Wirtschaft

Buy the dip? Ich mach dann lieber Panik!

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Unsplash.com / Jamie Street
geschrieben von Christian Erxleben

Wer Anfang August die Schlagzeilen von Wirtschaftsmedien und Nachrichtenportalen gelesen hat, muss für die Börse das Schlimmste erwarten. Dabei haben wir weder einen „Crash“ noch das „große Beben“. Vielmehr haben wir das Problem, dass seriöse Medien mit ihrer Berichterstattung unter Anlegern unnötige Ängste schüren. Statt „Buy the dip“ gibt es nur Panik. Ein Kommentar.

Nikkei fällt historisch, der Rest nicht

Die japanische Zentralbank hatte entschieden, dass die Leitzinsen in Japan auf 0,25 Prozent angehoben werden. Zudem machte Notenbankchef Kazuo Ueda in seinem Statement deutlich, dass weitere Anhebungen durchaus denkbar sind.

In der Konsequenz verlor der japanische Leitindex Nikkei am Montag, den 5. August 2024, rund 12,4 Prozent. Einen stärkeren Tagesverlust gab es nur am Schwarzen Montag 1987. In Japan von einem Börsencrash zu sprechen, ist also noch halbwegs nachvollziehbar.


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Pullback in Deutschland und den USA

Auf einen derartigen Absturz reagieren selbstverständlich auch die internationalen Anleger mit Panik. Die Reaktion fällt dabei noch stärker aus, wenn der Markt ohnehin eine hohe Volatilität aufweist und aufgrund dessen selbst bei Quartalszahlen schon Schwankungen von zehn Prozent auftreten.

Es war also erwartbar, dass der DAX (minus zwei Prozent), der S&P 500 (minus 4,1 Prozent) und der Dow Jones (minus 2,6 Prozent) ebenfalls mit Abverkäufen auf die Nachrichten aus Japan reagieren. Wichtig ist dabei allerdings: Es war lediglich ein Pullback – also ein kurzfristiger Trendbruch, der schnell wieder in die andere Richtung umschlägt.

Und genau das hatte sich auch in den kommenden Tagen an den Börsen rund um den Globus gezeigt. Anstelle weiterer Verluste erholten sich die Indizes und Kurse in Europa, Asien und den USA wieder schnell. Anleger hätten also die Strategie „Buy the dip“ verfolgen können, wenn es interessante Einstiegskurse für qualitativ hochwertige Aktien gegeben hat.

„Globaler Börsencrash“ und das „große Beben“: Wie Medien Panik verbreiten

Anstelle die durchaus kniffelige Situation einzuordnen – das ist gerade für unerfahrene Anlegerinnen und Anleger in der ersten kleinen Krise entscheidend – sind durch die sprichwörtliche Bank (fast) alle wichtigen Wirtschaftsmagazine und Nachrichtenportale auf den Hype-Train aufgesprungen.

Oder anders ausgedrückt: Statt fundierten Analysen waren die Schlagzeilen voll von Crash-Wortspielen und Untergangsfantasien. Die Medien haben also genau das geschafft, was nicht passiert ist: Sie haben für Panik an der Börse gesorgt, obwohl diese überhaupt nicht in dieser Form notwendig gewesen wäre.

Politische Meinungsmache als Beigeschmack

Doch damit nicht genug. Einzelne Medien wie beispielsweise NTV haben den Rücksetzer am Montag gleich dafür genutzt, um noch politisch Stimmung zu machen. Dann wurde US-Notenbank-Chef Jerome Powell kurzerhand dafür verantwortlich gemacht, dass die Chancen von Donald Trump auf seine zweite Präsidentschaft steigen.

Dass es viele negative Konsequenzen haben kann, wenn Donald Trump noch einmal vier Jahre lang US-Präsident ist, ist unbestritten. Aus einem normalen Rücksetzer an der Börse jedoch gleich noch politische Schritte zu schlussfolgern, ist unangebracht und dient alleine der Stimmungsmache.

„Buy the dip“ und „Zoom out“

Was können wir daraus lernen? Für Investoren an der Börse sind Rücksetzer um zwei, drei oder vier Prozent eine Chance, um Qualitätsaktien günstiger zu kaufen. „Buy the dip“ ist dann das Motto. Wer aufgrund von panischen Medienberichten in Angst verfällt, sollte sich einen Moment nehmen und rauszoomen.

Ja, der Dow Jones hat in den letzten fünf Tagen rund 3,69 Prozent verloren. Im letzten Monat lag der Gewinn bei 0,16 Prozent, im letzten Jahr bei 4,49 Prozent und in den vergangenen fünf Jahren trotz Corona-Crash sogar bei fast 50 Prozent Steigerung. Um die aktuelle Situation fundiert einzuschätzen, hilft es immer, sich mittel- und langfristige Trends anzuschauen.

Das gilt insbesondere auch für Wirtschaftsjournalisten und Börsen-Influencer. Anstatt mit markanten Wörtern möglichst viel Aufmerksamkeit und Reichweite zu generieren, sollten die Meinungsmacher dazu übergehen, Ruhe und Besonnenheit zu vermitteln. Sonst nimmt den Crash, wenn es wirklich einen gibt, niemand mehr ernst.

Hinweis: Bei diesem Artikel handelt es sich um einen Kommentar. Das ist eine journalistische Darstellungsform, die explizit die Meinung des Autors und nicht des gesamten Magazins widerspiegelt. Der Kommentar erhebt keinen Anspruch auf Sachlichkeit, sondern soll die Meinungsbildung anregen und ist als Meinungsbeitrag durch Artikel 5 des Grundgesetzes geschützt.

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Über den Autor

Christian Erxleben

Christian Erxleben arbeitet als freier Redakteur für BASIC thinking. Von Ende 2017 bis Ende 2021 war er Chefredakteur von BASIC thinking. Zuvor war er als Ressortleiter Social Media und Head of Social Media bei BASIC thinking tätig.

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