Social Media

„Systemisches Versagen“: Justiz leitet Bußgeldverfahren gegen Twitter ein

Twitter, Bundesamt für Justiz, Bundesjustizamt, Elon Musk, NetzDG, Netzwerkdurchsetzungsgesetz, Social Media
Pixabay.com / Sang Hyun Cho
geschrieben von Maria Gramsch

Nach der Übernahme durch Elon Musk geht die Berg- und Talfahrt bei Twitter weiter. Nun schaltet sich auch das Bundesamt für Justiz ein – und zwar mit einem Bußgeldverfahren. Der Grund: Verstöße gegen das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG).

Dass Twitter in letzter Zeit ein bisschen die Kontrolle über gefühlt so ziemlich alles verloren hat, dürfte den Nutzer:innen nicht entgangen sein. Auch in Sachen Presseanfragen hat das soziale Netzwerk nach der Übernahme durch Elon Musk den Kurs gewechselt.

Denn seit Mitte März antwortet der Konzern auf Presseanfragen automatisch erst einmal mit einem Kackhaufen-Emoji. Das hatte CEO Musk höchst persönlich in einem Tweet angekündigt.

Doch auch das Bundesamt für Justiz ist inzwischen darauf aufmerksam geworden, dass es bei dem sozialen Netzwerk drunter und drüber geht. Deshalb hat das Amt nun ein Bußgeldverfahren gegen das soziale Netzwerk eingeleitet. Gegenstand sei die Nichteinhaltung des Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG).

Was steckt hinter dem Verfahren?

Das Bundesjustizamt wirft den Betreibern der Plattform in Deutschland „Versäumnisse im Beschwerdemanagement“ vor. Damit verstoße die Plattform gegen das Netzwerkdurchsetzungsgesetz.

Dieses schreibt sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter und Co. ein gewisses Zeitfenster für die Bearbeitung von gemeldeten Inhalten vor. Die Plattformen müssen demnach strafbare innerhalb von 24 Stunden nach Eingang der Beschwerde löschen.

Bei Twitter klappt das offenbar nicht so gut. Denn wie das Bundesjustizamt schreibt, habe das soziale Netzwerk „gegen die gesetzliche Pflicht zum Umgang mit Beschwerden über rechtswidrige Inhalte verstoßen“. Dafür lägen hinreichende Anhaltspunkte vor.

Versagt Twitter beim Beschwerdemanagement?

Ob die Plattform nun wirklich gegen die Vorschriften des NetzDG verstößt, wird das Verfahren des Bundesjustizamts zeigen. Bei einem Tweet war die Plattform jedoch offenbar sehr schnell.

Dabei handelt es sich um die Bekanntmachung des Verfahrens von Justizminister Marco Buschmann. Dieser hat daraufhin direkt eine Beschwerdemeldung erhalten und sie mit dem Kommentar „Netter Versuch“ geteilt.

Doch das funktioniert laut dem BfJ nicht immer so unverzüglich. Dem Amt liegen laut eigenen Angaben „zahlreiche Inhalte“ vor, die zwar rechtswidrig sind, jedoch nicht in der vorgesehen Frist gelöscht wurden.

Das Bundesjustizamt sieht daher ein „systemisches Versagen im Beschwerdemanagement“ bei der Plattform. Es gebe „kein wirksames Verfahren für den Umgang mit Beschwerden über rechtswidrige Inhalte“.

Würde das Netzwerk nur in einzelnen Fällen gegen die Vorgaben verstoßen, könnte das BfJ nicht mit einem Bußgeldverfahren eingreifen. Jedoch seien die Verstöße in einem Zeitraum von vier Monaten aufgetreten. Auch würden die Inhalte „einen engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang“ aufweisen.

Daher gehe das Bundesamt für Justiz von einem systemischen Versagen aus, für das ein Bußgeldverfahren gerechtfertigt sei.

Wie geht es nun für Twitter weiter?

Zunächst einmal hat der Konzern nun Zeit, eine Stellungnahme zu dem Vorwurf des Bundesamt für Justiz abzugeben. Ist das BfJ auch nach dieser Stellungnahme noch von seinen Vorwürfen überzeugt, kann es beim Amtsgericht Bonn die Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens beantragen.

In diesem Verfahren würde dann die Rechtswidrigkeit der auf der Plattform nicht gelöschten Inhalte geprüft. Liegt diese vor, kann das BfJ ein Bußgeld verhängen.

Auch interessant:

Über den Autor

Maria Gramsch

Maria ist freie Journalistin und technische Mitarbeiterin an der Universität Leipzig. Seit 2021 arbeitet sie als freie Autorin für BASIC thinking. Maria lebt und paddelt in Leipzig und arbeitet hier unter anderem für die Leipziger Produktionsfirma schmidtFilm. Sie hat einen Bachelor in BWL von der DHBW Karlsruhe und einen Master in Journalistik von der Universität Leipzig.