Wirtschaft

Hilfe, wir gründen ein Unternehmen (Teil 3): Fake-Rechnungen

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geschrieben von Carsten Lexa

Meine Partnerin und ich haben ein Unternehmen in Form einer Unternehmergesellschaft gegründet – mit einem Kapitel von knapp 1.500 Euro. Auf BASIC thinking berichten wir über unsere Erlebnissen als Gründer. Nun flatterten die Rechnungen für den Notar und die Eintragung ins Handelsregister ins Haus. Wir können diese aber nicht bezahlen! Oder sind es Fake-Rechnungen?

Die Gründung einer Kapitalgesellschaft ist in Deutschland mit Kosten verbunden. So rechnet der Notar für die Durchführung der erforderlichen Beurkundung der Gründungsunterlagen Gebühren ab. Auch für die Eintragung der Gesellschaft ins Handelsregister wird eine Gebühr fällig.

Überschuldung durch zu hohe Rechnungsbeträge

Wir hatten im Vorfeld die Kosten dafür durchgerechnet und kamen auf insgesamt rund 600 Euro. Nach der Eintragung erhielten wir aber noch zwei „besondere“ Rechnungen über jeweils rund 750 Euro. Unser Gedanke im ersten Moment: Die Beträge aller Rechnungen zusammen übersteigen unser Kapital. Damit sind wir überschuldet und somit „pleite“!

Dieser Gedanke hielt jedoch nur kurz an. Denn nach der Eintragung ins Handelsregister kommen bei neuen Gesellschaften „gerne“ Rechnungen an, die jedoch nicht offiziell sind und damit nicht bezahlt werden müssen. Doch was hat es damit auf sich?

Fake-Rechnungen: Inoffizielle Rechnungen an neue Gesellschaften

Da die Eintragungen von Gesellschaften im Handelsregister öffentlich und frei zugänglich sind, kann sich grundsätzlich jeder über diese neuen Eintragungen informieren. Eine neue Gesellschaft muss außerdem eine Geschäftsadresse hinterlegen. Damit kann also nun jeder die neue Gesellschaft anschreiben – und beispielsweise eine Rechnung schicken.

Wenn die Rechnung legitim ist, dann ist das auch in Ordnung. Doch viele Gründer:innen wissen nicht genau, welche Rechnung in Ordnung ist und welche nicht. Das gilt insbesondere dann, wenn die Rechnung so aussieht, als wäre sie offiziell.

In unserem Fall beispielsweise kam eine Rechnung vom „Amtsgericht Charlottenburg (Berlin)“, die andere Rechnung vom Amtsgericht. Bei letzterem stand in der Absenderzeile über der Empfängeradresse immerhin „Zentrale Zahlstelle, 10179 Berlin“. Auf den ersten Blick sehen die Rechnungen dann so aus, als ob sie echt wären. Schaut euch einfach mal die beiden Fotos der Schreiben an und entscheidet, ob ihr diese auf den ersten Blick für echt halten würdet.

Fake Rechnungen erkennen

Fake-Rechnungen erkennen (Foto: Carsten Lexa)

Fake-Rechnungen: Absender setzen auf Unkenntnis und Stress

Die Absender setzen nun darauf, dass zum einen die Unkenntnis der Gründer:innen, aber auch die Hektik und der Stress aufgrund der Gründung dafür sorgen, dass Rechnungen nicht allzu genau überprüft werden. Immerhin wissen die meisten Gründer:innen, dass auf jeden Fall eine Rechnung vom Handelsregister kommt.

Und weil dieses sich bei dem jeweils zuständigen Amtsgericht befindet, ist dann halt eine Rechnung von einem Amtsgericht genau die Rechnung, die erwartet wird. In unserem Fall jedoch kann man bei genauer Betrachtung der Inhalte der Schreiben genug Hinweise finden, die erkennen lassen, dass die Rechnungen „nicht in Ordnung“ sind.

Fake-Rechnungen erkennen: Hinweise im ersten Schreiben

Das Schreiben vom „Amtsgericht“ ist schon deshalb seltsam, weil gar nicht dabei steht, um welches Amtsgericht es sich handelt. Das steht aber bei offiziellen Schreiben immer dabei. Dann könntet ihr euch den Empfänger des Geldes einmal ansehen, der bei der Kontoverbindung auf der rechten Seite des Schreibens angegeben ist: „Elina Porga“.

