Streiks für bessere Arbeitsbedingungen sind in Deutschland durch die Tarifautonomie geschützt. Das ist gut und wichtig! Der Bahnstreik 2024 – oder eher Claus Weselsky in Eigenregie – droht jedoch Streiks und Arbeitskämpfe dauerhaft zu gefährden. Das passiert, wenn ein Egoist nicht loslassen kann. Ein Kommentar.
Im Jahr 1850 haben sich im Kreis Lennep einige Textilarbeiter zusammengeschlossen, die Arbeit niedergelegt und sich für bessere Arbeitsbedingungen eingesetzt – und das obwohl damals Gewerkschaften sogar noch politisch verboten waren. Zwar hatte der Ausstand am Ende keinen Erfolg.
Erster Flächentarifvertrag in Deutschland im Jahr 1873
Trotzdem haben diese mutigen Arbeitnehmer den Grundstein für eine geregelte und faire Streikkultur in Deutschland gelegt. Knapp ein Vierteljahrhundert später gab es den ersten Flächentarifvertrag in der deutschen Geschichte.
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Über insgesamt vier Monate hatten sich die Buchdrucker dafür eingesetzt, dass sich die Arbeitsbedingungen verbessern – mit großem Erfolg für die damalige Zeit. Am Ende der Streiks standen klare Bezahlstrukturen, ein Mindestlohn, Überstundenzuschläge und sogar eine zweiwöchige Kündigungsfrist.
Tarifautonomie und Koalitionsfreiheit: Deutsche Streikkultur in der Moderne
Seit 1949 ist ein Streikrecht de facto auch im Grundgesetz verankert. Artikel 9 garantiert allen Deutschen „das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.“ Dieses Recht gilt für alle Berufsgruppen uneingeschränkt.
Diese Zusammenschlüsse aus Arbeitnehmern – also zum Beispiel Gewerkschaften – dürfen aufgrund der Tarifautonomie Verträge über Arbeitsbedingungen oder den Arbeitslohn aushandeln, ohne dass der Staat regulierend eingreifen darf.
Streiks sind nur erlaubt, wenn alle Verhandlungsmöglichkeiten erschöpft sind
Dieses Grundrecht sich zusammenzuschließen und gemeinsam für bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen, ist in meinen Augen sehr wichtig. Allerdings arbeitet Claus Weselsky in Personalunion daran, dass immer mehr Menschen der Überzeugung sind, dass die Politik regulierend eingreifen sollte.
Ein wichtiges und durchaus brisantes Detail mit Blick auf den Bahnstreik 2024 ist, dass Streiks oder andere Arbeitskampfmaßnahmen nur erlaubt sind, wenn die Gewerkschaft und der Arbeitgeber vorher alle anderen Möglichkeiten zur Lösung der Differenzen ausgeschöpft haben. Genau an dieser Stelle gibt es mittlerweile ein großes Fragezeichen.
Bahnstreik 2024: Weselsky und die GDL brechen die unausgesprochenen Streikregeln
Schließlich ist hinlänglich bekannt, dass sich die GDL (Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer) und ihr Chef-Vertreter Claus Weselsky in den Verhandlungen mit der Bahn sich nicht von ihrer ursprünglichen Forderung lösen. Sie beharren weiterhin auf eine 35-Stundenwoche. Die Deutsche Bahn dagegen zeigt Kompromissbereitschaft.
Andererseits lehnt die GDL auch weiterhin eine formale Schlichtung ab. Das heißt: Auch in den Gesprächen, die am 16. März 2024 begonnen haben, gibt es nur Vermittler und Moderatoren. Da die Gewerkschaft eine Schlichtung verweigert, macht sie sehr deutlich, dass sie eigentlich kein Interesse daran hat, eine Lösung zu finden.
Würden die GDL und die Deutsche Bahn eine Schlichtungsvereinbarung eingehen, wäre die Entscheidung der berufenen Schlichter bindend. Es wäre sozusagen ein Kompromiss – ausgehandelt von neutralen Parteien, die keine persönlichen oder wirtschaftlichen Interessen verfolgen.
Hoffentlich ist die Streikkasse bald leer!
Da es sich beim Bahnstreik mittlerweile offenbar nur noch um eine persönliche Rache-Aktion von Claus Weselsky an der Deutschen Bahn handelt, bleibt für die Streikkultur in Deutschland und das Verständnis für die Bedeutung von Arbeitsniederlegungen nur zu hoffen, dass die Streikkasse der GDL bald leer ist.
Zwar ist durchaus bekannt, dass das Streikgeld, das die Gewerkschaft den Streikenden zahlt, weit unter dem Mindestlohn liegt. Mit Blick auf eine Einigung nehmen jedoch Tausende Lokführerinnen und Lokführer die aktuellen Lohneinbußen billigend in Kauf.
Erst wenn das Geld dann ganz ausbleibt, dürfte die Unterstützung für Claus Weselsky deutlich zurückgehen. Vielleicht gelingt es dem Bundesvorsitzenden der GDL jedoch auch, aus der Trance zu erwachen und endlich zu der Erkenntnis zu kommen, dass wegen ihm Millionen Deutsche leiden. Das ist – mit Blick auf die Vergangenheit – jedoch eher unwahrscheinlich.
Hinweis: Bei diesem Artikel handelt es sich um einen Kommentar. Das ist eine journalistische Darstellungsform, die explizit die Meinung des Autors und nicht des gesamten Magazins widerspiegelt. Der Kommentar erhebt keinen Anspruch auf Sachlichkeit, sondern soll die Meinungsbildung anregen und ist als Meinungsbeitrag durch Artikel 5 des Grundgesetzes geschützt.
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