Obwohl E-Scooter seit 2019 in Deutschland vertreten sind, sorgen sie nach wie vor für reichlich Ärger. Deshalb planen immer mehr Kommunen neue Regelungen. Die Stadt Nürnberg zeigt, wie die elektrischen Roller sinnvoll integriert werden können. Eine kommentierende Einordnung.
Seit 2019 sorgen E-Scooter auf deutschen Straßen und Gehwegen für reichlich Ärger. Immer mehr Kommunen nehmen sich des Problems an und planen neue Regelungen für den Gebrauch der Roller. So zum Beispiel auch die Stadt Nürnberg. Aber von Anfang an.
Noch mehr Ärger als die Deutsche Bahn
E-Scooter sind nicht sonderlich beliebt bei der deutschen Bevölkerung – und das, obwohl sie seit bald fünf Jahren in fast allen (größeren) Städten durch unterschiedliche Anbieter:innen und Verleihsysteme vertreten sind.
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Das Problem dabei sind nicht die Roller an sich, sondern eher die lockeren Regelungen für das Abstellen der Fortbewegungsmittel. Das führt unweigerlich dazu, dass viele Menschen ihre E-Scooter genau dort abstellen, wo sich ihr Ziel befindet – wir sind halt einfach bequem und faul.
Hindernis für Rollstuhlfahrer, Blinde und Kinderwägen
Dass das nicht immer sinnvoll ist, zeigen Hunderte Roller, die sprichwörtlich mitten im Weg stehen – weil es erlaubt und von den Kommunen geduldet ist. Die Konsequenz ist allerdings auch, dass viele andere Verkehrsteilnehmer:innen massive Behinderungen hinnehmen müssen.
Rollstuhlfahrer:innen, blinde Menschen oder auch Eltern mit Kleinkindern im Kinderwagen können durch die willkürlich abgestellten E-Scooter oftmals nicht den Gehweg nutzen, sondern müssen auf die Straße ausweichen. Ein Ergebnis, das weder für die Betroffenen noch für die Kommunen erstrebenswert sein kann.
Die Grundsatzfrage bei den E-Scootern in Deutschland
Doch wie konnte es überhaupt so weit kommen? Die Antwort liefert – wie so oft – ein Blick in die Gesetzbücher. Dabei gibt es in Deutschland vereinfacht ausgedrückt zwei unterschiedliche Auffassungen:
- E-Scooter-Verleihsysteme fallen wie Autos und Fahrräder unter den Gemeingebrauch und können dementsprechend abgestellt werden.
- Die elektrischen Roller sind eine genehmigungspflichtige Sondernutzung, wie beispielsweise auch Außenbestuhlungen von Cafés im Sommer. Für diese Sondernutzung müssen die Unternehmen – also beispielsweise Café-Betreibende oder Roller-Verleihe – einen Beitrag an die Kommunen zahlen.
Freiwillige Absichtserklärungen bleiben wirkungslos
Da der Bund als Gesetzgeber keine klaren Vorgaben bestimmte, konnte jede Kommune ihre eigene Auffassung umsetzen. Dabei entwickelte sich vor allem in der Startzeit vielerorts die Ansicht, dass die Roller unter den Gemeingebrauch fallen.
Dementsprechend haben viele Städte und Gemeinden mit Verleihsystemen wie Voi, Tier, Lime und Co. sogenannte freiwillige Absichtserklärungen unterzeichnet. Da derartige Formulierungen jedoch rechtlich nicht bindend sind, verpufften die festgehaltenen Grundsätze zum Abstellen weitestgehend, was wiederum zu Problemen führte.
Neue Rechtsprechung und drohende E-Scooter-Verbote?
Doch nun scheint es, dass sich das sprichwörtliche Blatt wendet. So hat unter anderem das Verwaltungsgericht in Münster entschieden, dass E-Scooter eben doch Teil der genehmigungspflichtigen Sondernutzung sind.
Ein Argument: Die E-Scooter machen auch nach dem Abstellen durch ihre Anwesenheit Werbung für das Unternehmen. Dadurch handelt es sich wiederum um einen gewerblichen Aspekt, der nicht unter den normalen Gemeingebrauch fällt.
Dieses Urteil wiederum machen sich in Deutschland nun immer mehr Städte und Gemeinden zunutze, um Anbieter:innen von Verleihsystemen enger zu regulieren.
Ein E-Scooter-Verbot – wie es von einigen Interessensverbänden gefordert wird – lässt sich daraus jedoch nicht ableiten, wie die bisherigen Urteile auch zeigen.
E-Scooter in Nürnberg: Kein Verbot und kein Ärger
Die Stadt Nürnberg hat nun beispielsweise neue Regeln für die Roller-Nutzung vorgestellt, die ab dem Frühjahr 2023 gelten sollen. Dabei gibt es einige zentrale Punkte, die überall in Deutschland für mehr Zufriedenheit sorgen dürften:
- E-Scooter dürfen im Zentrum und in der Innenstadt nur noch an festen und gekennzeichneten Sammelparkplätzen abgestellt werden.
- Die Anzahl der E-Scooter ist auf die Anzahl der Parkplätze beschränkt.
- Die Verleihgebühr für Nutzer:innen läuft so lange weiter, bis der elektrische Roller an einem offiziellen Parkplatz abgestellt worden ist.
- Pro Fahrzeug und Quartal müssen die Verleihe eine Sondernutzungsgebühr bezahlen. In Münster liegt diese beispielsweise bei 12,50 Euro.
Die (hoffentlich bald umgesetzten) neuen Regelungen stellen den idealen Kompromiss dar. Einerseits ist ein E-Scooter-Verbot nicht notwendig, wodurch niemand in seinem Fortbewegungswunsch und in der Wahlfreiheit eingeschränkt ist.
Andererseits sorgen hohe Gebühren für Nutzer:innen und Verleihe sowie feste Parkplätze dafür, dass Gehsteige für alle Menschen frei zugänglich bleiben. Das ist insbesondere mit Blick auf die Inklusion in unserer Gesellschaft von größter Bedeutung.
Dementsprechend bleibt nur zu hoffen, dass die Vorgaben schnell umgesetzt werden – nicht nur in Nürnberg, Leipzig, Bremen und Münster, sondern in allen deutschen Städten. Damit alle Verkehrsteilnehmer:innen friedlich und sicher koexistieren können.
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