Laut einer aktuellen Studie, werden die Daten europäischer Internet-User durchschnittlich 197 Milliarden Mal pro Tag für sogenanntes Real Time Bidding benutzt, um Online-Werbung zu platzieren. Das geschieht oftmals ohne die Einwilligung der User. Die Studienautoren sprechen von einer der größten Datenpannen aller Zeiten.
Real Time Bidding, kurz RTB: So nennt man den Prozess, bei dem Online-Werbeflächen an das meistbietende Unternehmen versteigert werden. Es handelt sich dabei um eine über 117 Milliarden US-Dollar schwere Industrie, die die Daten von Internet-Nutzer:innen sammelt und kontinuierlich an Unternehmen weiterreicht.
Wie eine Studie des Irish Council for Civil Liberties (ICCL) nun belegt, handelt es sich beim Real Time Bidding um die größte Datenpanne, die je verzeichnet wurde. „Jeden Tag verfolgt die RTB-Industrie, was Sie sich ansehen, egal wie privat oder sensibel, und sie zeichnet auf, wohin Sie gehen“, so Johnny Ryan, Senior Fellow beim ICCL gegenüber dem Nachrichtensender BBC.
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Real Time Bidding: 71 Milliarden Daten pro Jahr geteilt
Die Studie zeigt zum ersten Mal das Ausmaß des Datenmissbrauchs, der durch das Real Time Bidding entsteht. Dabei hat das ICCL herausgefunden, dass die Online-Aktivitäten sowie der Standort von europäischen Internet-Usern bis zu 197 Milliarden Mal pro Tag offengelegt werden, also etwa 376 Mal täglich pro Person.
Wie die Studie ergab, verfolgt und sendet RTB die Aktivität eines deutschen Internet-Users einmal pro Minute, in der er Online ist. Daten von US-amerikanischen Nutzer:innen werden sogar durchschnittlich etwa 294 Milliarden Mal pro Tag weitergegeben, also etwa 747 Mal täglich pro Person.
Laut ICCL erwirtschaftete die RTB-Branche im Jahr 2021 in den USA und Europa mehr als 117 Milliarden US-Dollar. Dabei gilt Google neben Tech-Konzern Microsoft das größte RTB-Unternehmen weltweit.
Real Time Bidding mit gefährlichen Folgen
Unternehmen auf der ganzen Welt erhalten die privaten Daten der europäischen sowie US-amerikanischen Internet-Nutzer:innen. Als desonders besorgniserregend bezeichnet das ICCL dabei, dass die Daten auch nach Russland und China gelangen, obwohl dort keine Kontrollen stattfinden, was mit den Informationen geschieht.
Zudem sei es auch allgemein unmöglich, die Verwendung von RTB-Daten einzuschränken. Welche Auswirkungen das haben kann, zeigte bereits die Vergangenheit. Dabei nutzten Datenbroken gesammelten Informationen beispielsweise, um Profile von Black-Lives-Matter-Demonstranten zu erstellen.
Das US-Ministerium für Innere Sicherheit und auch andere Behörden verwendeten die Daten, um Telefone ohne Durchsuchungsbefehl zu verfolgen. Das ICCL deckte außerdem den Verkauf von RTB-Daten auf, die die Identität von Opfern sexuellen Missbrauchs enthüllen.
ICCL im Rechtsstreit mit der digitalen Werbe-Industrie
Um der Praxis des Real Time Biddings entgegenzuwirken, führt das ICCL derzeit vor drei europäischen Gerichten einen Rechtsstreit mit der digitalen Werbeindustrie. Ausgetragen wird dieser dabei vor dem Landgericht Hamburg, dem irischen High Court sowie vor dem Brüsseler Marktgericht.
Die Studie des ICCL bezieht sich auf Daten eines Google-Feeds, der einen Zeitraum von 30 Tagen abdeckt. Dieser steht der Branche zur Verfügung, private Nutzer:innen können diesen allerdings nicht einsehen.
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