Das passt gar nicht zu einer Zahlung, die laut Absender über dem Adressfeld auf der linken Seite mit „Zentrale Zahlstelle“ angegeben ist. Und schließlich findet man bei der IBAN-Nummer das Länderkürzel „IE“, was auf eine Bank in Irland schließen lässt.

All diese Hinweise zeigen, dass das Schreiben und damit die Rechnung nicht offiziell ist. Darüber hinaus, aber das erfordert schon ein wenig Spezialwissen, ist der Betrag von 765 Euro im Rahmen der Gründung einer Unternehmergesellschaft zu hoch.

Fake Rechnung

Fake Rechnungen erkennen (Foto: Carsten Lexa)

Hinweise im zweiten Schreiben

Was das Schreiben des „Amtsgericht Charlottenburg (Berlin)“ angeht, so sieht das erst einmal offizieller aus. So findet sich ein echt aussehendes Wappen und auch die ganze Aufmachung der Rechnung wirkt professioneller. Man muss schon genau hinschauen, um Ungenauigkeiten zu finden.

So fällt beispielsweise auf, dass die Schriftfarben unterschiedlich sind. Grundsätzlich wird schwarz verwendet, aber die Anrede „Sehr geehrte Damen und Herren…..“ ist in einem hellen Grau gehalten. Dann ist das Schreiben an eine „UG“ adressiert, aber der Zusatz „(haftungsbeschränkt)“ fehlt. Da dieser Zusatz aber zur Firma gehört, würde ein Registergericht dies nicht weglassen.

Die IBAN-Nummer dann beginnt in diesem Schreiben mit „DE“, was auf eine deutsche Bank hindeutet, aber der Empfänger ist „CCHR“. Das klingt dann als Geldempfänger seltsam, wenn doch eigentlich das Geld an ein Amtsgericht bzw. an ein Registergericht gehen soll.

Darüber hinaus findet sich am Ende des Schreibens noch ein Hinweis darauf, was passiert, wenn das Geld nicht rechtzeitig gezahlt wird. Dann nämlich wird die „in diesem Verfahren vorgenommene Eintragung unwirksam“ und „aus dem Handelsregister vernichtet“. Ich bin mir jedoch sehr sicher, dass eine „Vernichtung“ nichts ist, was ein Handelsregister bei nicht rechtzeitiger Zahlung macht.

Fazit: Fake-Rechnungen an Gründer

Alles in allem kann ich also ziemlich beruhigt diese beiden Rechnungen dorthin geben, wo sie hingehören, nämlich in den Mülleimer. Meine Vermutung ist aber, dass doch immer wieder Zahlungen aufgrund solcher Schreiben von Gründer:innen geleistet werden.

Die offiziell zuständigen Amtsgerichte und auch die befassten Notare – und ich als langjähriger Wirtschaftsanwalt – wissen das aber natürlich und warnen übrigen schon im Rahmen des Gründungsprozesses vor solchen Schreiben.

Ich kann allen Gründer:innen nur raten, diese Warnungen zu befolgen und, wenn ihr euch bei einem Schreiben nicht sicher seid, ob dieses offiziell ist, nachzufragen. Das ist allemal besser, als sinnlos ein paar Hundert Euro zu zahlen, die man im Zweifel wohl nicht wieder bekommt.

Hilfe, wir gründen! (Teil 2)

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Über den Autor

Carsten Lexa

Rechtsanwalt Carsten Lexa berät seit 20 Jahren Unternehmen im Wirtschafts-, Gesellschafts- und Vertragsrecht. Er ist Lehrbeauftragter für Wirtschaftsrecht, BWL und Digitale Transformation sowie Buchautor. Lexa ist Gründer von vier Unternehmen, war Mitinitiator der Würzburger Start-up-Initiative „Gründen@Würzburg”, Mitglied der B20 Taskforces Digitalisierung/ SMEs und engagiert sich als Botschafter des „Großer Preis des Mittelstands” sowie als Mitglied im Expertengremium des Internationalen Wirtschaftsrats. Er leitete als Weltpräsident die G20 Young Entrepreneurs´Alliance (G20 YEA). Bei BASIC thinking schreibt Lexa über Themen an der Schnittstelle von Recht, Wirtschaft und Digitalisierung.