Forscher haben ein neues Baumaterial mit besonderen Eigenschaften entwickelt: Es lässt Sonnenlicht durch, reguliert das Klima im Raum und kann sich selbst reinigen. Die Hintergründe
Lichtdurchflutete Räume und Gebäuden können Energiekosten reduzieren. Bisher versuchten Architekt:innen dieses Kriterien durch Glasdächer und -wände zu erzielen. Der Nachteil: Blendung, mangelnde Privatsphäre und Überhitzung.
Forschende des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) haben dafür nun offenbar eine Lösung gefunden. Ein neuartiges polymerbasiertes Baumaterial vereint verschiedene Eigenschaften und könnte Glaskomponenten im Baubereich künftig ersetzen.
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Nachhaltiges Baumaterial kühlt, lässt Licht durch und blendet nicht
Das sogenannte Polymer-based Micro-Photonic Multi-Functional Metamaterial (PMMM) besteht aus mikroskopisch kleinen Silikon-Pyramiden. Sie messen rund zehn Mikrometer, was etwa einem Zehntel des Durchmessers eines Haars entspricht.
Das verleiht dem Material mehrere Funktionen: Lichtstreuung, Selbstreinigung und Strahlungskühlung. Gleichzeitig ist es sehr transparent. „Ein wesentliches Merkmal ist die Fähigkeit, effizient Wärme durch das langwellige Infrarot-Übertragungsfenster der Erdatmosphäre abzustrahlen und so Wärme in die kalte Weite des Universums abzugeben“, erklärt Bryce S. Richards, Professor vom KIT. „Das ermöglicht eine passive Strahlungskühlung ohne Stromverbrauch.“
Das Forschungsteam testete das neue Baumaterial bereits im Labor und unter freiem Himmel. Mit Spektrophotometrie maßen die Wissenschaftler:innen die Lichtdurchlässigkeit, Lichtstreuung, Reflexionseigenschaften, Selbstreinigungsfähigkeit und Kühlleistung.
Das Ergebnis: eine Kühlung um sechs Grad Celsius gegenüber der Umgebungstemperatur und 95 Prozent Transparenz. Glas hat im Vergleich üblicherweise eine Transparenz von 91 Prozent. Die Mikropyramidenstruktur erzeugte zudem eine Streuung des Sonnenlichts um 73 Prozent.
Metamaterial kann ich sich selbst reinigen
Das sorgt für eine verschwommene Optik. Innenräume könnten so in Zukunft gleichzeitig hell, blendfrei und sichtgeschützt sein. Auch für Gewächshäuser eignet sich das Material. Die hohe Lichtdurchlässigkeit erhöht die Effizienz um etwa neun Prozent und könnte Erträge so steigern.
Eine weitere Eigenschaft: Das neue Baumaterial reinigt sich im Gegensatz zu Glas selbst. Die Mikropyramiden verleihen dem PMMM-Film superhydrophobe Eigenschaften, ähnlich wie bei einem Lotusblatt. So perlt Wasser in Form von Tropfen ab und entfernt dabei Schmutz und Staub von der Oberfläche. Diese Selbstreinigungsfunktion soll das Material pflegeleicht und langlebig machen.
Das Forschungsteam will mit dem neuen Baumaterial einen Beitrag zu einer nachhaltigeren und energieeffizientere Architektur leisten. „Das Material kann gleichzeitig für optimale Nutzung von Sonnenlicht in Innenräumen sorgen, passiv kühlen und die Abhängigkeit von Klimaanlagen reduzieren“, erklärt Dr. Gan Huang, Gruppenleiter des Instituts für Mikrostrukturtechnik (IMT). „Die Lösung lässt sich skalieren und nahtlos in Planungen für umweltfreundlichen Hausbau und Stadtentwicklung integrieren.“
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