65 Prozent der werbetreibenden Unternehmen erwarten zukünftig eine steigende Bedeutung des Affiliate Marketings. Das ergab eine Umfrage unter 1.400 Marketeers. Doch welche Chancen, Risiken und Herausforderungen beschäftigen die Branche? Das beleuchten wir in einer dreiteiligen Serie. Teil 1 von 3: Umsatzprognosen, Werbeausgaben und Auswirkungen der Inflation.
Die Welt kam auch im vergangenen Jahr nicht zur Ruhe. Auch 2023 dominierte die Geopolitik die Schlagzeilen. In der Ukraine ging der Angriffskrieg Russlands in einen Abnutzungskrieg über und mit dem Überfall der Hamas auf Israel brach der Nahostkonflikt abrupt und mit aller Gewalt wieder aus.
Auch die wirtschaftliche Lage in Deutschland sorgt mit der Inflation nach wie vor für große Unsicherheit bei den Verbraucher:innen und Werbekund:innen. Die schwache Konsumstimmung hinterlässt dadurch auch weiterhin Spuren im deutschen Onlinehandel.
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Gegenüber dem dritten Quartal 2022 sanken laut dem bevh die Online-Umsätze mit Waren von Juli bis September 2023 branchenweit um 13,9 Prozent auf 17,05 Milliarden Euro. Damit liegen die Umsätze im dritten Quartal nominal sogar unter dem Niveau des Vergleichszeitraums im Jahr 2019.
91 Prozent der deutschen Verbraucher sind laut einer Studie der Einzelhandelsberatung Retail Economics besorgt über die wirtschaftliche Lage. Daher wird das Konsumverhalten in der Vorweihnachtszeit wieder von Vorsicht und Sparmaßnahmen geprägt sein. Derzeit ist die Inflation mit 40 Prozent die größte Sorge der Deutschen, weit mehr als fehlende Ersparnisse (17 Prozent) oder höhere Zinsen (12 Prozent).
Vor diesem Hintergrund bleibt die Absicht, die Ausgaben einzuschränken, hoch. Mehr als drei Viertel (73 Prozent) planen, ihre Ausgaben im vierten Quartal 2023 einzuschränken. Dies ist ein erheblicher Anstieg im Vergleich zu 62 Prozent im Jahr 2022. Die negative Stimmung ging auch an zahlreichen Unternehmen nicht vorüber. So sieht sich die deutsche Wirtschaft laut einer Untersuchung des Kreditversicherers Allianz Trade zunehmend mit massiven Insolvenzen konfrontiert.
Die großen Insolvenzen sind in diesem Jahr zurückgekehrt und nehmen Kurs auf den Höchststand aus 2020. So mussten 2023 auch zahlreiche Händler mit einem Affiliate-Programm Insolvenz anmelden wie Sport Scheck, Galeria Kaufhaus, Klingel, Gerry Weber, Görtz, Hallhuber und viele mehr.
Affiliate Marketing 2023: Wachstum um 3,2 Prozent
Und auch an der Affiliate-Branche geht diese Negativ-Entwicklung nicht spurlos vorüber. Laut dem „German Digital Advertising Latecast 2023“, den die Omnicom Media Group 2023 zum fünften Mal erstellt hat, liegen die Werbespendings im Affiliate-Marketing bei 1,6 Mrd. Euro. Dies entspricht zwar immer noch einem Wachstum von 3,2 Prozent im Vergleich zu 2022 (1,55 Milliarden Euro).
Wenn man allerdings bedenkt, dass das Wachstum im vergangenen Jahr noch bei 14,8 Prozent lag, sieht man die zurückhaltende Entwicklung der Werbeausgaben. Der Anteil des Affiliate-Marketings am Gesamtwerbemarkt liegt 2023 bei 10,3 Prozent. Im vergangenen Jahr waren es noch 10,6 Prozent.
Affiliate Marketing 2024: Trendumfrage unter 1.400 Marketeers
Doch welche Auswirkungen hat das eigentlich auf die Affiliate-Branche und wie entwickelt sich die Branche im Jahr 2024 weiter? Um hier einen objektiven Blick auf die weiteren Trends und Entwicklungen zu werfen, haben wir in Kooperation mit der Performance-Marketing-Agentur MAI xpose360 und dem AffiliateBLOG auch in diesem Jahr wieder eine große Trend-Umfrage unter 1.400 Affiliates, Merchants, Agenturen und Netzwerken/Technologien durchgeführt.
