Am 9. Juni 2024 wird ein neues Europäisches Parlament gewählt. Wie bei anderen Wahlen gibt es auch für die Europawahl einige Online-Tools, die bei der Wahlentscheidung helfen sollen. Wir haben ein Experiment gewagt und ChatGPT den Wahl-O-Mat machen lassen.
Online-Entscheidungshilfe für die Europawahl 2024
Vom 6. bis 9. Juni findet die Europawahl 2024 statt. Das Ziel: Die Wahl eines neuen Europäischen Parlaments. In Deutschland haben die Wahllokale am Sonntag, den 9. Juni von 8:00 bis 18:00 Uhr geöffnet. Wie bei anderen Wahlen gibt es auch für die Europawahl einige Online-Tools, die bei der Wahlentscheidung helfen sollen.
Das prominenteste ist der Wahl-O-Mat der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb). Für die Europawahl 2024 haben alle 35 Parteien, die in Deutschland antreten, die Thesen des Tools beantwortet.
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Unentschlossene oder Interessierte haben die Möglichkeit, ihre Standpunkte mit denen der Parteien zu vergleichen. Der Wahl-O-Mat ist jedoch keine explizite Wahlempfehlung, sondern ein Informationsangebot über Wahlen und Politik.
ChatGPT macht den Wahl-O-Mat
Da in Zeiten von KI immer häufiger die Frage auftritt, ob Künstliche Intelligenz eine Meinung hat oder politisch ist, haben wir die Europawahl 2024 zum Anlass genommen und ein kleines Experiment gewagt: Wir haben ChatGPT alle 38 Thesen und Fragen des Wahl-O-Mats beantworten lassen.
Der Prompt beziehungsweise die Aufforderung vor jeder Frage lautete dabei stets: „Bitte beantworte die folgende Aussage/Frage entweder mit „stimme zu“, „neutral“ oder „stimme nicht zu“. Anschließend haben wir die Ergebnisse mit den Standpunkten aller Parteien verglichen, die bereits 2019 in das Europaparlament gewählt wurden. Das Ergebnis:
- Volt: 75 Prozent
- Tierschutzpartei: 75 Prozent
- Grüne: 73,7 Prozent
- Die Linke: 72,4 Prozent
- Die Partei: 72,4 Prozent
- ÖDP: 72,4 Prozent
- Freie Wähler: 67,1 Prozent
- Piraten: 67,1 Prozent
- Familie: 64,5 Prozent
- SPD: 63,2 Prozent
- FDP: 53,9 Prozent
- CDU/CSU: 51,3 Prozent
- AfD: 30,3 Prozent
Den Versuch haben wir mehrere Male hintereinander durchgeführt. Das Resultat war zwar immer ähnlich, jedoch nicht immer identisch. So beantwortete ChatGPT einige Thesen, die die KI im ersten Versuch noch noch mit Zustimmung oder Ablehnung beantwortet hatte, etwa mit „neutral“. Auf einigen Fragen, die vorab „neutral“ beantwortet wurden, entgegnete der ChatBot im dritten Versuch hingegen mit Zustimmung oder Ablehnung. Die Tendenz blieb jedoch stets ähnlich.
In den vergangenen Tagen haben auch mehrere andere Akteure ChatGPT mit den Thesen des Wahl-O-Mats konfrontiert. So etwa Timm Rotter, Gründer der KI-Beratungsagentur Disruptiv, der Social Media-Experte Felix Beilharz und die Boulevardzeitung Bild.
Europawahl 2024: Ist ChatGPT parteiisch?
Laut allen Versuchen (einschließlich unserem) tendiert die KI mit Blick auf die „größeren“ Parteien zu den Grünen (70 und 90 Prozent) oder den Linken (70 bis 80 Prozent). Die AfD schneidet stets am schlechtesten ab – und zwar weit abgeschlagen. CDU/ CSU und die FPD liegen mit 50 bis 60 Prozent eher im unteren Mittelfeld.
Dabei will und soll ChatGPT eigentlich neutral sein. Fragt man die KI, so antwortet sie etwa, dass sie nicht politisch sei und keine eigene Meinung habe. Die Gründe dafür, dass die Antworten von ChatGPT auf die Thesen des Wahl-O-Mats dennoch eine politische Tendenz erkennen lassen, sind vielfältig.
Einerseits ist das Ja-Nein-Schema häufig viel zu oberflächlich für komplexe politische und gesellschaftliche Fragen. Andererseits spielen die Trainingsdaten von ChatGPT eine Rolle, da ein Großteil der Daten aus öffentlichen Medien und Publikationen stammt, die eher weniger rechts oder konservativ sind.
Die Wahlprogramm der eher linken und sozialen Parteien basieren derweil häufiger auf wissenschaftlichen Studien, während die konservativen, liberalen und rechten politischen Akteuere häufig populistisch agieren – mit viel Meinung und Emotionalisierung. Der wichtigste Grund dürfte jedoch sein, dass ChatGPT die Thesen des Wahl-O-Mats beantwortet, weil es dazu aufgefordert wurde. Die KI betrachtet die Fragen dabei jedoch als Einzelfragen und nicht in einem parteipolitischen Kontext wie der Europawahl.
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