Wirtschaft

In Start-ups investieren: Was bringt das eigentlich – und was nicht?

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Adobe Stock/ metamorworks
geschrieben von Carsten Lexa

Wenn von Start-ups geht, heißt es oft, dass nur ausreichende Investitionen den entscheidenden Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg ausmachen. Doch inwieweit trifft das zu? Eher müsste man sagen: „Das Geld eines Investors ist eher ein Beschleuniger als ein Ermöglicher des Unternehmenserfolgs“. 

Die Vorstellung, dass Investitionen allein ein Start-up zum Erfolg führen können, ist eine vereinfachte Sichtweise – die übrigens in dieser Absolutheit wohl in den meisten Fällen so auch nicht gemeint ist.

Denn obwohl das Investieren in Start-ups zweifellos die Unternehmensentwicklung beschleunigen, indem sie den Zugang zu den erforderlichen Ressourcen, Talenten und/oder Marketing- und Vertriebsmöglichkeiten verbessern, können sie die grundlegenden Mängel des Geschäftsmodells oder der Produkte oder Dienstleistungen nicht beheben.

Im Gegenteil, es gibt zahlreiche Beispiele von gut finanzierten Start-ups, die gescheitert sind, weil sie die Marktbedürfnisse nicht erfüllt haben oder nicht wettbewerbsfähig waren, wie Quibi, Theranos, Webvan oder Beepi.

In Start-ups investieren: Innovation und Anpassungsfähigkeit

Denn das, worauf es bei einem Start-up wirklich ankommt, zum Beispiel Innovationskraft und Anpassungsfähigkeit, kann nicht durch Kapital generiert werden. Innovationskraft und Anpassungsfähigkeit resultieren vielmehr aus kreativen Denkprozessen und der Bereitschaft, auf Marktveränderungen und Kundenfeedback zu reagieren.

Ein Start-up, das flexibel und innovativ ist, kann auch mit begrenzten Ressourcen erfolgreich sein. Investitionskapital ohne Innovation, ein passendes Geschäftsmodell oder einen passenden Markt kann zwar Unternehmensexperimente und Iterationen der Produktentwicklung unterstützen, ist aber nicht die Quelle der Innovationsfähigkeit eines Unternehmens.

Der psychologische Effekt von Investorenkapital

Hinzu kommt der oft übersehene psychologische Effekt, den der Zugang zu Investorenkapital auf die Gründer haben kann. Ein Übermaß an finanziellen Mitteln kann zu Übermut und verschwenderischen Ausgaben führen, was die langfristigen Aussichten des Start-ups untergraben kann. Ein disziplinierter Umgang mit Ressourcen ist jedoch entscheidend für die langfristige Überlebensfähigkeit eines Unternehmens.

Eine differenziertere Betrachtung zeigt daher, dass Kapital dann am effektivsten ist, wenn es bereits vorhandene positive Dynamiken innerhalb eines Start-ups verstärkt. Ein Unternehmen mit einem starken Team, einem überzeugenden Produkt und einem klar definierten Markt kann durch Investorenkapital in seinem Wachstum beschleunigt werden. Wenn diese Grundlagen jedoch fehlen, wird kein Kapital den Misserfolg verhindern.

In Start-ups investieren: Lehrreiche Beispiele

Um besser zu verstehen, dass es nicht nur auf die finanziellen Mittel ankommt, um als Start-up erfolgreich zu sein, sollen noch einige praktische Beispiele angeführt werden, die die Komplexität des Start-up-Erfolgs zeigen. Diese Beispiele unterstreichen, dass Erfolg oft das Ergebnis einer Kombination verschiedener Faktoren ist, wobei Kapital zwar eine unterstützende Rolle spielt, aber nicht die einzige treibende Kraft ist.

Zuerst wäre WhatsApp zu nennen, ein Unternehmen, das mit begrenzten Mitteln startete und sich auf die Stärken seiner Gründer und die effektive Nutzung von Kundenfeedback stützte. Der anfängliche Erfolg von WhatsApp beruhte nicht auf massiven Investitionen, sondern auf der Fähigkeit des Teams, mit Einschränkungen umzugehen und eine einfache, aber überzeugende Lösung für die Echtzeitkommunikation zu entwickeln.

Das Beispiel zeigt auch, wie wertvoll direktes Kundenfeedback in den frühen Phasen der Produktentwicklung sein kann, um ein Angebot zu schaffen, das genau auf die Bedürfnisse der Zielgruppe zugeschnitten ist.

