Berichtet der Öffentlich Rechtliche Rundfunk wirklich objektiv und unparteilich? Genau damit haben sich Journalismus-Forscher jüngst beschäftigt. Das Ergebnis fällt für Kritiker erstaunlich unspektakulär aus. Doch fernab davon stellt sich die Frage: Ist es nicht logisch, dass Journalisten eher politisch links sind? Ein Kommentar.
Öffentlich Rechtlicher Rundfunk links? BILD jubelt!
„Studie belegt: Links-Drall bei ARD und ZDF“, mit dieser knackigen Headline hat die BILD-Zeitung erst kürzlich einen Artikel überschrieben. Sowohl das Wording als auch die Wortwahl passen natürlich hervorragend zur großen Boulevard-Zeitung.
Und dass es dann noch der Öffentlich Rechtliche Rundfunk (ÖRR) ist, der laut BILD eher links-politisch orientiert ist, rundet die Steilvorlage dann natürlich ab. Schließlich wird ARD, ZDF und Co. insbesondere von tendenziell konservativen Privatmedien gerne einmal vorgeworfen, sich eher links der Mitte als neutral zu verhalten.
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Öffentlich Rechtlicher Rundfunk zu ausgewogener Berichterstattung verpflichtet
Grundsätzlich ist es so, dass die Öffentlich-Rechtlichen schon per Gesetz dazu verpflichtet sind, objektiv, überparteilich und vor allem ausgewogen zu berichten. Das ist offiziell im Medienstaatsvertrag geregelt.
Das heißt vor allem auch: Sprecher aller (demokratischen) Parteien sollen gleichermaßen zu Wort kommen. Ebenso sollen weder ausschließlich konservative noch überwiegend sozialistische Parteien oder Politiker kritisiert oder hervorgehoben werden. Kurz gesagt: Der ÖRR ist dazu da, um den Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland ein diversifiziertes Bild der relevanten Geschehnisse zu liefern.
Journalismus-Forscher attestieren ÖRR ausgewogene Berichterstattung
Und genau das gelingt den staatlich finanzierten Medien größtenteils auch. Zu diesem Ergebnis kommen Marcus Maurer, Simon Kruschinski und Pablo Jost. Die drei Forscher haben unter der Frage „Fehlt da was? Perspektivenvielfalt in den öffentlich-rechtlichen Nachrichtenformaten“ eine Arbeit am Institut für Publizistik an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz veröffentlicht.
Fasst man die Befunde noch einmal sehr knapp zusammen, kann man festhalten, dass sowohl die Themenvielfalt als auch die Akteursvielfalt in den neun untersuchten öffentlich-rechtlichen Formaten durchweg hoch war.
Untersucht haben die drei Forscher die Berichterstattung des ÖRR in den Monaten zwischen April und Juni 2023. Als Vergleichsgröße wurden 34 privatwirtschaftlich organisierte Leitmedien aus Fernsehen, Radio, Print und Web herangezogen.
Grundsätzlich ist dieses Ergebnis aus medienwissenschaftlicher Perspektive nicht überraschend. Schließlich arbeiten alle untersuchten Medien nach dem gleichen Prinzip.
Der Nachrichtenjournalismus ist auf tagesaktuelle Geschehnisse fokussiert. Im Kampf um Klicks und Reichweite sind die untersuchten Medien fast dazu gezwungen, über die gleichen Themen zu berichten. Wer ein Thema auslässt, verliert gegenüber der Konkurrenz.
Positionierung eher links – und zwar durch die Bank
Deutlich interessanter sind die Erkenntnisse der Mainzer Universität mit Blick auf die politische Positionierung der Medien. Diese ist tatsächlich eher linksgerichtet, denn konservativ. Aber: Öffentlich Rechtlicher Rundfunk und private Medien haben beide diese Tendenz.
Zum anderen zeigt sich in Bezug auf die Positionierung entlang grundlegender gesellschaftlicher Konfliktlinien, dass sich die neun hier untersuchten öffentlich-rechtlichen Formate ausnahmslos (Sozialstaatsorientierung) bzw. überwiegend (liberalprogressive Grundhaltung) auf der Seite der Gesellschaft positionieren, die man vereinfacht ausgedrückt als politisch links der Mitte bezeichnen kann. Sie reihten sich damit auch hier wieder weitgehend nahtlos in die 34 Vergleichsmedien ein, die mit wenigen Ausnahmen ebenfalls Sozialstaatsorientierung mit einer liberal-progressiven Grundhaltung verbanden.
Der eingangs zitierte Vorwurf der BILD-Zeitung stimmt also, gilt aber gleichermaßen für fast alle untersuchten Medien, ob sie nun öffentlich-rechtlich sind oder privatwirtschaftliche Interessen verfolgen.
Linker Journalismus? Das ist beinahe logisch!
Letztendlich ist die Studie als sprichwörtlich gefundenes Futter für regierungsfeindliche Parteien, die den Medien oftmals Hörigkeit vorwerfen. Daran lässt sich vermutlich nichts ändern. Schließlich schlachten die AfD und Konsorten derartige Berichte immer sofort für ihre eigene Linie aus.
Fernab davon ist es allerdings nur logisch, dass Journalistinnen und Journalisten eher politisch links sind. Warum das so ist? Als vierte Gewalt in unserem staatlichen System sind Medien und Berichterstatter dazu angehalten, auf Missstände aufmerksam zu machen und damit zu einer Aufklärung beizutragen.
Konservatismus vs. Sozialismus
Dieses Bestreben nach Veränderung steht jedoch diametral dem Konservatismus gegenüber, der schon dem lateinischen Wortursprung nach eher Werte bewahren und erhalten möchte. Es geht mehr darum, Traditionen zu bewahren und Kontinuität zu sichern, denn – wie es der Sozialismus fordert – für einen gesellschaftlichen Umsturz zu sorgen.
Somit ist es nur logisch, dass Medien in ihrer Berichterstattung eher links, denn rechts sind. Es widerstrebt dem Ethos des Journalisten, sich mit dem Status quo zufrieden zu geben.
Bei diesem Artikel handelt es sich um einen Kommentar. Das ist eine journalistische Darstellungsform, die explizit die Meinung des Autors und nicht des gesamten Magazins widerspiegelt. Der Kommentar erhebt keinen Anspruch auf Sachlichkeit, sondern soll die Meinungsbildung anregen und ist als Meinungsbeitrag durch Artikel 5 des Grundgesetzes geschützt.
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