In der Serie „Start-up-Check!“ nehmen wir regelmäßig die Geschäftsmodelle von Start-ups unter die Lupe. Wer steckt hinter dem Unternehmen? Was macht das Start-up so besonders und was gibt es zu kritisieren? Heute: Wildplastic.
Start-ups: Das klingt nach Erfindergeist, Zukunftstechnologien, neuen Märkten. Doch in der Realität erweisen sich viele der Neugründungen leider oft als eine Mischung aus einer E-Commerce-Idee, planlosen Gründern und wackeligen Zukunftsaussichten.
Dabei gibt es sie durchaus: die Vordenker, die an den großen Problemen tüfteln und Geschäftsmodelle revolutionieren. Diese zu finden und vorzustellen, ist die Aufgabe des Formats Start-up-Check. Heute: Wildplastic aus Hamburg.
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Wer steckt hinter Wildplastic?
- Unternehmenssitz: Hamburg
- Gründung: 2019
- Gründer: Christian Sigmund, Fridtjof Detzner, Dieter Gottschalk, Nadia Boegli, Jascha Mähler
- Zahl der Mitarbeiter: 17 (Stand: Oktober 2024)
- Ziel: Plastik, das durch unsachgemäße Entsorgung in der Natur landet, einsammeln und wiederverwerten.
Die Belastung unserer Umwelt durch Plastikmüll stellt ein drängendes globales Problem dar. Laut Statista wurden im Jahr 2021 in Deutschland rund 21 Millionen Tonnen Kunststoffe produziert. Das bringt unweigerlich enorme Mengen an Kunststoffabfällen mit sich, wobei ein Großteil davon aus Verpackungen stammt. Das verdeutlicht die Notwendigkeit nachhaltiger Lösungen einmal mehr.
Ein wichtiger Schritt dafür war die Einführung der „Mehrwegangebotspflicht“ am 1. Januar 2023. Mit dieser Regelung verordnet das BMUV Unternehmen dazu, innovative Ansätze zur Verringerung von Plastikmüll zu entwickeln. Ziel ist es, die Umweltbelastung zu reduzieren und das Bewusstsein für nachhaltige Praktiken zu schärfen.
In diesem Zusammenhang nimmt Wildplastic eine zentrale Rolle ein. Das Start-up aus Hamburg bereitet Plastikmüll, der unkontrolliert in die Umwelt gelangt ist, auf und verwertet ihn weiter. Damit leistet es einen aktiven Beitrag zur Lösung des globalen Abfallproblems.
Was ist das Konzept von Wildplastic?
Das Start-up hat sich besonders auf sogenanntes wildes Plastik spezialisiert. Unter dem Begriff „Wildes Plastik“ werden Kunststoffabfälle zusammengefasst, die nicht ordnungsgemäß entsorgt wurden und unkontrolliert in die Natur gelangen. Dies kann in Wäldern, Flüssen oder an Stränden der Fall sein.
Diese Abfälle stellen ein besonderes Problem dar, da sie über einen langen Zeitraum die Umwelt verschmutzen und das Ökosystem gefährden. Das Start-up Wildplastic hat es sich zur Aufgabe gemacht, dieses Plastik aus der Natur zu sammeln, zu reinigen und zu recyceln. Aus dem gesammelten Müll entstehen neue Produkte.
Wildplastic sammelt Plastikmüll dort ein, wo er am meisten schadet: in Ländern ohne funktionierende Abfallsysteme wie Indien, Thailand, Ghana und Indonesien. Dort arbeiten lokale Müllsammler, die oft aus benachteiligten Gemeinschaften stammen. Wildplastic kooperiert mit örtlichen Sammelorganisationen, die die Abholung des Plastikmülls koordinieren.
Diese bringen dabei wertvolle Expertise zu regionalen Gegebenheiten ein, was die Effizienz der Sammlung erhöht. Der Vorteil für die Sammler: Sie erhalten für ihre Arbeit eine faire Entlohnung. Damit können sie sich ein zusätzliches Einkommen sichern und gleichzeitig aktiv zum Umweltschutz beitragen.
Wildbags: Müllbeutel aus recyceltem Plastikmüll
Der gesammelte Plastikmüll wird nach Europa transportiert, wo Wildplastic ihn in einem Recyclingprozess zu Granulat verarbeitet. Aus diesem recycelten Granulat stellt das Start-up neue Produkte her. Dazu gehören vor allem Müllbeutel (sogenannte „Wildbags“) und Versandtaschen.
Diese Produkte machen etwa 50 Prozent des Umsatzes von Wildplastic aus. Der Verkauf der Taschen und Müllbeutel erfolgt über verschiedene Kanäle, darunter der eigene Webshop, Online-Plattformen (zum Beispiel Amazon) sowie stationäre Handelspartner wie beispielsweise Edeka und Budni.