Ein weiteres anschauliches Beispiel ist Tesla. Elon Musks Engagement bei Tesla ging weit über die Bereitstellung von Kapital hinaus, sondern umfasste Visionen, technisches Verständnis und ein weitreichendes Netzwerk. Dies unterstreicht, dass Investorenkapital am wirksamsten ist, wenn es mit strategischer Unterstützung, Beratung und Branchenkenntnis kombiniert wird.

Weitere Aspekte für den Erfolg von Start-ups

Finanzielle Mittel sind also zweifellos wichtig. Aber Kapital allein reicht nicht aus, um ein Start-up erfolgreich zu machen. Es gibt viele andere Aspekte, die mindestens genauso wichtig sind und berücksichtigt werden sollten, wie zum Beispiel:

  • Das Prinzip „Skin in the Game“: Persönliches (finanzielles) Engagement der Gründer:innen kann zu verantwortungsvolleren Entscheidungen führen.
  • Kreativität unter Restriktionen: Ressourcenknappheit kann Kreativität und die Suche nach innovativen Lösungen fördern. Zu viel Kapital kann hingegen dazu führen, dass diese Suche vernachlässigt wird.
  • Die Bedeutung von Kundenfeedback: Ein früher Markteintritt mit minimalem Kapitaleinsatz ermöglicht es, Produkte oder Dienstleistungen am realen Markt zu testen und wichtiges Feedback für iterative Verbesserungen zu erhalten.
  • Die Illusion der Sicherheit durch Kapital: Eine zu frühe oder zu hohe Investition kann zu einer falschen Sicherheit führen und die Suche nach einem tragfähigen Geschäftsmodell verzögern.
  • Die strategische Dimension von Investorenkapital: Neben finanziellen Ressourcen bringen Investoren oft auch wertvolle Netzwerke, Erfahrung und Beratung mit, die für das Wachstum des Start-ups entscheidend sein können.

Fazit: In Start-ups investieren

Investitionen spielen eine unbestreitbar wichtige Rolle für Start-ups, aber sie fungieren in erster Linie als Beschleuniger und nicht als Ermöglicher oder als Grundlage des Erfolgs. Der eigentliche Motor für nachhaltig erfolgreiche Start-ups ist vielmehr eine Mischung aus Aspekten wie Innovationskraft, Anpassungsfähigkeit und Nutzung von Kundenfeedback, ergänzt beispielsweise durch das strategische Know-how und das Netzwerk von Investoren.

In diesem Beitrag war es mir wichtig zu zeigen, dass auch umfangreiche finanzielle Mittel das Scheitern eines Unternehmens nicht verhindern können, wenn wesentliche Elemente wie ein tragfähiges Geschäftsmodell oder die Marktfähigkeit fehlen.
Für angehende Gründer:innen und Investoren liegt der Schlüssel zum Erfolg daher nicht allein im Kapital, sondern in der intelligenten Kombination von Eigeninitiative, kreativen Problemlösungen und strategischen Partnerschaften.

Vielmehr gilt es, eine Kultur der Verantwortung und Innovationsfreude zu fördern. Letztlich sollten sich alle Beteiligten fragen, wie sie nicht nur Kapital, sondern echten Wert in ihr Unternehmen einbringen (oder entwickeln) können, um es nicht nur zu gründen, sondern auch zu erhalten und weiterzuentwickeln.

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Über den Autor

Carsten Lexa

Rechtsanwalt Carsten Lexa berät seit 20 Jahren Unternehmen im Wirtschafts-, Gesellschafts- und Vertragsrecht. Er ist Lehrbeauftragter für Wirtschaftsrecht, BWL und Digitale Transformation sowie Buchautor. Lexa ist Gründer von vier Unternehmen, war Mitinitiator der Würzburger Start-up-Initiative „Gründen@Würzburg”, Mitglied der B20 Taskforces Digitalisierung/ SMEs und engagiert sich als Botschafter des „Großer Preis des Mittelstands” sowie als Mitglied im Expertengremium des Internationalen Wirtschaftsrats. Er leitete als Weltpräsident die G20 Young Entrepreneurs´Alliance (G20 YEA). Bei BASIC thinking schreibt Lexa über Themen an der Schnittstelle von Recht, Wirtschaft und Digitalisierung.