Zudem haben wir wichtige Expert:innen der Branche nach ihrer Einschätzung gefragt, um unabhängig von unserer eigenen Meinung ein unabhängiges Bild über weitere Entwicklungen zu erhalten.
Denn auch wenn die wirtschaftlichen Prognosen derzeit nicht wirklich positiv sind, ist Affiliate-Marketing mit seinem performanceorientierten Ansatz nach wie vor der Kanal, mit dem die Werbeunternehmen transparent skalieren und den Erfolg ihrer Werbemaßnahmen direkt nachvollziehen können.
So sehen die Branchen-Teilnehmer:innen laut der Affiliate-Trend-Umfrage 2024 die Entwicklung im vergangenen Jahr trotz der schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nach wie vor als äußerst positiv. So konnten 53 Prozent der Advertiser, 38 Prozent der Affiliates und sogar 63 Prozent der Agenturen und Netzwerke/Technologien (ANT) steigende Umsätze verzeichnen.
Rückläufige Entwicklung der Werbeausgaben und positive Signale für 2024
Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung erwartet, dass die deutsche Wirtschaft weiter schrumpft. Die „Wirtschaftsweisen“ senkten ihre Prognose für die Konjunktur auf minus 0,4 Prozent. Für das Jahr 2024 senkten sie ihre Konjunkturprognose auf nur noch 0,7 Prozent.
Positiv ist allerdings, dass der Arbeitsmarkt in Deutschland weiterhin recht stabil ist. Gleichzeitig steigen die Löhne und Gehälter erstmals seit zwei Jahren wieder stärker als die Preise. Die Kaufkraft der Einkommen nimmt also zu. Das dürfte den privaten Konsum und damit die Konjunktur für 2024 stützen.
Auch der Pilot Radar zeigt erste Hoffnungszeichen für Konsum und Werbung. Die Ausgabebereitschaft der Deutschen stabilisiert sich analog zur rückläufigen Inflationsrate. Die Bereitschaft ist gewachsen, wieder etwas mehr oder zumindest gleich viel Geld auszugeben als noch vor einem Jahr. Hinzu kommt, dass der Preis als ausschlaggebendes Kaufkriterium im Vergleich zum Vorjahr an Bedeutung verloren hat.
Insgesamt zeigt sich der Werbemarkt daher, auch trotz der aktuellen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Deutschland, nach wie vor robust. Demnach sollen die digitalen Werbespendings in 2023 bei insgesamt 15,6 Milliarden Euro liegen. Dies entspricht einem Wachstum von 5,7 Prozent im Vergleich zum Jahr 2022 (14,76 Milliarden Euro). Wenn man diese Entwicklung allerdings mit dem Jahr 2021 vergleicht, erkennt man generell schon den Wachstumsrückgang. Im vergangenen Jahr lag das Wachstum noch bei knapp 18 Prozent.
Werbebudgets schrumpfen
Dennoch stehen die Werbeinvestitionen nach Ansicht der OWM weiter unter Druck. Für das kommende Jahr geht laut der Umfrage fast die Hälfte der befragten Unternehmen (48 Prozent) von einer weiteren Reduzierung der Werbebudgets aus. Die Werbeindustrie will nach eigenem Bekunden allerdings den Abwärtstrend stoppen. 41 Prozent der Befragten gaben an, sie würden sich für stabile Etatvolumen starkmachen und 11 Prozent gar für eine Erhöhung der Werbeausgaben 2024.
Hilfreich ist dabei, dass die Digitalisierung in der Marketingbranche weiter voranschreitet. So werden sich die Werbebudgets laut der aktuellen OWM-Umfrage weiter in Richtung digitaler Medien verlagern und gleichzeitig geraten klassische Medien wie Print und TV, aber auch Sponsoring künftig noch stärker unter Druck. Mit einem Wachstum um 6 Prozent auf 4,43 Milliarden Euro bei den Netto-Werbeumsätzen gehörte Online-Werbung laut einer OMG-Analyse zu den wachstumsstärksten Marketing-Kanälen.
Trotz der trüben Aussichten fallen die Ertragserwartungen der werbungtreibenden Unternehmen für 2024 besser als im Vorjahr aus: Die große Mehrheit der Mitgliedsunternehmen rechnet mit gleichbleibenden (68 Prozent) oder steigenden (23 Prozent) Erträgen. Zum Vergleich: Vor einem Jahr waren 56 Prozent der Unternehmen von einer rückläufigen Ertragslage ausgegangen.
