Grün

Bäume pflanzen gegen Emissionen? Das bringt die CO2-Kompensation wirklich

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Pixabay.com / jplenio
geschrieben von Marinela Potor

Du buchst einen Flug? Kaufst ein Auto? Bestellst ein Paket? Dann kannst du deine CO2-Emissionen nahezu immer kompensieren und Bäume pflanzen lassen. Das klingt gut. Doch diese Kompensation hilft vielleicht deinem Gewissen, aber nicht immer dem Klima.

Das Versprechen ist verlockend: konsumieren ohne schlechtes (Klima-)Gewissen. Denn, egal, welches Auto du fährst, wohin und wie oft du fliegst oder welche Produkte du kaufst, du kannst es ja immer wiedergutmachen.

Per CO2-Kompensation kannst du schließlich alle entstandenen Emissionen ausgleichen. Bäume pflanzen und gut ist! Nur, so einfach wie viele Unternehmen es behaupten, ist der CO2-Ausgleich nicht. Tatsächlich hilfst du damit dem Klima weniger als du denkst.


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Bäume pflanzen: So funktioniert die CO2-Kompensation

Die CO2-Kompensation, die sich um Aufforstung dreht, macht eine simple Rechnung auf.

Auf der einen Seite stoßen wir so viel CO2 aus, dass es unser Klima empfindlich stört und unseren Lebensraum, wie wir ihn kennen, zerstören könnte.

Auf der anderen Seite entnehmen Bäume CO2 der Luft. Um also zu verhindern, dass das ausgestoßene CO2 die globale Erwärmung vorantreibt, pflanzen wir Bäume. Das sorgt dafür, dass das CO2-Level in der Atmosphäre nicht ansteigt.

Eine Studie der ETH Zürich kommt sogar zu dem Schluss, dass eine Aufforstung von Wäldern auf einer Fläche von 0,9 Milliarden Hektar zwei Drittel der von Menschen verursachten CO2-Emissionen aufnehmen könnte. Genau darum bieten viele Unternehmen an, entstandene Emissionen mit Bäumepflanzen auszugleichen.

CO2-Kompensation nur als Ergänzung gedacht

Im Alltag sieht es meist so aus, dass du beispielsweise ein Paket bestellst oder einen Flug buchst und ein Unternehmen dir anbietet, die Emissionen, die beim Versand oder beim Flug entstehen, durch das Pflanzen von Bäumen zu kompensieren.

Es gibt neben dem Bäume pflanzen auch andere Formen der Kompensation, wie etwa Investitionen in erneuerbare Energien oder Projekte, die die Reduzierung von Schadstoffen in der Landwirtschaft vorantreiben. Doch Bäume pflanzen ist häufig die bevorzugte Methode.

Ausreden statt wirkliche Reduktion

Das an sich ist zunächst nicht schlimm. Nur: Die CO2-Kompensation ist eigentlich nur als zusätzliche Klimaschutzmaßnahme gedacht. Denn Unternehmen (und Verbraucher:innen) sollten eigentlich in erster Linie dafür sorgen, dass sie ihre Emissionen reduzieren.

So schreibt etwa das Umweltbundesamt: „Erst wenn sich Treibhausgase nicht mehr vermeiden und reduzieren lassen, kommt deren Ausgleich in Betracht.“

Der CO2-Ausgleich ist also eigentlich nur als i-Tüpfelchen gedacht – und nicht als einzige und vornehmliche Klimaschutzmaßnahme. Und das ist leider fast nie der Fall.

So hat eine europäische Studie herausgefunden, dass 85 Prozent der untersuchten Ausgleichsprojekte nicht als „Ergänzung“ bezeichnet werden können und zudem in ihrer positiven Klimawirkung überschätzt werden.

Bäume pflanzen ist nicht gleich Bäume pflanzen

Was viele möglicherweise ebenfalls beim CO2-Ausgleich nicht bedanken: Bäume pflanzen ist nicht gleich Bäume pflanzen. So lassen viele Unternehmen Bäume um den Äquator herum pflanzen. Das hat mehrere Gründe.

Es ist erstens günstiger, Projekte in Ländern wie Ecuador, Kenia oder Indonesien zu unterstützen als etwa in Deutschland oder Kanada. Zweitens lassen sich dadurch mit weniger Geld mehr Bäume pflanzen. Und drittens: Um den Äquator herum wachsen Bäume sehr viel schneller als in anderen Klimaregionen und können damit schneller CO2 aufsaugen.

Denn um überhaupt Klimagase einfangen zu können, muss ein Baum mindestens zehn, am besten 20 oder 30 Jahre wachsen. Und genau hier liegt das Problem. Viele der Baum-Projekte sind nicht auf so lange Zeiträume ausgelegt.

