Wirtschaft

Hilfe, wir gründen ein Unternehmen (Teil 2): Kapitalgesellschaft, Bank und Notar

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Carsten Lexa
geschrieben von Carsten Lexa

Derzeit sind meine Partnerin und ich dabei, ein Unternehmen zu gründen. Im ersten Teil meines Erlebnisberichts habe ich die Ausgangslage und einige Hintergründe beschrieben. Im zweiten Teil möchte ich euch nun an unseren Erlebnissen beim Notar und bei der Errichtung des Geschäftskontos teilhaben lassen.

Über Deutschland heißt es ja immer, dass es nicht besonders gründungsfreundlich sei – insbesondere was die Gründung von Kapitalgesellschaften angeht. So fehle es an einer einfachen Möglichkeit, ein Unternehmen online zu gründen.

Denn um die Gewerbeanmeldung durchzuführen und die Steuernummer zu erhalten muss man zu unterschiedlichen Behörden gehen. Unternehmerinnen und Unternehmer scheinen zudem generell nicht sonderlich gut angesehen.

Kapitalgesellschaft gründen: Die Voraussetzungen

Meine Partnerin und ich haben uns für die Gründung einer Unternehmergesellschaft, oder UG, entschieden. Die Gründe dafür erläutere ich übrigens in der nächsten Kolumne. Die Gründung einer UG, einer Abwandlung einer GmbH, erfordert die Beurkundung der Gründungsunterlagen bei einem Notar.

Einen solchen in Berlin zu bekommen ist aber gar nicht so einfach. Das gilt auch dann, wenn wie in unserem Fall die Gründung über das vom Gesetzgeber vorgegebene Musterprotokoll erfolgen soll. Auf die ersten Anfragen per E-Mail hat ein Notar sehr freundlich, aber bestimmt, auf seine „Arbeitsbelastung“ verwiesen, was leider keinen Termine möglich mache.

Danach haben wir bei mehrere Notaren angerufen. Da wir einen Termin innerhalb einer Woche haben wollten – ist natürlich eine naive Annahme, dass für einen Termin von 15 Minuten bei einem Notar eine Woche Vorlaufzeit ausreichend wäre – bekamen wir fünf weitere Absagen.

Schließlich jedoch – große Überraschung – war ein Notar bereit, uns „dazwischen zu schieben“. Große Freude bei uns, denn der Termin konnte schon in drei Tagen stattfinden.

Wir gründen: eine tickende Zeitbombe

Der Termin jedoch verlief dann eher ernüchternd. Nach Begrüßung durch den Notar war der zweite Satz (und ich zitiere wörtlich): „Dann wollen wir mal die tickende Zeitbombe gründen….“. Auf meine irritierende Frage, was er damit meinte – ich dachte wirklich, ich hätte irgendeine Neuerung bei den gesellschaftsrechtlichen Regelungen nicht mitbekommen – kam als Antwort:

Die UG-Gründung sehe nach dem Musterprotokoll keinen Regelungen im Gesellschaftsvertrag vor.  Dadurch wären die Probleme bei einer Mehrpersonengesellschaft wie der unseren schon vorgezeichnet.

Wir erklärten dem Notar dann, dass wir uns die Art der Gründung gut überlegt hätten und ich aufgrund meiner Tätigkeit als Wirtschaftsanwalt möglicherweise etwas Kenntnis von den Umständen dieser UG-Gründung hätte. Es kam dann zwar kein weiterer Spruch mehr, aber der skeptische Blick verschwand erst, nachdem wir die Unterschriften geleistet hatten.

Worte sind Waffen

Wie schon oben geschrieben werde ich in der kommenden Kolumne erläutern, was die Gründe für unsere Wahl der UG als Gesellschaftsform waren. Und der Notar hat natürlich recht: abstrakt gesehen ist eine UG, die mit dem Musterprotokoll gegründet wird, etwas, das man sich gut überlegen sollte.

Das gilt insbesondere dann, wenn man wie wir mit zwei Gesellschaftern gründet. Auch das werde ich in der nächsten Kolumne erläutern. Nichts desto trotz hätte man uns das aber anders sagen können.

Ich habe mir vorgestellt, wie die Aussage des Notars zur „tickenden Zeitbombe“ wohl bei anderen, die sich nicht wie wir auskennen mit den Vor- und Nachteilen einer UG, angekommen wäre. Anstatt uns umsichtig aufzuklären, wird noch bevor der Beurkungsvorgang startet, ein Spruch geäußert, der nicht unbedingt gründungsfreundlich ist. Vielleicht war er als Witz gemeint, aber so hat er nicht funktioniert.

Nicht besonders erwähnt werden muss dann, dass es keine warmen Worte gab im Hinblick auf unsere zukünftige Unternehmerstellung, dass es gut ist, dass wir uns als Unternehmer:innen ausprobieren wollen und das wir risikofreudig sind ….

Eröffnung eines Bankkontos in Berlin

Nachdem wir also den Notartermin abgehakt hatte, mussten wir uns der nächsten Aufgabe stellen, nämlich der Eröffnung eines Bankkontos. Wir hatten die Vorstellung, dass es eine lokale Bank mit Filialen sein sollte. Hier in Berlin gibt es derzeit viele Plakate von einer Bank, die damit wirbt, dass wenn ein Unternehmen hier in der Stadt sei, sie die passende Bank wäre.

