Das OLG Hamburg hat kürzlich entschieden, dass die Arbeitgeber-Vergleichsplattform Kununu unter bestimmten Umständen die Klarnamen von Bewertungsschreibern preisgeben muss. Medial wurde der Beschluss so sehr aufgebauscht, dass er größer daherkommt als er tatsächlich ist. Eine Analyse.
„Das ist das Ende von Kununu“, „Die Plattform ist damit nutzlos“ oder „Anonymität ade“: So oder so ähnlich lauten derzeit zahlreiche Kommentare im Netz zu einem Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts (OLG Hamburg).
Der Hintergrund: Das Gericht hat die Arbeitgeber-Bewertungsplattform Kununu Anfang Februar 2024 dazu verpflichtet, zwei Nutzerbewertungen zu löschen, da das Portal die Identität der Rezensenten nicht preisgeben wollte. Ein nicht genanntes Unternehmen stellte einen entsprechenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Das OLG Hamburg gab dem in zweiter Instanz Recht.
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Kununu soll Klarnamen veröffentlichen: Kein Grundsatzurteil!
Zugegeben: Der Beschluss sollte keinesfalls unbeachtet bleiben, denn dafür hat er zu viel Strahlkraft. Diese hat aber auch dazu geführt, dass der Fall medial so sehr aufgebauscht wurde, dass mitunter ein falscher Eindruck entstand. Denn: Es trifft nicht zu, dass Kununu aufgrund des Beschlusses künftig verbindlich die Klarnamen von Rezensenten veröffentlichen muss.
Die Entscheidung hebt die Anonymität von Kununu-Bewertungen nämlich nicht pauschal auf. Der Beschluss gilt zunächst nur für Fälle, in denen Unternehmen berechtigte Zweifel an Bewertungen anmelden und an die Plattform herantreten – und das auch nur in der Theorie.
Denn es handelt sich nicht um ein Urteil in letzter Instanz. Heißt konkret: Andere Gerichte oder sogar der Bundesgerichtshof (BGH) könnten diesen Fall oder ähnliche Fälle anders beurteilen. Laut § 19 Abs. 2 TTDSG sind Bewertungsplattformen sogar gesetzlich dazu verpflichtet, die Anonymität ihrer Nutzer zu wahren.
Kununu will Beschluss prüfen lassen
Kununu teilte derweil mit, „dass es sich bei der Entscheidung des OLG HH lediglich um eine Beschlussverfügung im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahren handelt.“ Das Rechtsverhältnis sei außerdem vorläufig und ohne Anhörung des Unternehmens erlassen worden. Die Plattform will die Entscheidung deshalb in einem Hauptsacheverfahren überprüfen lassen.
Ob und inwieweit der Beschluss des OLG Hamburg im Einklang mit dem TTDSG steht, dürfte dennoch Auslegungssache bleiben. Denn das Gesetz regelt zwar, dass Bewertungen anonym abgegeben werden können, schließt eine Offenlegung von Identitäten aber nicht pauschal aus.
Sollte der Beschluss „Schule machen“, dürfte nicht nur die Anzahl an Kununu-Bewertungen zurückgehen. Sie dürften auch milder ausfallen, da Rezensenten mit einer Offenlegung ihrer Identität rechnen müssten. Das Interesse von Unternehmen gegen Fake-Bewertungen vorgehen zu wollen, ist trotzdem verständlich.
Ein Mittelweg könnte sein, dass Kununu bei einem berechtigten Zweifel an Kommentaren anonymisierte Nachweise liefert, die die Echtheit von Bewertungen und Rezensenten bestätigen. Ob das ausreicht könnte künftig aber zur Einzelfallentscheidung werden. Was aber nicht vergessen werden sollte: Es wird keinen Zwang zur Offenlegung der Identität geben. Denn Nutzer haben auch die Möglichkeit eine Löschung ihrer Bewertung zu akzeptieren.
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