Auch die JOM Group rechnet für den deutschen Werbemarkt für 2024 Netto-Werbeausgaben in Höhe von 26 Milliarden Euro voraus. Damit würden die Spendings um 1,2 Prozent gegenüber 2023 ansteigen. Mit einer spürbaren Belebung des Werbemarktes wird erst ab der zweiten Jahreshälfte gerechnet. Wichtige Impulse sollen dabei von der Fußball-EM ausgehen, welche als Art Startschuss dienen könnte und dazu beitragen soll, dass die Werbekonjunktur an Dynamik gewinnt.
Und auch Dentsu rechnet in ihrem „Ad Spend Report“ für 2024 mit einer Erholung des Werbemarktes und einem moderaten Wachstum der Werbeausgaben von 1,8 Prozent für Deutschland. Treiber des Wachstums ist auch hier die Digitalwerbung mit einem Wachstum von 6,3 Prozent.
Weiteres Wachstum der Affiliate-Branche – positive Prognosen trotz globaler Herausforderungen
Die Affiliate-Branche profitiert mit seinem Performancemodell nach wie vor von den wirtschaftlichen Entwicklungen.
Mit einem jährlichen Wachstum (CAGR) von 15,4 Prozent soll der globale Affiliate-Markt bis 2027 auf 27,78 Milliarden US-Dollar und bis 2030 auf 38,3 Mrd. US-Dollar anwachsen. In den USA werden bereits 12 bis 20 Prozent des US-E-Commerce-Umsatzes dem Affiliate-Marketing zugeschrieben und der durchschnittliche Return on Ad Spend (ROAS) ist im Affiliate-Marketing um 40 Prozent höher als bei anderen Paid-Mediakanälen.
Und auch in Deutschland wächst die Affiliate-Branche weiter. So konnten zum Beispiel beim Singles Day im Vergleich zum Vorjahr für das gesamte Tradedoubler Netzwerk ein Zuwachs von 7 Prozent bei den Sales und von 50 Prozent beim Umsatz verzeichnet werden. Für die DACH-Region fiel das Umsatzwachstum mit 59 Prozent sogar überdurchschnittlich aus. Auch der durchschnittliche Warenkorbwert erhöhte sich um 26 Prozent auf 170 Euro.
Und auch der Black Friday war 2023 wieder sehr erfolgreich. Im Affiliate-Netzwerk CJ konnten in Deutschland die Umsätze um 48 Prozent gesteigert werden im Vergleich zum Vorjahr, wenngleich die Sales um 11 Prozent rückläufig waren. Dies belegt, dass die Warenkörbe gestiegen sind. Für ganz Europa konnten bei CJ die Sales um 7 Prozent gesteigert werden und die Umsätze sogar um 142 Prozent.
Auch die Agentur MAI xpose360 hat eine Auswertung ihrer Affiliate-Kunden durchgeführt. Die diesjährige Black Week war für die Affiliate-Kunden der MAI xpose360 ein enormer Erfolg. Die durchschnittliche Umsatzsteigerung betrug 79 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und eine beeindruckende 193 Prozent im Vergleich zu einer normalen Verkaufswoche. Der Black Friday selbst übertraf alle Erwartungen mit einer Steigerung von 69 Prozent zum Vorjahr und einer unglaublichen 514 Prozent im Vergleich zu einem durchschnittlichen Verkaufstag. Der Cyber Monday zeigte ebenfalls eine starke Performance mit einer Steigerung von 45 Prozent zum Vorjahr und 177 Prozent zum durchschnittlichen Tag.
Wachstum auch unabhängig von der Black Week
Auch unabhängig von der Black Week war 2023 für einige Markt-Teilnehmende ein erfolgreiches Jahr. In der Bilanz von Tradedoubler zeigt sich in den ersten neun Monaten 2023 ein Gesamtumsatz von 1,4 Milliarden SEK (Schwedische Kronen), was einer Steigerung im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von 20 Prozent entspricht. Der Rohertrag lag bei 296 Mio. SEK, ein Anstieg um 21 Prozent. Im Vergleich dazu lag das Wachstum in den ersten drei Quartalen des Vorjahres bei den Gesamtumsätzen bei 17 Prozent. Das heißt Tradedoubler konnte dieses Jahr ein erneutes Wachstum erzielen.
