Um die Lücke im Bundeshaushalt zu schließen, hatte die Bundesregierung eigentlich eine Kerosinsteuer in Deutschland beschlossen. Nur wenige Tage später war sie vom Tisch. Stattdessen wird die Ticketsteuer erhöht. Die Politik ignoriert die Wünsche der Bevölkerung und hofiert die Wirtschaft. Ein Kommentar.
Deutsche wünschen sich Kerosinsteuer
Zu den wichtigsten Eigenschaften der Demokratie gehört es, dass die gewählte Regierung die Meinungen und Wünsche der Bürgerinnen und Bürger erhört und in Form von Gesetzen umsetzt – soweit sie mit den geltenden Gesetzen vereinbar sind.
Zu den größten Wünschen mit Blick auf Nachhaltigkeit, Verkehr und Mobilität gehört, dass in Deutschland eine Kerosinsteuer eingeführt wird. Die Mehrheit der Deutschen wünscht sich diesen Schritt, um einen nachhaltigen Verkehr hierzulande gestalten.
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Leibniz-Institut analysiert verkehrspolitische Maßnahmen
Das ist das Ergebnis des aktuellsten Klima-Mobilitäts-Panels des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) aus dem Jahr 2024. Bereits seit 2018 befragt das RWI in einer repräsentativen Online-Umfrage bundesweit 6.107 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu den wichtigsten verkehrspolitischen Themen in der Bundesrepublik.
Allgemein finden so genannte Push-Maßnahmen bei den Bürgerinnen und Bürgern hohe Zustimmungswerte. Push-Maßnahmen betreffen alle Verkehrsmittel mit Ausnahme des Autos. Dazu gehört eben auch die Einführung einer Kerosinsteuer in Deutschland.
Umweltökonom Mark A. Andor erläutert dazu:
Die Bevölkerung wünscht sich Maßnahmen zur Förderung von nachhaltiger Mobilität. Maßnahmen, die das Autofahren einschränken oder verteuern, lehnen die Befragten bis auf wenige Ausnahmen eher ab.
Interessanterweise ist die einzige Push-Maßnahme, die Autos betrifft und die auf hohe Zustimmung trifft, die Einführung eines Tempolimits auf deutschen Autobahnen. Doch das soll jetzt kein Thema sein.
Bundesregierung beschließt Kerosinsteuer Ende 2023
Eigentlich hatte sich die amtierende Ampel-Koalition um Bundeskanzler Olaf Scholz sogar bereits zu einer Kerosinsteuer durchgerungen. Noch am 18. Dezember 2023 hatte beispielsweise der Bayerische Rundfunk berichtet, dass für innerdeutsche Flüge eine entsprechende Steuer eingeführt werden soll.
Bislang war und ist Kerosin – anders als Benzin – von der geltenden Energiesteuer befreit. Ein Liter Kerosin kostet demnach rund 50 Cent pro Liter. Mit der Einführung einer Steuer hätte sich dieser Betrag um mehr als 65 Cent auf 1,15 Euro mehr als verdoppelt.
Kerosinsteuer gestrichen: Jetzt zahlen die Passagiere!
Nur einen Tag später ist die Bundesregierung schon eingeknickt. So schreiben ab dem 19. Dezember 2023 alle Medien wie beispielsweise der MDR, dass die geplante Kerosinsteuer für Fluggesellschaften schon wieder vom Tisch ist.
Stattdessen hebt die Bundesregierung die Ticketsteuer für Passagierflüge an. Dadurch würden – so die Argumentation – inländische und ausländische Passagiere gleichermaßen besteuert. Eine Kerosinsteuer dagegen würde nur dem Flugstandort Deutschland schaden, während Nachbarländer profitieren würden.
Eigentlich wird die Ticketsteuer auch von den Airlines gezahlt. Das Problem dabei: Im Gegensatz zum Kerosin können die Fluggesellschaften die steigende Ticketsteuer eins zu eins an die Passagiere weitergeben. Sie zahlen also weiterhin keine Steuer auf Kerosin und können die Ticketsteuer weiterreichen, wodurch im Endeffekt nur die Bürgerinnen und Bürger leiden.
Verkehrspolitische Lobbyarbeit in Deutschland: Ein Traum
Ob es um die Verbrenner-Motoren von Autos und LKW geht oder um die Treibstoffpreise im Flugverkehr: Sobald die deutsche Verkehrs- und Frachtindustrie vermeintlich in Gefahr ist und die großen Lobbyisten mit melancholischen Worten um Aufmerksamkeit heucheln, wird die deutsche Politik schwach.
Es gibt also fast keinen schöneren Job als verkehrspolitischer Lobbyist in Deutschland zu sein. Bei all dieser Ironie muss jedoch genau dieses absurde Verhalten in Deutschland endlich ein Ende finden.
Es kann nicht sein, dass die Regierung seit Jahren den Wählerwillen so konsequent ignoriert und zudem die Augen davor verschließt, dass die Bürger von der Wirtschaft noch stärker belastet werden. Wir brauchen eine Kerosinsteuer – und zwar jetzt. Eine Vorreiterrolle in puncto Nachhaltigkeit in Europa wäre neben glücklichen Wählerinnen und Wähler ein weiterer positiver Nebeneffekt.
Hinweis: Bei diesem Artikel handelt es sich um einen Kommentar. Das ist eine journalistische Darstellungsform, die explizit die Meinung des Autors und nicht des gesamten Magazins widerspiegelt. Der Kommentar erhebt keinen Anspruch auf Sachlichkeit, sondern soll die Meinungsbildung anregen und ist als Meinungsbeitrag durch Artikel 5 des Grundgesetzes geschützt.
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