Grab beziehungsweise die Grab-App ist die größte Ridesharing-App in Südostasien und hat Uber sogar aus der Region vertrieben. Wie kann das sein? Wir werfen einen Blick auf die Entwicklung des Unternehmens vom Start-up zum Decacorn.
Wer in Malaysia, Singapur oder Vietnam an Ridesharing denkt, denkt an Grab. Die App hat eine erstaunliche Entwicklung vom Studenten-Start-up zum Milliardenunternehmen gemacht und lässt Uber in Südostasien ziemlich armselig aussehen.
Was ist das Erfolgsgeheimnis von Grab? Wieso ist die App beliebter als Uber? Wir blicken auf die bewegte Geschichte des Unternehmens, die zeigt: Mit Vorsicht und Taktik lässt sich manchmal mehr erreichen als mit Aggressivität und Größe.
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Grab: Eine App und ihre Anfänge
Die Grab-App wurde 2012 in Malaysia von zwei Studenten entwickelt: Anthony Tan und Tan Hooi Ling. In ihren Anfängen war Grab eine Taxi-App, vergleichbar mit Mytaxi in Deutschland.
Mit diesem Konzept expandierte das Start-up in den ersten Jahren unter dem Namen Grab Taxi nach Singapur, Indonesien und Thailand. 2014 ging es schließlich weiter auf die Philippinen und nach Vietnam. Hier war die App als Grab Bike bekannt. Insbesondere in diesen Ländern traf die Taxi-App einen Nerv.
Denn in diesen Ländern sind Taxis für viele Menschen das Fortbewegungsmittel Nummer eins. Vor Grab gab es allerdings keine (gut funktionierenden) offiziellen Taxidienste.
Grab-App um Essenslieferung und Payment erweitert
2016 erweiterte das Start-up seine Dienste um Essenslieferungen – sehr ähnlich zum Angebot Uber Eats von Konkurrent Uber. In diesem Jahr benannte sich das Unternehmen schließlich um und heißt seitdem einfach „Grab“.
In den folgenden Jahren kamen weitere Dienste hinzu wie etwa Grab Car. Dabei kannst du eine Person buchen, die dich in deinem eigenen Auto zurück nach Hause fährt. Grab Pay ist wiederum ein Bezahldienst, mit dem man unkompliziert in 30 verschiedenen Währungen bezahlen kann.
All das führte dazu, dass Grab 2016 zum Unicorn (Marktbewertung von einer Milliarde US-Dollar) wurde. Lediglich ein Jahr später war die Grab-App mit über 125 Millionen Downloads zum größten Ridesharing-Dienst in Asien gewachsen und galt mit einer Unternehmensbewertung von über zehn Milliarden US-Dollar als Decacorn.
Uber hat derweil in Südostasien das Nachsehen.
Wie konnte Grab so schnell so erfolgreich werden?
Um zu verstehen, warum Grab erfolgreicher ist als Uber, hilft ein Blick auf Ubers Marktstrategien, die sich von Grab deutlich unterscheiden.
Ubers Stampf-Strategie
Uber verfolgt in der Regel eine sehr aggressive Expansionsstrategie. Wenn das Unternehmen einen neuen Markt anvisiert, führt der Konzern sein in den USA bewährtes Ridesharing-Modell häufig gezielt in einer oder gleich mehreren großen Metropolen ein.
Uber spricht sich dabei in der Regel nicht mit örtlichen Behörden ab, um etwaige Regulierungen zu beachten – auch wenn es natürlich Ausnahmen gibt. Das gibt dem Ridesharing-Dienst Zeit, eine große Nachfrage zu schaffen sowie eine große Anzahl an Fahrer:innen zu beschäftigen. Diese Fahrer:innen werden zudem aggressiv rekrutiert.
Die Kombination aus vielen Angestellten und einer großen Nachfrage ist dann oftmals ein großes Druckmittel in den Verhandlungen mit Behörden.
Lobby-Arbeit und Schmutzkampagnen
Bei zu viel politischem Widerstand investiert Uber in Lobby-Arbeit und geht manchmal auch so weit, kritische Journalist:innen öffentlich durch den Dreck zu ziehen. Notfalls geht Uber auch durch alle Instanzen, um seine Dienste durchzuboxen.