Bäume pflanzen ist komplette Verschwendung

Denn genau in den Regionen der südlichen Halbkugel gibt es häufig keinen ausgeprägten, gesetzlich verankerten Klimaschutz. Eine neue Regierung kann hier auf Gutdünken in wenigen Monaten jahrelange Klimaprojekte zerstören, wie dies etwa momentan in Brasilien der Fall ist.

Wer also Bäume im brasilianischen Regenwald gepflanzt hat, hat angesichts der groß angelegten Rodungsprojekte womöglich einfach sein Geld verschwendet – und genau gar nichts fürs Klima getan.

In anderen Ländern, wie etwa Deutschland, gibt es Waldschutzgesetze. Diese sorgen dafür, dass es sehr schwierig ist, Wälder einfach so abzuholzen. So mag es vielleicht etwas länger dauern, bis ein Baum in Deutschland wächst oder eine Moorlandschaft floriert.

Doch die Klimaeffekte sind vermutlich nachhaltiger. Leider setzen viele Unternehmen aus Kostengründen nicht auf Aufforstungsprojekte in Europa.

Eine Wette auf die Zukunft

Auch hier weiß man aber natürlich nicht im Voraus, ob ein Baum, den ich heute pflanze, in 20 Jahren wirklich noch steht. Denn auch in Europa gibt es vermehrt Dürren, Waldbrände und Erosionen.

Man verspricht also bei der Aufforstung vollmundig Klimakompensationen heute, wettet dabei aber darauf, dass die Effekte irgendwann in der Zukunft greifen. Ob das dann wirklich so sein wird, weiß jedoch keiner so genau.

Klimaprobleme exportieren

Ein anderer Kritikpunkt an den Klimaprojekten in fernen Ländern ist, dass wir damit – mal wieder – das Klimaproblem exportieren. So sagt etwa Kathrin Hartmann, Journalistin und Autorin des Buches „Die grüne Lüge“:

Kompensationen, wie sie viele Firmen versprechen, etwa durch Bäume pflanzen, verschieben das Problem in die Zukunft und dorthin, wo Klimawandel heute schon spürbar ist: in die Entwicklungs- und Schwellenländer des globalen Südens.

Auch wird beim Pflanzen nicht immer auf die Artenvielfalt geachtet. So ist es oftmals einfacher (und billiger), Monokulturen zu etablieren, die jedoch dem Klima eher schaden als nutzen.

Wie viele Bäume muss man wirklich für einen Flug pflanzen?

Ein weiteres Problem der CO2-Kompensationen ist, dass die Methoden zur Erhebung – wie viele Bäume muss ich pflanzen, um einen Flug auszugleichen – nicht immer transparent sind.

Schmutzige Tricks

So benutzen einige Unternehmen manchmal auch einen schmutzigen Trick. Sie berechnen lediglich die direkten Emissionen – sprich, den CO2-Ausstoß, der bei einem Flug über den Atlantik entstanden ist.

Doch was ist mit den Emissionen, die dadurch entstanden sind, dass das Flugzeug gebaut wurde? Was ist mit den Emissionen, die durch den Flughafenbetrieb entstehen? Und was ist mit den Emissionen, die dadurch entstehen, dass Airline-Mitarbeitende zum und vom Flughafen pendeln?

Würde man all das mit einbeziehen, würde die CO2-Kompensation ungleich höher ausfallen.

Greenwashing

Entsprechend kann es sein, dass ein Unternehmen verspricht: Mit 100 Bäumen kompensierst du deinen Konsum. In Wirklichkeit müssten aber 1.000 gepflanzt werden. Genau ein solcher Fall wird derzeit gegen den Ölkonzern Shell vor einem Gericht in den Niederlanden verhandelt.

Shell hatte hierbei durch einen CO2-Ausgleich beim Kauf Klimaneutralität versprochen. Es stellte sich aber heraus, dass die Berechnungen nicht korrekt waren und der Konzern damit womöglich Greenwashing betrieben hat.

Das kann man natürlich nicht auf alle Unternehmen beziehen. Es gibt durchaus Betriebe, die mit Umweltschutzorganisationen arbeiten und sich ihre CO2-Emissionen sehr exakt (soweit möglich) berechnen lassen.

Wenn ein Unternehmen dies tut, findest du dies aber meist auch sehr transparent in den jeweiligen Klimaschutzmaßnahmen dargelegt. Es gibt zudem einen CO2-Rechner, den das Umweltbundesamt erstellt hat, der im Zweifelsfall ein guter Vergleichspunkt sein kann.

