Google und Microsoft überschwemmen kleinere Suchmaschinen offenbar gezielt mit Spam-Anzeigen, um sich Vorteile zu verschaffen. Es gibt zudem Hinweise darauf, dass sich die beiden Tech-Konzerne prominente Anzeigenplätze selbst vorbehalten. Ein Verstoß gegen das europäische Wettbewerbsrecht?
Auch wenn Google mittlerweile über ein relativ umfangreiches Produktportfolio verfügt, verbinden wir das Unternehmen in der Regel mit der gleichnamigen Suchmaschine. Bei Microsoft ist das etwas anders, denn der Technologiekonzern ist vor allem für sein namensgleiches Betriebssystem „Microsoft Windows“ bekannt.
Allerdings zählt Microsofts Suchmaschine Bing mit einem weltweiten Marktanteil von rund zehn Prozent innerhalb von Desktop-Anwendungen zweifellos zu Googles größtem Konkurrenten. Unangefochtener Spitzenreiter und Platzhirsch ist und bleibt jedoch Google – mit einem Marktanteil von über 80 Prozent.
Kleinere Suchmaschinen wie Ecosia, DuckDuckGo und Qwant haben allein aufgrund der horrenden Marktmacht der beiden Suchmaschinen-Giganten oftmals kaum eine Chance. Vor allem dann nicht, wenn Microsoft und Google die Konkurrenz offenbar gezielt mit Spam-Anzeigen zuschütten und sich die begehrtesten Anzeigenplätze selbst vorbehalten.
Eine Quelle, die anonym bleiben möchte, hat uns diesbezüglich Informationen zugespielt, die glaubhaft belegen, dass das Vorgehen von Microsoft und Google allem Anschein nach ein Bewusstes ist. Eine umfangreiche Recherche des europäischen Ablegers der US-Tageszeitung Politico kommt zu einem ähnlichen Ergebnis.
Wettbewerbsverzerrung: Wie Microsoft und Google die Konkurrenz mit Spam-Anzeigen überfluten
Microsoft und Google leiten sogenannte Spam-Anzeigen offenbar gezielt an kleinere Suchmaschinen weiter, die ihre Suchergebnisse von den beiden Platzhirschen beziehen. Gleichzeitig schränken die beiden Unternehmen dem Vernehmen nach prominente Anzeigen-Plätze auf den Partnersuchmaschinen ein.
Der Fall weist dabei gewisse Parallelen zu einem EU-Urteil vom 10. November 2021 auf. Damals hat das Gericht der Europäischen Union (EU) ein Bußgeld in Höhe von 2,4 Milliarden Euro gegen Google verhängt, weil das Unternehmen mit seinem Dienst Google Shopping eigene Suchergebnisse bevorzugt und damit den Wettbewerb verzerrt habe.
Nun sollen Google und Bing der Konkurrenz mit einem ähnlichen Vorgehen offenbar bewusst geschadet haben. Zwar berufen sich die kleineren Suchmaschinen (teilweise zwangsläufig) auf die Ergebnisse der Konkurrenz und haben entsprechende vertragliche Vereinbarungen getroffen – auch für Anzeigen. Allerdings betrifft das sicherlich nicht Spam-Anzeigen, die der eigenen Suchmaschine schaden.
Während Ecosia, DuckDuckGo und Qwant ihre Suchergebnisse beispielsweise von Bing beziehen, greift die Suchplattform Startpage auf die Ergebnisse von Google zurück. Doch dass sich unter den Einträgen auch Spam-Anzeigen befinden, die den alternativen Suchmaschinen zudem massiv schaden, scheint ein offenes Geheimnis.
So schaden Microsoft und Google kleineren Suchmaschinen mit Spam-Anzeigen
Während der Recherchen von BASIC thinking war aus dem Ecosia-Umfeld zu hören, dass prinzipiell allen Suchmaschinen-Partnern von Google und Bing durch dieses Vorgehen massiv Einnahmen entgehen. Das könne letztlich sogar dazu führen, dass User kleineren Suchmaschinen den Rücken kehren und sich gezielt Google oder Bing selbst zuwenden.