Auch der Technologie-Anbieter Impact.com veröffentlichte eine Meldung hinsichtlich seines Wachstums im ersten und zweiten Quartal 2023 angetrieben durch globales Kundenwachstum und die Einführung seiner neuen Influencer-Marketing-Plattform. Im Laufe des Quartals begrüßte Impact.com fast 400 neue Kunden. Konkrete Umsatzzahlen wurden allerdings bisher noch nicht kommuniziert. In der Jahresbilanz 2022 wurde allerdings ein Wachstum im Vergleich zum Vorjahr um 35 Prozent beim Zahlungsabwicklungsvolumen für Partner kommuniziert.
Auch die weiteren Umsatzprognosen der Branchen-Teilnehmenden sind nach Einschätzung des Affiliate Trend-Reports positiv. So rechnen 44 Prozent der Affiliates, 60 v der ANT und sogar 79 Prozent der Advertiser für 2024 mit steigenden Umsätzen. Dies sind positivere Aussichten als noch im vergangenen Jahr. Das heißt die Grundstimmung in der Affiliate-Branche ist weiterhin zuversichtlich.
Zudem rechnen auch 65 Prozent der Advertiser damit, dass Affiliate-Marketing in den nächsten 5 Jahren an Priorisierung im Unternehmen zunehmen wird. Für 76 Prozent der Unternehmen ist Affiliate-Marketing im Online-Marketing-Mix wichtig oder sehr wichtig.
Auch bei der Prognose hinsichtlich der umsatzstärksten Werbekanäle 2024 liegt Affiliate-Marketing für 61 Prozent der werbetreibenden Unternehmen auf Platz zwei direkt hinter Paid Search mit 94 Prozent. SEO liegt mit 48 Prozent auf Platz drei, gefolgt von E-Mail-Marketing (42 Prozent), Display-Marketing (20 Prozent), Paid-Social (21 Prozent) und Influencer Marketing (15 Prozent).
Affiliate-Marketing 2024: Gewinner der Inflation
Nach wie vor belastet die hohe Inflation die Konjunktur, selbst wenn die Teuerungsraten allmählich sinken werden. Im Jahresdurchschnitt 2023 wird die Inflation laut HRI-Prognose bei 5,4 Prozent und 2024 bei 3 Prozent liegen – also noch immer merklich über dem Zielwert der EZB von zwei Prozent.
Dies hat auch Auswirkungen auf die Affiliate-Branche, wenngleich geringere als noch im vergangenen Jahr. Hatten 2022 noch für 52 Prozent der Advertiser die Inflation negative Auswirkungen auf die Umsätze, waren es 2023 nur noch 42 %. Allerdings merkten 65 Prozent der Affiliates und 50 Prozent der ANT dafür höhere Negativauswirkungen als noch im letzten Jahr.
Für 24 Prozent der Advertiser, 37 Prozent der Affiliates und 28 Prozent der ANT gehört der Einbruch im Konsumverhalten auch mit zu den wichtigsten Trend-Themen in 2024.
Affiliate Marketing: Prognosen für das Jahr 2024
Und auch die Prognosen für 2024 sind eher gedämpft. So rechnen nur 31 Prozent der Advertiser, 30 Prozent der Affiliates und 48 Prozent der ANT mit einer Besserung der Auswirkungen der Inflation bezogen auf die Affiliate-Umsätze. Mit einer Verbesserung der wirtschaftlichen Situation in Deutschland rechnen die meisten Branchenvertreter:innen erst ab Mitte 2024 bzw. ab 2025.
Gleichzeitig stiegen allerdings auch die CPC-Kosten allein bei Google um durchschnittlich 20 bis 30 Prozent im Vergleich zum letzten Jahr, bei Meta auch um 10 Prozent. So lag der durchschnittliche CPC bei Google Ads 2022 noch bei 4,01 USD und 2023 bereits bei 4,22 USD.
Für 39 Prozent der Advertiser stellt Affiliate-Marketing daher auch eine gute Alternative zu den GAFA-Plattformen dar. 78 Prozent der Advertiser, 48 Prozent der Affiliates und 77 Prozent der ANT sagen zudem, dass Affiliate-Marketing aufgrund seines Performanceansatzes zu den Gewinnern der Rezession werden könnte.
48 Prozent der Advertiser planen daher sogar Budget von anderen Marketing-Kanälen in Affiliate-Marketing zu shiften oder zusätzliches Budget zu investieren.
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