoretiker, dass eine geheime Weltelite die Fäden ziehen würde und begründen damit ihre Unterstützung für Musk.
Hinweis: Bei diesem Artikel handelt es sich um einen Kommentar. Das ist eine journalistische Darstellungsform, die explizit die Meinung des Autors und nicht des gesamten Magazins widerspiegelt. Der Kommentar erhebt keinen Anspruch auf Sachlichkeit, sondern soll die Meinungsbildung anregen und ist als Meinungsbeitrag durch Artikel 5 des Grundgesetzes geschützt.
Auch interessant:
Ich sehe das größte Problem darin, dass es niemanden gibt, der definiert was „Schwachsinn“ ist. Es gibt auch Kommentare von CDU, SPD, Linke, BSW und Grünen, welche in diese Kategorisierung fallen würden. Sollte man diese Parteien auch aus dem Diskurs ausschließen?
Sollte man eine Stelle definieren, welche entscheidet was diskutierbar ist und was nicht, käme dies Orwell’s Ministerium der Wahrheit gleich.
Der Leser selbst muss die Mündigkeit haben zu entscheiden was Schwachsinn ist und was nicht.
Die Mündigkeit der Wähler ist essentiell in der Demokratie.
Daher: „Es lebe der Schwachsinn“
Es ist ja nicht gesagt, dass der Autor denselben Kommentar nicht geschrieben hätte, wenn die anderen Parteien „Schwachsinn“ von sich geben (was sie tun, klar).
Natürlich ist das schwer zu definieren, was Schwachsinn ist, aber in dem Fall benennt er es ja: NATO- und EU-Austritt, „Remigration“, weniger Amerika, mehr Russland, etc. Natürlich kann man auch da unterschiedlicher Meinung zu sein, aber dass die AfD wirtschaftlich eine Katastrophe für Deutschland wäre, kann man schwer verleugnen (das gilt übrigens auch für ein paar Ideen anderer Parteien, aber das würde jetzt zu weit führen).
Wenn ich den Kommentar aber richtig verstehe, geht es weniger um die AfD, als vielmehr um die Einflussnahme von Matze Döpfner und seinen reichen Freunden („stärke FDP“ und jetzt die AfD-Werbung durch Musk). Der Krach in der Welt-Redaktion kommt ja nicht von ungefähr…
Dieses Argument ist aber wirklich schwach. Wer bestimmt denn was „Schwachsinn“ ist? Wenn jemand nicht meiner Meinung ist, dann redet er Schwachsinn und somit soll man ihm keine Bühne geben. Also laut dieser Argumentation dürfte man ja keinem AfD Politiker oder Wähler jemals eine Bühne in Talkshows, Zeitungen etc. geben. Dann ignorieren wir einfach mal die Meinung von ca. 25% der Wähler weil wir finden es ist Schwachsinn und geben Ihnen keine Bühne mehr. So leicht kann man es sich wirklich machen, unglaublich. Also wir haben Meinungsfreiheit und du kannst sagen was du willst, außer es ist Schwachsinn, aber was Schwachsinn ist und was nicht bestimme ich 😀
Der woke Journalismus lebt langsam – Gott sei dank – ab…
Jetzt kommen diese ganzen Schreiberlinge raus und meinen uns mitteillen zu müssen wen man zu interviewen hat und wen nicht.
Das sind die gleichen, die meinen uns ständig schreiben zu müssen, wen man denn gefälligst wählen darf und wen nicht.
Also Schwachsinn ist es Musk in einer deutschen Zeitung, in einem Medienverlag der sich auch in den USA einkauft, einen Artikel schreiben lässt, so meine Meinung dazu. AfD und auch BSW sind beides Demokratie Feinde und daraus wird kein Geheimnis gemacht. Russland ist hier der gute und die anderen sind die bösen. Auch für den Autor gilt Meinungsäußerung und Meinungsfreiheit, denn noch leben wir in keiner Diktatur und in der ist ja auch Kritik an dem Medien erlaubt. Der Bürger ist nicht mündig wie gerne unterstellt wird, aber er braucht keinen Milliardär dem ein Rechtsstaat nicht passt und öffentlich für Demokratie Feinde wirbt, in der deutschen Presse lesen. So dummerweise ist es meine Meinung dazu und wenn die nicht passt der kann sich ja bei der AfD und Musk beschweren,denn die sind bestimmt bereit für Hetze gegen andere Menschen
Das gleiche gilt dann aber auch für die Grüne Partei, SPD, Linke und Konsorten. Da wird vom deutschen Journalismus gefühlt der meiste Schwachsinn verbreitet!
Was genau verstehst du unter „Demokratiefeinden“? Für mich sind es Personen, die unliebsame Parteien verbieten lassen wollen, Wahlen annullieren oder eben andere Meinungen als Schwachsinn bezeichnen.
