Mit einer Demonstration soll auf Missstände oder Ungerechtigkeiten hingewiesen werden. Es soll etwas zum Positiven verändert werden. Wer sich jedoch in den Kopf setzt, eine Autodemo sei der richtige Weg, um Menschen zu überzeugen, der täuscht sich. Denn das ist eine der schlimmsten Ideen überhaupt. Ein Kommentar.
Vor nicht allzu langer Zeit stand ich im Stau. Endlich in der Heimatstadt angekommen – nach drei Stunden Autofahrt aus dem Urlaub zurück. Die kleine Tochter mit nicht einmal einem Jahr wird langsam unruhig und auch meine Frau ist angespannt. Eigentlich sind es nur noch ein paar Minuten.
Wir biegen ab und landen in einer lärmenden Traube, die von Polizeibussen begleitet wird: eine Autodemo. Für die folgenden drei Kilometer haben wir auf einer wichtigen Verbindungsstraße in der Stadt anstelle von wenigen Minuten fast eine halbe Stunde gebraucht. In diesem Moment ist mir bewusst geworden, wie sehr diese Form der Demonstration abstößt.
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Ablehnung statt Zuspruch: Was Autodemos auslösen
Fangen wir mit dem Offensichtlichen an. Eine Autodemo ist eine Lärmbelästigung der höchsten Stufe. Trotz knapp 30 Grad Außentemperatur konnte man das Fenster nicht öffnen. Doch nicht nur das: Selbst bei geschlossenen Fenstern war das ständige Hupen in allen Tonlagen und Takten so laut, dass selbst wir Erwachsenen uns teilweise die Ohren zugehalten haben.
Was jedoch noch viel schlimmer war: Wir und somit auch unser Kind hatten für den längsten Weg keine Chance, der Autodemo zu entkommen. Das bedeutet auch: Empfindliche Kinderohren waren fortwährend Lärm ausgesetzt. Am liebsten hätte ich die Protestierenden vor Wut angehupt. Das wäre jedoch nur als Unterstützung ausgelegt worden.
Verkehrsbehinderung mit Ansage
Wir alle kennen das: Manchmal verfliegt die Zeit und zwei Stunden vergehen wie im sprichwörtlichen Flug. In anderen Momenten – zum Beispiel, wenn wir nicht einschlafen können – sind schon fünf Minuten eine gefühlte Ewigkeit. Letzterer Fall trifft auch auf eine Autodemonstration zu.
Natürlich bewegt sich die lärmende Kolonne langsam voran. Und natürlich blockieren die erzürnten Autofahrer nur eine von beiden Spuren – unter strenger Aufsicht von Polizisten, die ebenfalls noch die Straßen verstopfen. Nichtsdestotrotz ist eine Autodemo eine massive Verkehrsbeeinträchtigung.
Gerade in Großstädten genügt es schon, wenn eine wichtige Straße teilweise blockiert ist, um kilometerlange Staus und Verzögerungen hervorzurufen. Die fahrenden Demonstranten halten also durch ihre Aktion unzählige Unbeteiligte auf, die unfreiwillig ein Teil der Autodemos geworden sind.
Autodemo, oder: sinnloser CO2-Ausstoß
Zuletzt sollten die Veranstalter von Autodemos ab und an mal einen Blick auf ihre Klimabilanz werfen. Laut dem Statista Mobility Market Outlook verbraucht ein Kleinwagen bei einer jährlichen Fahrleistung von 15.000 Kilometern 1.350 Kilogramm CO2 im Jahr. Ein SUV kommt sogar auf 1.995 Kilogramm CO2 im Jahr.
Wenn wir diesen Wert mitteln (1.672,5 Kilogramm CO2 im Jahr) kommen wir auf einen Kilometerausstoß von 0,11 Kilogramm CO2. Wenn wir weiter davon ausgehen, dass ein durchschnittlicher Teilnehmer einer Autodemo neben der eigentlichen Demonstrationsfahrt für Hin- und Rückweg 30 Kilometer fährt, sind wir schon bei 3,3 Kilogramm CO2. Bei 100 Teilnehmern wären das dann schon 33 Kilogramm CO2 an Ausstoß.
Da CO2 als Gas schwer greifbar ist, hilft eine Umrechnung. So hat ein Kilogramm CO2 ein Volumen von 509 Litern. Das sind also 509 Milch- oder Apfelsaftpackungen. Das ausgestoßene CO2 bei einer Autodemonstration mit den oben genannten Angaben würde also 16.797 Flaschen Milch, Wasser oder Saft füllen. Wahnsinn, oder?
Demonstrieren: Ja, bitte! Nur nicht mit dem Auto
Wer also am Ende noch immer behauptet, dass eine Autodemo ein sinnvolles Stilmittel wäre, um neue Sympathisanten für ein Thema zu finden, ist offensichtlich komplett beratungsresistent. (In diesem Fall war es übrigens eine Pro-Palästina-Demo.)
Mit Autodemonstrationen gelingt es den Protestierenden nur, alle anderen Verkehrsteilnehmer gegen sich aufzubringen. Es ist ein essenzieller Bestandteil unserer Gesellschaft, dass wir Missstände als Bevölkerung nicht einfach hinnehmen, sondern im Zweifelsfall dafür auch unsere Stimme erheben und demonstrieren.
Das ist gut und sehr wichtig. Wer jedoch wirklich neue Unterstützer sucht, sollte im Idealfall einfach eine klassische Demonstration zu fuß abhalten. Davon profitieren alle Beteiligten.
Hinweis: Bei diesem Artikel handelt es sich um einen Kommentar. Das ist eine journalistische Darstellungsform, die explizit die Meinung des Autors und nicht des gesamten Magazins widerspiegelt. Der Kommentar erhebt keinen Anspruch auf Sachlichkeit, sondern soll die Meinungsbildung anregen und ist als Meinungsbeitrag durch Artikel 5 des Grundgesetzes geschützt.
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