Dem Klima schaden, aber ohne schlechtes Gewissen

Doch das größte Problem der CO2-Kompensation ist nicht unbedingt die Effizienz der Maßnahmen selbst. Vielmehr fördert das Konzept ein gefährliches, weil trügerisches, Konsumverhalten.

Denn die Botschaft, die mit dem CO2-Ausgleich vermittelt wird, ist: Du kannst genauso weitermachen wie bisher und alles konsumieren, was du möchtest, ohne dabei ein schlechtes Gewissen haben zu müssen. Wir sind ja klimaneutral und pflanzen Bäume.

Und genau das ist nicht die Botschaft, die gesendet werden sollte, wenn es darum geht, die globale Erwärmung zu stoppen. Das kritisieren jedenfalls viele Umweltorganisationen am Bäume pflanzen.

CO2-Kompensation? Wir müssen unser Verhalten ändern

Denn so wie das Bäume pflanzen derzeit betrieben wird, schaufelt man den Dreck einfach nur von einem Eimer in einen anderen, hat am Ende aber nicht weniger Schmutz. Die viel ehrlichere Botschaft wäre darum: Wir müssen unser Verhalten ändern.

Denn es ist ein Trugschluss zu glauben, dass eine Kreuzfahrt nachhaltig ist, wenn du die Emissionen kompensierst. Sehr viel nachhaltiger wäre es, eine Zugreise durch Europa zu unternehmen oder wenn das Kreuzfahrtschiff nachhaltigen Treibstoff verwenden würde.

Doch das würde erfordern, dass Anbieter und Reisende ihr Verhalten ändern. Bäume pflanzen lassen, ist da oft einfacher.

So kann die CO2-Kompensation und das Bäume pflanzen zwar durchaus eine sinnvolle Ergänzung zum Klimaschutz sein und es gibt auch wirklich nachhaltige Ansätze in diesem Bereich. Wer aber denkt, dass man damit allein das Klima rettet, irrt sich gewaltig.

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Über den Autor

Marinela Potor

Marinela Potor ist Journalistin mit einer Leidenschaft für alles, was mobil ist. Sie selbst pendelt regelmäßig vorwiegend zwischen Europa, Südamerika und den USA hin und her und berichtet über Mobilitäts- und Technologietrends aus der ganzen Welt.

3 Kommentare

  • Ich finde man sollte nicht außer acht lassen dass ein Wald als regelrechte „Kühlkammer“ dienen kann und somit auch etwas gegen einen Temperaturanstieg entgegenwirkt. Wohin gegen asphaltierte Flächen, Hohe Häuser usw. einen Wärmekessel bilden.

    Also wäre hier vor allem Bepflanzung in Städten sinnvoll. Denn den Unterschied ob man in einer Allee läuft oder eine Straße ohne jegliche Bäume und Bepflanzung spürt man Deutlich.
    Auch die umliegenden Wohnhäuser würden im Sommer davon profitieren und deutlich weniger Energie für Kühlung verbrauchen.

    Es ist also vor allem eine Frage wo wird gepflanzt.

    Und natürlich sollte generell das Konsumverhalten überdacht werden und vor allem die Einstellung: ich buche mir einen Flug, dafür lass ich irgendwo Bäume pflanzen und das Problem ist aus der Welt.

    • Das ist eine gute Anmerkung, Städte sind regelrechte Hitzeinseln, auch wenn es hier schon erste Ansätze gibt, mit vertikaler Bepflanzung, z.B.Moos auf Häuserwänden gegenzuwirken. Aber natürlich sollte es auch damit anfangen, dass man die CO2-Kompensation nicht als Freischein für verschwenderisches Verhalten sieht, sondern, wie du sagst, idealerweise sein Konsumverhalten überdenkt (und ändert). Das ist aber schwerer…

  • @S.k. Das Argumentmit der Kühlkammer ist sehr gut! Zudem ist die Luft in einem Wald immer etwas feuchter, woraus ja der Temperaturunterschied resultiert und der darum feuchtere Boden kann dann auch noch mit Sturzregen fertig werden! Anders, wie der versiegelte Boden, rund um begradigte Flüsse!

    Leider befassen sich unsere Politiker nur mit Verboten und nicht damit, wie man die Natur gestalten kann, dass die Natur auch mit dem Menschen klar kommt.
    Anstatt Freizeitflächen zu versiegeln, sollte man Grün anpflanzen, wo es nur geht! Eben auch möglichst viel in den Städten!

    Ganz schlimm ist dann auch noch das Verhalten unserer Medien… das Madigmachen der Begrünung, da es ja ohnehin nicht soviel bringt, wie das verbieten der fossilen-Brennstoffe.
    Nicht, dass man mit den Energien so weitermachen sollte aber man sollte erst einmal für richtige Alternativen sorgen, bevor man Alles verbietet.