Demokratiefeinde sind Menschen, die sich nicht im Rahmen der deutschen Verfassung und des Grundgesetzes bewegen. Eine Partei, die zu Teilen als gesichert rechtsextrem eingestuft wird, und mit ihrem Wahlprogramm Menschen und Gesinnung anderer Hautfarbe, anderer sexueller Orientierung , ja selbst Frauen benachteiligt , ist also demokratiefeindlich. Wer diese Partei empfiehlt, auch. Wer darüber hinaus wirtschaftsschädliche Thesen vertritt wie Musk in seinem Gastbeitrag, verzapft also Schwachsinn.
Das bedeutet also, dass Parteien, die Menschen vom Leben ausschließen, die sich nicht die Injektionen geben lassen, auch demokratiefeindlich sind. Wer bleibt dann aber noch?
Sollte einem das nicht peinlich sein, wenn man als Journalist meint, dass man schlauer ist als der genialste Unternehmer unserer Zeit?
Wenn Sie wenigstens eine kluge Argumentation aufgezogen hätten, aber davon ist nichts zu sehen.
Seien wir doch mal ehrlich: Wir würden diese Diskussion jetzt nicht führen, wenn sich Musk für die Grünen oder die SPD ausgesprochen hätte. Also lernt Toleranz. Lernt andere Meinungen zu akzeptieren. Lernt inhaltlich zu streiten. Und ja, das ist angstrengend, weil das natürlich voraussetzt, dass man sinnvolle Argumente formuliert. Etwas, das dem Autor des obigen Artikels leider nicht gelungen ist. Stattdessen wird über die Urteile der „völlig neutralen“ Verfassungsschutzbehörden schwadroniert. Die Vorgänge rund um den Verfassungsschutzpräsidenten in Thüringen kann man ja ruhig ignorieren. Da wird fabuliert, dass ein EU Austritt Deutschland in den Ruin treiben würde. Komisch, selbst GB verzeichnet derzeit eine bessere wirtschaftliche Entwicklung als Deutschland. Und auch die Schweiz scheint, ohne EU Mitglied zu sein, recht erfolgreich zu wirtschaften. Aber auch das kann man ja ignorieren, wenn es irgendwie die eigene Meinung unterstützt.
ps: Wie peinlich ist es bitte, wenn die leitende Redakteurin der Rubrik „Meinung“ wegen einer anderen Meinung kündigt?
Hallo Grow up,
vielen Dank für den Kommentar. Die angesprochene Redakteurin hat jedoch nicht aufgrund einer anderen Meinung gekündigt, sondern weil es nicht die Aufgabe von Journalismus ist, (Wahl-)Werbung in Form von Gastbeiträgen mit falschen und irreführenden Aussagen zu publizieren. Da hilft auch die Gegendarstellung nicht viel. Elon Musk hat mit X und seiner künstlich gesteigerten Reichweite genügend Gelegenheit seine „Meinung“ kund zu tun.
´Herzliche Grüße
Der Artikel ist clickbait. Aufregerthema. Natürlich weiß der Autor selbst, dass er hier über sein Vermögen hinaus schreibt. Aber so eine Plattform hier gibt es auch nicht umsonst und nur mit den neuesten Saugrobotern im Test kann man das hier sicher nicht finanzieren.
Also, einfach ignorieren und sich den eigenen Teil – wenn man denn will – denken!
😀
Herrlich und selbstentlarvend wenn jemand festlegt was Schwachsinn ist und was nicht. Seitdem Musk seine Äußerungen in Bezug auf die AfD abgegeben hat dreht die Presse und teilweise die Politik frei. Jedem das gleiche Recht, oder? Wer hat sich denn bei Wahlen in anderen Ländern mit entsprechenden Äußerungen eingemischt? Eventuell unser Bundeskanzler? Oder ein Politiker in Georgien, der das Land in der Mitte Europas veroretet? Oder der gefühlte Wahlkampf für Frau Harris hier in Deutschland? Läuft das umgekehrt ist das Schwachsinn. Man mag von Musk und Trump halten war man will, aber Meinungsfreiheit besteht halt noch auf dem Papier.
Was wäre Musk bejubelt worden, wenn er sich über die sog. Altparteien positiv geäußert hätte. Schon komisch. Bald muss man dann auch gesichtert linksextrem schreiben.
Es ist langsam nur noch lachhaft (wenn es unserem Land nicht so schaden würde) was passiert. Die vernünftige Politik bleibt da massiv auf der Strecke.
Hallo Klaudia,
vielen Dank für deinen Kommentar. Bei diesem Artikel handelt es sich um einen persönlichen Meinungsbeitrag. Niemand definiert deshalb, was „Schwachsinn“ ist – zumal es nicht einmal eine Definition bräuchte, da es theoretisch nicht Aufgabe des Journalismus ist, (Wahl-)Werbung in Form von Gastbeiträgen zu publizieren.
Was an dieser Meinung „selbstentlarvend“ sein soll, entzieht sich mir. Paradox erscheint mir vielmehr, dass eine andere Meinung wie diese nicht akzeptiert wird. Meinungsfreiheit, aber nur wenn sie der eigenen Meinung entspricht?
Herzliche Grüße