Wirtschaft

WIN-Initiative: 12 Milliarden Euro für Start-ups – nur ein Tropfen auf dem heißen Stein?

Was ist die WIN-Initiative Start-ups Förderung
Bundesregierung/Kugler
geschrieben von Carsten Lexa

In der deutschen Start-up-Szene tut sich was. Die Bundesregierung hat in Kooperation mit einigen namhaften Akteuren aus der Wirtschaft die WIN-Initiative ins Leben gerufen. Start-ups sollen mit zwölf Milliarden Euro unterstützt werden. Doch es mangelt nicht nur an Kapital. Eine Kolumne.

Start-ups in Deutschland sollen – „endlich“, möchte man sagen – nachhaltig unterstützt werden. Denn diese stehen, was nicht unbedingt eine neue Erkenntnis ist, für Innovationen, welche Deutschland dringend braucht, um zukunftsfähig zu bleiben.

Zur Unterstützung der Start- und Scale-ups sollen Milliarden Euro an frischem Wagniskapital über die sogenannte „WIN-Initiative“ bereitgestellt und die Bedingungen für Start-ups in Deutschland verbessert werden.

Möglich machen soll das ein Zusammenschluss der Bundesregierung mit großen Akteuren aus der Wirtschaft, mit Verbänden und der Kfw. Doch was genau steckt dahinter?

Was ist die WIN-Initiative?

Die WIN-Initiative, kurz für „Wachstums- und Innovationskapital für Deutschland“, wurde von Bundesfinanzminister Christian Lindner in Zusammenarbeit mit Bundeskanzler Olaf Scholz und Wirtschaftsminister Robert Habeck auf dem Startup Germany Summit vorgestellt.

Erklärtes Ziel der Initiative ist es, das deutsche Venture-Capital-Ökosystem zu stärken und die Rahmenbedingungen für Start-ups zu verbessern. Start-ups und Scale-ups, die sogenannten „Innovationsmotoren“ der deutschen Wirtschaft, sollen von verbesserten Finanzierungsmöglichkeiten profitieren, um als „Mittelstand von morgen“ wettbewerbsfähig zu werden.

Der Fokus der Initiative liegt auf der Mobilisierung von privaten und institutionellen Investitionen, um das Wachstum von Start-ups in Bereichen wie Deep-Tech, Robotik und Biotech voranzutreiben. Die Initiative umfasst ein Maßnahmenpaket mit zehn Punkten, darunter die Förderung von Börsengängen und Exits sowie die Stärkung der Kooperationen zwischen Hochschulen, Investoren und Unternehmen.

Zugleich wollen die teilnehmenden Unternehmen rund zwölf Milliarden Euro bis 2030 in die weitere Stärkung des deutschen Venture Capital-Ökosystems investieren.

12 Milliarden Euro: Ein Tropfen auf dem heißen Stein?

Zwölf Milliarden Euro klingen nach viel – aber in der Start-up-Welt ist diese Summe eher überschaubar. Der deutsche Start-up-Verband hat eine jährliche Finanzierungslücke von rund 30 Milliarden Euro identifiziert. Besonders in der Wachstumsphase fällt es vielen Start-ups schwer, ausreichend Kapital zu beschaffen.

Deutschland hinkt hier hinter Ländern wie Frankreich hinterher, wo das Tibi-Programm bereits seit 2019 erfolgreich private Investitionen mobilisiert. Zwar ist die WIN-Initiative ein Schritt in die richtige Richtung, aber ob sie ausreicht, um das Kapitalproblem vollständig zu lösen, bleibt fraglich.

Was braucht Deutschland wirklich?

Und auch was die Maßnahmen angeht, so ist fraglich, ob diese reichen werden, die Gründerkultur und das Start-up-Ökosystem nachhaltig zu stärken. Denn es braucht ja nicht einfach nur mehr Kapital. Er braucht vielmehr einen anderen Umgang mit Gründer:innen und dem Risiko, welches Unternehmensgründer:innen eingehen.

Es mangelt also nicht nur an Kapital, sondern – natürlich unter anderem – an einer Gründerkultur. Denn die Frage, wie in Deutschland Risiko, der Umgang mit Risiko und mit dem Scheitern gesehen wird, aber auch die Frage, welche Stellung Unternehmer in einer Gesellschaft haben, trägt viel dazu bei, Menschen zur Gründung eines Unternehmens zu bewegen oder sie davon abzuhalten. Und hier steht Deutschland einfach nicht gut da.