Ein wichtiger Partner von Wildplastic ist beispielsweise auch die Otto Group, die jährlich Millionen von Versandtaschen aus recyceltem Plastik bezieht. Die OTTOBAG, seit 2021 im Einsatz, besteht zu mindestens 80 Prozent aus recyceltem „wildem Plastik“ und bietet somit eine umweltfreundliche Alternative zu herkömmlichen Verpackungen.
Die andere Hälfte des Umsatzes erwirtschaftet das Unternehmen durch den Verkauf von recyceltem Kunststoffgranulat an andere Firmen. Auch hier ist die Otto Group ein wichtiger Großabnehmer, der dieses Granulat für die Herstellung von recycelten Versandtaschen verwendet. Ergänzend bietet Wildplastic Firmen auch die Möglichkeit, Verpackungen oder Folienwaren aus ihrem Wildplastic-Granulat herzustellen.
Innovative Ansätze im B2B-Bereich
Auch im B2B-Bereich verfolgt Wildplastic mehrere innovative Ansätze, um Unternehmen bei der Umsetzung nachhaltiger Praktiken zu unterstützen und Zugang zu hochwertigen recycelten Materialien zu erhalten.
Ein zentraler Aspekt dieser Bemühungen ist die Entwicklung maßgeschneiderter Verpackungslösungen, die darauf abzielen, den Plastikverbrauch zu reduzieren und gleichzeitig die Umwelt zu schonen. Diese maßgeschneiderten Lösungen sind ein wichtiger Schritt, um Unternehmen dabei zu helfen, ihre Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.
Allerdings steht kein separater B2B-Shop zur Verfügung (Stand Oktober 2024), was bedeutet, dass B2B-Bestellungen laut Wildplastic nicht online aufgegeben werden können. Alternativ können Unternehmen zum Beispiel auch bestehende Accounts auf Partnerplattformen nutzen, um die gewünschten Produkte zu bestellen.
Darüber hinaus engagiert sich Wildplastic in der Entwicklung neuer Produkte, die aus recyceltem Plastik hergestellt werden. Hierzu zählen unter anderem Tests für Produkte wie Flaschen und Möbel, was zeigt, dass Wildplastic bestrebt ist, innovative Lösungen für B2B-Kunden zu bieten.
Fortschritte beim Kampf gegen den Plastikmüll
Durch diese Kooperationen wird nicht nur der Umsatz gesteigert, sondern auch das Bewusstsein für das Problem des Plastikmülls und der Notwendigkeit für nachhaltige Alternativen gefördert. Wildplastic trägt somit aktiv zum Umweltschutz bei und sichert den Müllsammlern in den benachteiligten Ländern, aus denen das Plastik stammt, ein zusätzliches Einkommen. So entsteht ein nachhaltiger Kreislauf, der sowohl ökologische als auch soziale Verantwortung vereint.
Wildplastic hat sich als bedeutender Akteur im Kampf gegen Plastikmüll etabliert. Bis heute hat das Unternehmen 760.000 kg wildes Plastik aus der Natur entfernt und dadurch über 1,4 Millionen kg CO2-Emissionen eingespart. Diese Erfolge sind nicht nur ein Beitrag zum Umweltschutz, sondern auch ein Zeichen für das Engagement von Wildplastic in der Förderung nachhaltiger Praktiken.
Ähnliche Initiativen gibt es auch bei Unternehmen wie TerraCycle, das sich auf die Wiederverwertung schwer recycelbarer Materialien spezialisiert hat. Ein weiteres Beispiel ist Plastic Bank, die Menschen, die Plastikmüll sammeln, mit Geld oder nützlichen Dingen belohnen.
Dadurch tragen die Sammler aktiv zur Reduzierung von Plastikmüll bei und erhalten gleichzeitig Unterstützung für ihr Leben. Beide Unternehmen verfolgen das Ziel, Plastikmüll zu reduzieren und gleichzeitig soziale Probleme anzugehen.
Wildplastic: Umweltschutz und soziale Verantwortung
Wildplastic beweist, dass Umweltschutz und soziale Verantwortung Hand in Hand gehen können. Das Unternehmen sammelt Plastik in Gegenden, in denen es keine funktionierenden Abfallsysteme gibt und stellt daraus nachhaltige Produkte her.
So bleibt der Plastikmüll nicht ungenutzt in der Natur, sondern wird in neue Produkte umgewandelt und verbessert zudem die Lebenssituationen der Menschen, die Plastik sammeln.
Das zeigt, dass es möglich ist, mit innovativen Ansätzen praktische Lösungen für die Abfallproblematik zu bekommen. Wildplastic inspiriert dazu, selbst Verantwortung zu übernehmen und zeigt, dass jeder von uns etwas einen Beitrag zur Lösung der globalen Plastikproblematik leisten kann.
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