Juristische Details spielen für Unternehmen oft eine zentrale, aber nicht immer ausreichend beachtete Rolle. Ein Beispiel dafür ist der aktuelles Beispiel ist die Crowdfunding-Plattform Seedmatch. Denn viele Investmentverträge des Unternehmen sind offenbar nichtig. Die sogenannte Nachrangklausel spielt dabei eine entscheidende Rolle.
Was ist eine Nachrangklausel?
Die Nachrangklausel hat in Verträgen eine erhebliche Bedeutung. Sie legt fest, dass bestimmte Verbindlichkeiten und Schulden einfach gesagt, anderen Verbindlichkeiten untergeordnet sind. Das bedeutet, dass einige Gläubiger im Falle einer Insolvenz beispielsweise Vorrang bei Rückzahlungen vor anderen Gläubigern haben.
Das erhöht das finanzielle Risiko für sogenannte nachrangige Gläubiger, die im Hinblick auf ihre Verbindlichkeit erhebliche, wenn nicht sogar vollständige, Verluste erleiden können.
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Die Nachrangklausel im Fall Seedmatch
Der Fall Seedmatch zeigt die entscheidende Bedeutung von klaren und verständlichen Verträgen. Denn in den für Crowdfundinginvestments verwendeten standardisierten Vertragswerken ist eine Nachrangklausel enthalten, die auf die Crowdinvestoren Anwendung findet.
Durch den vereinbarten Nachrang treten die Crowdinvestoren dabei hinter die Forderungen aller anderen Gläubiger zurück. Dadurch steigt, wie oben beschrieben, das finanzielle Risiko dieser Investoren bis hin zum Totalverlust.
Kommt es zur Insolvenz, besteht das Risiko, dass sie leer ausgehen, weil ihre Forderungen aufgrund der Nachrangklausel gerade nachrangig, also nach den Forderungen von anderen Gläubigern, behandelt werden.
Unwirksamkeit bei Intransparenz und unangemessener Benachteiligung
Aufgrund dieses besonderen Risikos hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass solche Nachrangklauseln unwirksam sind, wenn sie intransparent sind und durch diese Intransparenz Verbraucher unangemessen benachteiligen. Das gilt nach einer aktuellen Entscheidung nun wohl auch für die von Seedmatch verwendeten Klausel.
Nachrangklausel: Wie eine unwirksame Klausel einen Vertrag eliminiert
Ein Investor, der in das Start-up Protonnet investiert und aufgrund dessen Insolvenz sein Investment verloren hatte, hat Protonet verklagt, weil die in dem Investmentvertag vereinbarte Nachrangklausel für Privatanleger unverständlich und daher unwirksam sei. Das Hanseatische Oberlandesgericht in Hamburg gab ihm insoweit Recht.
Protonet informierte Seedmatch über dieses Gerichtsverfahren. Der Kläger sah darin einen Hinweis, dass auch Seedmatch als Plattformbetreiber haften muss. Vor dem LG Dresden klagte er daher gegen das Unternehmen OneCrowd Loans, welches die Plattform Seedmatch betreibt.
Und auch in diesem Verfahren wurde die verwendete Nachrangklausel kritisch gesehen, da sie eben für Privatinvestoren intransparent und unverständlich sei und sie so benachteilige. Die Klausel sei daher unwirksam.
In der Folge wird aber nicht nur diese Klausel nicht angewendet, sondern der ganze Investmentvertrag wird nichtig. OneCrowd Loans wurde deshalb verurteilt, Schadenersatz in Höhe von 5.000 Euro an den Kläger zu zahlen.
Folgen für eine Vielzahl von Verträgen
Damit ist der Fall aber noch nicht zu Ende. Die Nachrangklausel, um die es im Fall von Seedmatch und Protonet geht, wurde ja nicht nur in diesem einen Vertrag verwendet, sondern in hunderten, wahrscheinlich tausenden von Investmentverträgen über die Seedmatch-Plattform verwendet.
Das bedeutet, dass damit auch alle anderen Verträge, in denen diese Klausel enthalten ist, nicht sind und damit Schadensersatzforderungen auslösen werden. Das wäre wahrlich eine äußerst ungünstige Situation für Seedmatch. Aus diesem Grund ist OwnCrowd Loans auch gegen das Urteil in Berufung gegangen.
Die Bedeutung von intransparenten Klauseln
Die Verwendung von juristischen Fachausdrücken oder komplizierten Klauseln kann nicht nur zu Missverständnissen und daraus resultierenden möglichen Rechtsstreitigkeiten führen. Im schlimmsten Fall kann eine Klausel als unwirksam angesehen werden, was in der Folge zur Nichtigkeit eines kompletten Vertrages führen kann.
Für Unternehmen, insbesondere für Start-ups, die nicht immer den rechtlichen Besonderheiten die notwendige Beachtung schenken, folgt daraus, dass sie darauf achten müssen, dass ihre Verträge klar formuliert und von allen Beteiligten leicht verstanden werden können.
Denn die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften ist mehr als nur eine moralische Verpflichtung. Sie ist eine grundlegende Voraussetzung für die Wirksamkeit von Verträgen, insbesondere wenn Allgemeine Geschäftsbedingungen zur Anwendung kommen und Verbraucher Vertragsparteien sind.
Proaktivität ist das Gebot der Stunde für Unternehmen
Der Fall von Seedmatch und Protonet zeigt die möglichen Konsequenzen auf, die Unternehmen wie Start-ups treffen können. Insbesondere im Falle einer Insolvenz oder anderer Form von „Ärger“, der eine Partei betrifft, kommt es „gerne“ zur Überprüfung der geschlossenen Verträge, um eventuelle Vorteile durch die Verwendung von unwirksamen Klauseln zu erlangen.
Unternehmen sollten deshalb proaktiv Maßnahmen ergreifen, um dieses Risiko zu mindern. Dazu gehört beispielsweise, nicht einfach irgendwelche Vorlagen oder Muster zu verwenden, die nicht auf die besondere Situation des jeweiligen Unternehmens angepasst sind. Im Zweifel ist rechtliche Beratung Gold wert.
Die Nachrangklausel und der Fall Seedmatch
Die Geschichte von Seedmatch und Protonet bietet Unternehmen, insbesondere jungen wie Start-ups, wertvolle Einblicke in die Bedeutung von Vertragsklarheit, Verwendung von Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Rechtskonformität.
Sie steht als ernüchternde Erinnerung an die möglichen Fallstricke, die den Unvorsichtigen erwarten, und beleuchtet den Weg zu einem rechtlich sicheren Vertragsumfeld.
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