Darüber hinaus muss man in Deutschland einen Blick auf die Risikokultur von Finanzgebern werfen. Während in den USA und Frankreich institutionelle Investoren wie Pensionskassen längst große Beträge in Wagniskapital investieren, gibt es in Deutschland noch deutlichen Nachholbedarf.

Die WIN-Initiative hat immerhin das Ziel, mehr dieser institutionellen Investoren für Start-ups zu gewinnen, doch die Skepsis bleibt groß. Besonders junge Gründer, die innovative Technologien entwickeln, stehen oft vor der Herausforderung, Investoren von langfristigen, risikoreichen Projekten zu überzeugen.

Und das hängt mit der in Deutschland weit verbreiteten Ansicht zusammen, dass erst alle Risiken abgedeckt sein müssen, bevor investiert wird. Das Abdecken aller Risiken ist aber schwierig, wenn es um Start-ups geht. Der Umgang mit Risiko ist also eine Frage des Mindsets, der Einstellung. Diese kann aber nicht einfach mit einer neuen Initiative angegangen werden.

Lichtblicke und Chancen

Trotz der Kritik bringt die WIN-Initiative auch viele Chancen mit sich. Die Bundesregierung hat nicht nur Ankündigungen gemacht, sondern bereits erste Maßnahmen umgesetzt, wie das „Zweite Zukunftsfinanzierungsgesetz“, das die steuerlichen Rahmenbedingungen für VC-Investitionen verbessert und so den Einstieg für Investoren erleichtert.

Auch die geplanten Förderungen von Exits und Börsengängen könnten dazu beitragen, dass Start-ups schneller an frisches Kapital kommen und langfristig erfolgreicher sind.

Zusätzlich könnten die geplanten Kooperationen zwischen Hochschulen und Unternehmen Innovationsprozesse beschleunigen und Gründer näher an Forschung und Entwicklung heranführen – ein essenzieller Aspekt für zukunftsorientierte Branchen wie die Robotik oder das Quantencomputing.

Blickt man auf die Gesamtheit der Maßnahmen, zusammen mit der immerhin Milliardensumme, die im Raum steht, dann wird zumindest eine gewisse Ernsthaftigkeit erkennbar. Wenn dies nun in eine nachhaltige Unterstützung von Start-ups in Deutschland mündet, flankiert von weiteren zukünftigen Maßnahmen, dann ist es durchaus möglich, die Einstellung gegenüber Gründer:innen und Start-ups positiv zu beeinflussen und so einen Mindset-Wechsel vorzunehmen, den es meiner Ansicht nach braucht.

WIN-Initiative: Revolution oder Kompromiss?

Die WIN-Initiative zeigt, dass die Bundesregierung den Ernst der Lage erkannt hat und gewillt ist, zu handeln. Doch wie bei so vielen Projekten im deutschen Start-up-Sektor bleibt die Frage offen: reichen die Maßnahmen der Initiative und die Finanzmittel aus?

Die zwölf Milliarden Euro sind ein wichtiger Anfang, aber um Deutschland wirklich als führenden Innovationsstandort zu etablieren, wird mehr benötigt – mehr Kapital, mehr Risikobereitschaft, mehr institutionelle Investoren, die den Mut haben, in die Zukunft zu investieren, und eine veränderte Einstellung gegenüber Unternehmer:innen und deren eingegangenen Risiken.

Für junge Gründer ist die WIN-Initiative aber meiner Ansicht nach zumindest ein solides positives Signal, dass Deutschland die Start-up-Szene ernst nimmt. Und das ist doch ein guter Anfang!

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Über den Autor

Carsten Lexa

Rechtsanwalt Carsten Lexa berät seit 20 Jahren Unternehmen im Wirtschafts-, Gesellschafts- und Vertragsrecht. Er ist Lehrbeauftragter für Wirtschaftsrecht, BWL und Digitale Transformation sowie Buchautor. Lexa ist Gründer von vier Unternehmen, war Mitinitiator der Würzburger Start-up-Initiative „Gründen@Würzburg”, Mitglied der B20 Taskforces Digitalisierung/ SMEs und engagiert sich als Botschafter des „Großer Preis des Mittelstands” sowie als Mitglied im Expertengremium des Internationalen Wirtschaftsrats. Er leitete als Weltpräsident die G20 Young Entrepreneurs´Alliance (G20 YEA). Bei BASIC thinking schreibt Lexa über Themen an der Schnittstelle von Recht, Wirtschaft und Digitalisierung.

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