Für uns klang das gut und wir haben uns gedacht, dass wir es dann dort mal probieren könnten. Der Termin beim Notar war um 15:30 Uhr beendet und um 16:30 Uhr standen wir vor der Filiale dieser Bank in der Nähe unserer Wohnung in Berlin.

Allerdings hatten wir uns nicht nach den Öffnungszeiten erkundigt, weil wir irgendwie davon ausgegangen sind, dass diese doch in Berlin sehr bekannte Bank sicherlich bis mindestens 17 Uhr auf haben würde. Falsch gedacht, diese Filiale schließt um 15 Uhr, zumindest am Montag. Gut, das war unser Fehler, wir hätten uns halt besser erkundigen müssen.

Kapitalgesellschaft gründen: Willkommen im 21. Jahrhundert

Am Dienstag ist dann meine Partnerin wieder hingegangen, denn dann ist die Filiale geöffnet bis 18 Uhr. Allerdings ist die Eröffnung eines Kontos für eine Kapitalgesellschaft nicht in der Filiale möglich. Man erklärte uns, dass wir eine bestimmte Telefonnummer anrufen und einen Termin für die Kontoeröffnung vereinbaren müssten.

Im Rahmen dieses Anrufs wurde uns dann auch erklärt, dass wir einen Termin schon innerhalb von drei Tagen bekommen könnten. Die Kontoeröffnung würde dann allerdings ca. eine bis zwei Wochen dauern, die Unterlagen kämen per Post.

Die Rettung erfolgt dann eben online

Nach diesem ernüchternden Telefonat haben wir dann kurzen Prozess gemacht und recherchiert, welche Bank online die Möglichkeit bietet, schnell und unkompliziert ein Konto für eine UG zu eröffnen. Im Rahmen der Recherche sind wir auf „Qonto“ gestoßen.

Alle Angaben werden online eingegeben, die Eröffnung unseres Kontos erfolgte innerhalb von 24 Stunden und nach Einzahlung der Stammeinlage hatten wir die Bestätigung über die Einzahlung innerhalb von weiteren 24 Stunden, die wir dann an das Notariat weitergeleitet haben – immerhin ging das per E-Mail.

Kapitalgesellschaft gründen: Ein ernüchterndes Fazit

Jetzt muss man sagen, dass sich das alles vielleicht nicht so problematisch liest. Fehlende Begeisterung beim Notar, gepaart mit einem schlechten Scherz, und antiquierte Prozesse bei Filialbanken sind doch irgendwo nicht der Rede wert. Jedoch zeigen sich anhand dieser Schilderung diverse Probleme, die in meinen Augen dafür sorgen, dass Gründungen in Deutschland keine Begeisterung auslösen.

Zuerst einmal brauchen wir eine positivere Einstellung gegenüber Gründungen und eine sinnvolle Beratung bei denjenigen Institutionen, die das notwendige Übel bei der Gründung einer Kapitalgesellschaft sind. Die UG als solche ist keine schlechte Gesellschaftsform, und auch die Gründung als Mehrpersonengesellschaft nach Musterprotokoll ist nicht per se schlecht.

Man sollte zwar wissen, was man tut, aber das ist ja gerade die Aufgabe des Notars, darüber neutral aufzuklären. Immerhin hat die Bundesnotarkammer sich gegenüber der Online-Formulargründung von GmbHs und UG in Deutschland basierend auf der Digitalisierungsrichtlinie der Europäischen Union ablehnend geäußert.

Begründung: Weil angeblich nur die Notare die Beratungsqualität in Deutschland sichern könnten. Zumindest was unsere Gründung angeht, kommen mir bei dieser Aussage hinsichtlich der Qualität Zweifel. Und auch hinsichtlich der Errichtung eines Bankkontos besteht Handlungsbedarf.

Die Eröffnung eines Bankkontos kann Wochen dauern

Wie kann es sein, dass die Errichtung eines einfachen Bankkontos mehrere Tage beziehungsweise sogar Wochen dauern soll? Das ist so unglaublich wenig zeitgemäß, dass man schreien möchte. Unternehmer:innen, die gegründet haben, möchte loslegen und nicht auf ein Bankkonto warten.

Meine Partnerin und ich sind unheimlich froh, dass Online-Banken inzwischen in die Bresche springen und entsprechende Services anbieten. Wenn sich bei den Filialbanken nicht einiges tut, dann werden sie es schwer haben, neue, digitalaffine Kunden zu gewinnen. Uns hat diese bekannte Bank in Berlin auf jeden Fall schon verloren.

Hilfe, wir gründen! (Teil 1)

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Über den Autor

Carsten Lexa

Rechtsanwalt Carsten Lexa berät seit 20 Jahren Unternehmen im Wirtschafts-, Gesellschafts- und Vertragsrecht. Er ist Lehrbeauftragter für Wirtschaftsrecht, BWL und Digitale Transformation sowie Buchautor. Lexa ist Gründer von vier Unternehmen, war Mitinitiator der Würzburger Start-up-Initiative „Gründen@Würzburg”, Mitglied der B20 Taskforces Digitalisierung/ SMEs und engagiert sich als Botschafter des „Großer Preis des Mittelstands” sowie als Mitglied im Expertengremium des Internationalen Wirtschaftsrats. Er leitete als Weltpräsident die G20 Young Entrepreneurs´Alliance (G20 YEA). Bei BASIC thinking schreibt Lexa über Themen an der Schnittstelle von Recht, Wirtschaft und Digitalisierung.