Obwohl kleinere Suchplattformen im Prinzip dasselbe Ökosystem wie die großen Suchmaschinen nutzen, unterscheiden sich die Nutzerfahrungen auf den unterschiedlichen Plattformen mitunter erheblich. Auf den Seiten von Ecosia, DuckDuckGo und Qwant werden User sogar regelrecht mit lästigen Werbeanzeigen überhäuft.
Dem Vernehmen nach würden Google und Bing kleinere Suchmaschinen sogar mit Anzeigen fluten, die überhaupt nicht zum Suchergebnis passen. Während unserer Recherche sind wir jedoch nicht auf einen solchen Fall gestoßen.
Unterschiedliche Suchergebnisse von Werbeanzeigen geprägt – trotz identischem Ökosystem
Die unterschiedlichen Ergebnisse sind allerdings reproduzierbar. Ein Beispiel: Sucht man beispielsweise auf der ökologischen Suchmaschine Ecosia den Begriff „Champions League Finale“ erscheinen zunächst drei voneinander unabhängige Werbeanzeigen. Erst danach tauchen ein entsprechender Wikipedia-Eintrag sowie ein Link zu der UEFA-Webseite auf.
Bei der Suchmaschine Qwant, die vom gleichnamigen französischen Unternehmen entwickelt wurde, ergibt sich ein ähnliches Bild: Dort prangen zunächst sogar vier voneinander unabhängige Werbeanzeigen, bevor der entsprechende Wikipedia-Eintrag erscheint.
Bei Bing erscheinen diese Anzeige bei der selben Suchanfrage und obwohl die Plattform seine Suchergebnisse Ecosia und Qwant zur Verfügung stellt nicht. In allen drei Fällen haben wir die Suche zudem über eine deutsche IP-Adresse sowie den identischen Webbrowser durchgeführt.
Unterschiedliche Suchergebnisse auch bei Google und Startpage
Bei anderen Suchanfragen ergeben sich darüber hinaus teilweise ähnliche (mitunter erhebliche) Qualitätsunterschiede. Bei der Sucheingabe des Begriffs „Nachrichten“ spuckt Startpage beispielsweise zunächst drei voneinander unabhängige Anzeigen aus.
Bei einer davon handelt es sich sogar um die Aboseite einer Tageszeitung. Erst beim Runterscrollen erscheinen die eigentliche Nachrichteninhalte wie von Tagesschau, NTV und Co.
Anzeigen sind dabei grundsätzlich nichts Ungewöhnliches oder gar verwerflich. Der springende Punkt ist jedoch, dass Google diese Anzeigen bei der gleichen Suchanfrage nicht ausspuckt. Und das, obwohl beide Suchmaschinen eigentlich auf der selben Suchinfrastruktur basieren – nämlich der von Google.
Googlet man nämlich den Begriff „Nachrichten“ erscheint keinerlei Werbung. Die Suche spuckt direkt Verweise auf die Websites von Tagesschau, NTV und Co. aus, die bei Startpage erst weiter unten in der Suche auftauchen. Dem Vernehmen nach würde Google prominente Anzeigenplätze zudem für sich selbst beanspruchen, sodass die Konkurrenz nicht profitieren kann.
Sucht man beispielsweise den Begriff „Kühlschrank kaufen“ zeigen Google und Bing andere Anzeigen an als die Partnerplattformen Ecosia, DuckDuckGo und Qwant.
Marktmachtmissbrauch: Ist nun die EU gefragt?
Den kleineren Suchmaschinen ist dieses Vorgehen von Microsoft und Google schon lange ein Dorn im Auge. Aufgrund der Abhängigkeit zu den beiden Marktführern sind ihnen jedoch oftmals gewissermaßen die Hände gebunden.
Aus dem Ecosia-Umfeld hieß es diesbezüglich weiterhin, dass nun vor allem die EU gefragt sei, um diesem marktmissbräuchlichen Verhalten einen Riegel vorzuschieben. Google und Microsoft (beziehungsweise Bing) haben bislang nicht auf Anfragen aus der BASIC thinking-Redaktion reagiert.
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