Einige nennen Ubers Markteintritt-Strategie auch ein „Einstampfen“. Das mag in einigen Fällen funktionieren. In vielen Märkten handelt sich Uber aber damit ein negatives Image ein, sodass Kund:innen und Fahrer:innen ganz bewusst zur Konkurrenz gehen, etwa zu Grab.
Grab-App verfolgt lokale Strategie
Grab wirkt für viele attraktiver, weil das Start-up von Anfang an einen anderen Ansatz verfolgt als Uber. Anstatt einem Markt sein Modell „aufzuzwingen“, schaut Grab sich vorab sehr genau die lokalen Märkte an und passt sein Modell daran an – von der Sprache über die Dienste bis hin zum Marketing.
Anstatt also – wie etwa Uber – ein Modell einfach aus einem Land in ein anderes zu kopieren, arbeitet Grab sehr viel lokaler. Rollouts von Diensten erfolgen nie im großen Maßstab für gesamte Märkte, sondern regional.
Dazu muss man aber auch sagen, dass Grab diesen Ansatz genauso aggressiv verfolgt hat wie Uber seinen – und das gestützt von einem großen Budget von Investoren. Letztlich ist Grabs Strategie aufgegangen, während Uber gescheitert ist.
Passgenaue Dienste entwickeln
Dahinter steckt auch die smarte Einsicht, dass ein Ansatz für die Grab-App nicht für alle Märkte gleich funktionieren kann. Uber denkt zum Beispiel gar nicht daran, dass Menschen in bestimmten Regionen gar keine Smartphones haben.
Grab wiederum erkennt dies nicht nur, sondern ist dann auch in der Lage seine Dienste entsprechend anzupassen – und das sehr schnell. So gab es in bestimmten Märkten von Anfang an die Möglichkeit mit Bargeld zu zahlen. Das ist etwas, das Uber erst Jahre später einführte.
Angebot an Nachfrage anpassen
Dies zeigt einen weiteren großen Unterschied zu Uber. Uber erzeugt in der Regel eine Nachfrage für sein Angebot. Grab dagegen schaut, wo die Bedürfnisse einer potenziellen Kundschaft liegen und baut dann sein Angebot darum herum.
Damit konnte das Unternehmen sehr präzise Marktlücken erkennen und schließen – und zwar genau mit den Diensten, die im jeweiligen Markt erwünscht waren. So bietet Grab zwar genau wie Uber sehr viele Dienste aus einer Hand. Diese variieren aber je nach Region oder lokalem Markt.
Vertrauen und Image
Und schließlich hat Grab sich wesentlich mehr um Kund:innen und Fahrer:innen bemüht als Uber. Während Uber als Arbeitgeber immer wieder in der Kritik steht und es auch mit dem Datenschutz seiner Kunden nicht so ernst nimmt, gibt es für Grab-User kleine Guthaben, wenn sie den Dienst nutzen.
Auch Fahrer:innen werden besser behandelt und fairer bezahlt – und all das bei kompetitiven Preisen.
Das führt letztlich dazu, dass Grab einen hervorragenden Dienst anbietet und von einem besseren Image profitiert. Die letzte Konsequenz daraus war schließlich, dass Uber 2018 seine Südostasien-Präsenz an Grab verkaufte.
Grab-App: Sanfte Strategie langfristig erfolgreicher
Grab und Uber bieten zwar im Grunde fast identische Dienste könnten aber als Unternehmen nicht unterschiedlicher sein.
Während Uber seine Märkte von oben nach unten aufrollt, stellt Grab die Menschen in den Mittelpunkt und baut sein Angebot um diese herum. Eine derart sanfte Strategie mag aufwendiger sein. Langfristig kann dies aber zu nachhaltigerem Erfolg führen.
Doch wer denkt, Grab sei damit der große Gewinner, irrt. Der eigentliche Gewinner im Kampf der Ridesharing-Dienste ist vor allem Softbank, das schon früh in beide Dienste investiert hatte und darüber hinaus Anteile an gleich mehreren Ridesharing-Diensten weltweit hält.
Das könnte künftig auch neue Konkurrenz für Grab bedeuten. Denn auch hier werden erste Stimmen laut, die sich um eine zu große Monopolstellung des Unternehmens sorgen. Und Wettbewerber wie Go-Jek stehen schon in den Startlöchern.
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