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Cybermobbing: Schon ein Kommentar kann Schlimmes anrichten

Cybermobbing, Mobbing im Internet, Diskriminierung
Pixabay.com / saferinternetat
geschrieben von Christian Erxleben

Ein paar Zeilen und ein kurzer Kommentar sind schnell geschrieben – ob öffentlich sichtbar oder als private Nachricht. Was die meisten Menschen unterschätzen, sind die Auswirkungen, die selbst kurze Nachrichten anrichten können. Persönliche Gedanken zu Cybermobbing und den Konsequenzen.

Als Journalist bin ich es gewohnt, in regelmäßigen Abständen mit negativen Kommentaren, Beleidigungen und phasenweise sogar Hass konfrontiert zu sein und zu werden. Ganz vereinzelt haben mich sogar schon Nachrichten erreicht, die wahlweise meiner Familie oder mir den Tod wünschen.

Doch so detailliert und persönlich müssen die Kommentare überhaupt nicht sein, um einen Schaden anzurichten. Erst kürzlich hat ein anonymer Nutzer seine Meinung unter einem meiner Artikel veröffentlicht.

Persönliche Angriffe: Der Beginn von Cybermobbing

Gerne möchte ich seinen Kommentar (in der originalen Rechtschreibung) hier kurz in Auszügen darstellen:

„Lebensmittelpreise die durch die Decke gehen und du kommst mit sowas? Schon gemerkt das sich die Leute keine Kinder mehr leisten können?.Weißt fu überhaupt was ein Schulkind kostet wenn beide Eltern Berufstätig sind, Mittagsbetreuung und so? Du hast mit Sichetheit kein Kind oder ihr wohnt in so einer gewissen Großfamilie. Was Du verzapst ust weltfremd. Das so ein Schwachsinn gedruckt wird ist allerhand.

Auf den ersten Blick ist das ein Kommentar, wie er millionenfach täglich in deutschen Kommentarspalten erscheint. Leicht aggressiv, überhaupt nicht auf eine zielführende Kommunikation aus und beleidigend dazu. Wie viel davon von dem Nutzer gewünscht war, weiß ich selbstverständlich nicht.

Was ich dagegen weiß, ist, dass mich dieser Kommentar sehr getroffen hat. Warum? Weil ich selbst ein Kind habe – und ich weiß, dass alleine der KiTa-Platz unserer Tochter uns weit über 400 Euro im Monat kostet. Weil wir in keiner Großfamilie wohnen, sondern schauen müssen, dass wir nach der Kredittilgung und den KiTa-Kosten noch gut über die Runden kommen.

Gegenargumentation hilft nicht gegen Hassrede

Auch meine Familie und ich spüren die Lebensmittelkosten und sind dazu gezwungen, auf unsere Ausgaben zu achten. Am liebsten würde ich dieser Person detailliert antworten und zeigen, wie gemein ihr Kommentar doch war.

Und dann denke ich mir: Will ich mir wirklich meine gute Stimmung von einer Person zerstören lassen, die höchstwahrscheinlich selbst sehr unglücklich ist und deshalb anonym fremde Menschen im Internet beleidigt? Meine Antwort ist dann in der Regel: Nein, eine Debatte lohnt sich nicht.

Zumal schon im Jahr 2023 eine große Studie der Landesanstalt für Medien in Nordrhein-Westfalen gezeigt hat, dass Gegenargumentation bei Cybermobbing und Hate Speech nicht hilft. Wirklich effektiv sind dagegen das Löschen der Kommentare sowie eine strafrechtliche Verfolgung von Hassrede. Doch: Ab wann ist ein Kommentar strafrechtlich relevant?

Depressionen und Suizid-Gedanken durch Cybermobbing

Selbstverständlich sind wirksame rechtliche Konsequenzen für Mobbing im Internet hilfreich, um den Hass einzubinden. Tatsächlich ist es fast noch wichtiger, dass die Moderatoren und Vorbilder für unsere Kommunikation – also: Lehrer, Eltern, Erzieher, Medienhäuser und auch Influencer – offen darüber sprechen, wie gefährlich Beleidigungen sind.

Eine Studie der Barmer und des „Bündnis gegen Cybermobbing“ aus dem Jahr 2024 hat herausgefunden, dass zwei Millionen (!) Schülerinnen und Schüler in Deutschland bereits mindestens einmal Opfer von Cybermobbing geworden sind. Ein Viertel davon – also 500.000 Kinder und Jugendliche – hatten deshalb Suizid-Gedanken.

Eine andere Untersuchung der Techniker Krankenkasse hat diese Erkenntnisse unterstrichen und zudem gezeigt, dass sich Mobbing unter Schülern vermeiden lässt, indem es klare Regeln für den sozialen Umgang untereinander gibt. Über 90 Prozent der Mobbenden wäre damit geholfen, weil sie nicht über ihre sprichwörtlichen Grenzen schlagen.

Mehr Bewusstsein für die Auswirkungen von Hass

Für mich ist die letzte Erkenntnis spannend: Auch mobbende Personen brauchen Hilfe. Sie mobben (nicht nur) aus böser Absicht, sondern teilweise vielleicht auch, weil sie nie gelernt haben, wie gute Kommunikation geht und wie verletzend auch schon kleinste, vermeintlich harmlose Äußerungen sein können.

Eben jenes Bewusstsein, dass auch schon eine Aussage wie „Du hast mit Sicherheit kein Kind“ andere Personen schwer verletzen kann und bei instabilen Menschen sogar psychische Schäden daraus resultieren können, müssen wir als Gesellschaft von Klein an fördern. Es ist ein Lern- und Lebensinhalt, den Kinder schon in den ersten Jahren von Eltern, Freunden und Erziehern vermitteln bekommen müssen.

Hinweis: Bei diesem Artikel handelt es sich um einen Kommentar. Das ist eine journalistische Darstellungsform, die explizit die Meinung des Autors und nicht des gesamten Magazins widerspiegelt. Der Kommentar erhebt keinen Anspruch auf Sachlichkeit, sondern soll die Meinungsbildung anregen und ist als Meinungsbeitrag durch Artikel 5 des Grundgesetzes geschützt.

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Über den Autor

Christian Erxleben

Christian Erxleben arbeitet als freier Redakteur für BASIC thinking. Von Ende 2017 bis Ende 2021 war er Chefredakteur von BASIC thinking. Zuvor war er als Ressortleiter Social Media und Head of Social Media bei BASIC thinking tätig.

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