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Zensur auf TikTok: Deutsche Journalisten decken Wortfilter auf

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unsplash.com/ Solen Feyissa
geschrieben von Beatrice Bode

Die weltweit beliebte Social Media Plattform TikTok benutzt offenbar Wortfilter, um mutmaßlich problematische Inhalte zu beschränken. Das haben Journalist:innen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland bei einer initiativen Recherche aufgedeckt. Die Hintergründe. 

Untersuchungen von NDR, WDR und der Tagesschau haben ergeben, dass die Social-Media-App TikTok Kommentare von Nutzer:innen zensiert. Demzufolge beschränke die Plattform die Meinungsfreiheit der User.

Aufgefallen sei der Wortfilter, als das TikTok-Team der Tagesschau versuchte, Kommentare zu posten, diese allerdings für einige Nutzer:innen nicht sichtbar wurden.

In einer darauffolgenden Analyse der Kommentare erstellten die Journalist:innen verschiedene Accounts, mit denen sie dann Social Media Inhalte kommentierten.

TikTok zensiert Themen rund um LGBTQ und Nationalsozialismus

Insgesamt 1oo Wörter und Wortkombinationen überprüfte das Recherche-Team. Dabei seien 19 Begriffe bei mindestens drei Versuchen von verschiedenen Accounts nicht veröffentlicht worden.

Zu den abgelehnten Wörtern gehörten beispielsweise „Porno“ oder „Sex“. Diese wurden möglicherweise aus Jugendschutzgründen abgelehnt, vermutet das Team.

Aber auch Begriffe wie „schwul“, „queer“, „LGBTQ“ oder „homosexuell“ wurden von der Plattform nicht veröffentlicht.  Zu den betroffenen Wörtern gehörten zudem „Auschwitz“ und „Nationalsozialismus“.

China offenbar an Zensur beteiligt

Wenn Inhalte unterdrückt werden ohne das dies kenntlich gemacht wird, werde dieses Vorgehen „Shadow-Banning“ genannt, berichtet die Tagesschau. Es sei auch nicht das erste Mal, dass der Verdacht dieser Praxis entstünde.

Auch in Verbindung mit chinesischen Begriffen und Namen sei Shadow-Banning auf TikTok aufgefallen. Beispielsweise wurden Kommentare, die den Namen der chinesischen Tennisspielern Peng Shuai erwähnten, unterdrückt. Diese hatte den ehemaligen Funktionär Zhang Gaoli im vergangenen November des sexuellen Missbrauchs bezichtigt.

Das Shadow-Banning im Zusammenhang mit der chinesischen Spielerin sei darauf zurückzuführen, dass TikTok von einem chinesischen Unternehmen betrieben werde.

TikTok reagiert auf Vorwürfe

Auf Anfragen des öffentlich-rechtlichen Recherche-Teams habe sich TikTok zum Filtern bestimmter Wörter und Begriffe bekannt. Das Unternehmen habe Mechanismen eingerichtet, um potenziell schädliche Kommentare automatisiert herauszusieben, sagte eine Sprecherin gegenüber der Tagesschau.

TikTok sei sich darüber im Klaren, dass dieses Vorgehen in diesem Fall nicht zielgerichtet gewesen sei, so die Sprecherin weiter. Man arbeite mit Hochdruck daran, dieses Vorgehen zu überarbeiten.

Warum die genannten Begriffe unterdrückt wurden, können die Journalist:innen bisher noch nicht eindeutig sagen. Begriffe im Zusammenhang mit der LGBTQ-Community sowie der Geschichte des Nationalsozialismus habe die Plattform nicht veröffentlicht, obwohl sie sich öffentlich zur Zusammenarbeit mit entsprechenden Vertreter:innen bekannt hatte.

Zensur ist Eingriff in die Meinungsfreiheit

Im Zuge der Recherchen sprach das Journalist:innen-Team auch mit der „Human Rights Watch“-Expertin für neue Technologien und Menschenrechte Frederike Kaltheuner. Ihrer Ansicht nach sei es hochproblematisch, dass TikTok bestimmte Schlagworte moderiere, ohne den Nutzer:innen die Regeln klar und eindeutig zu erklären.

Dies sei ein Eingriff in die Meinungsfreiheit der User, so Kaltheuner. Die Plattformbetreiber seien dazu aufgefordert, eindeutige Regeln aufzustellen, die transparent kommuniziert und konsequent durchgesetzt werden.

Im Zuge der Berichterstattung der Tagesschau wolle TikTok eine gründliche Überprüfung des Sachverhalts starten, um diesen und potenziell ähnliche Fehler zu korrigieren, so die TikTok-Sprecherin.

TikTok steht nicht zum ersten Mal in der Kritik

Bereits in der Vergangenheit berichteten verschiedene Medien über eine, von TikTok implementierte Zensur. Auch ein Eingriff Chinas in die Meinungsfreiheit ist demnach nicht neu.

Das MIT veröffentlichte außerdem einen Artikel, in dem es den Eingriff der Plattform in die persönlichen Bios der User beschreibt. Darüber hinaus benennt das MIT auch andere Fehler und Zensurvorkommnisse TikToks.

In Deutschland nutzen etwa vier Millionen Personen TikTok, weltweit sind es eine Milliarde Nutzer:innen. Demnach gehört das Unternehmen zu den zehn größten Social Media Plattformen der Welt.

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Über den Autor

Beatrice Bode

Beatrice ist Multi-Media-Profi. Ihr Studium der Kommunikations - und Medienwissenschaften führte sie über Umwege zum Regionalsender Leipzig Fernsehen, wo sie als CvD, Moderatorin und VJ ihre TV-Karriere begann. Mittlerweile hat sie allerdings ihre Sachen gepackt und reist von Land zu Land. Von unterwegs schreibt sie als Autorin für BASIC thinking.