Der Axel Springer Verlag hat BILD-Chefredakteur Julian Reichelt entlassen. Doch auch bei Apple und Netflix gibt es Unruhen im Personalbereich. Über öffentlichen Druck, ausbleibende Veränderungen und eine fragwürdige Unternehmenskultur. Ein Kommentar.
Springer entlässt Julian Reichelt
Die Entlassung von Julian Reichelt, dem ehemaligen Chefredakteur der Bild-Zeitung, hat hohe Wellen geschlagen. Am 18. Oktober 2021 ließ der Axel Springer Verlag verlauten, Reichelt mit sofortiger Wirkung von allen seinen Ämtern zu entbinden.
Im Raum stehen Machtmissbrauchsvorwürfe und unternehmensinterne Liebesbeziehungen. Die offizielle Begründung von Springer: Reichelt habe Berufliches und Privates nicht ausreichend getrennt. Dem Verlag gegenüber habe er zudem die Unwahrheit gesagt. Doch die Begründung erscheint fadenscheinig und wird der eigentlichen Sachen nicht gerecht.
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Wird es bei Springer überhaupt Veränderungen geben?
Die offizielle Pressemitteilung von Springer erweckt den Eindruck, dass der Verlag selbst die Entscheidung eigentlich nicht getroffen hätte. Es scheint so, als würde man vor allem dem öffentlichen Druck nachgeben.
So äußerte Matthias Döpfner, Vorstandsvorsitzender der Axel Springer SE, beispielsweise, dass man den eingeschlagenen Weg mit Julian Reichelt gerne fortgeführt hätte.
Zudem habe Springer rechtliche Schritte gegen diejenigen eingeleitet, „die versucht haben, die Compliance-Untersuchung vom Frühjahr mit rechtswidrigen Mitteln zu beeinflussen und zu instrumentalisieren.“ Eine vermeintliche Einflussnahme, mit der Springer letztlich selbst die Entlassung begründet.
Seltsames Verhalten von Verleger Dirk Ippen
Seltsam ist auch das Verhalten des Verlegers Dirk Ippen, der im Vorfeld der Entlassung von Julian Reichelt eine Recherche des Ippen-Investigativ-Teams unterbunden hatte. Die Begründung: Ippen wolle potenzielle Wettbewerbsverzerrung verhindern.
Was das Aufzeigen von Missständen sowie Machtmissbrauchsfällen mit Wettbewerbsverzerrung zu tun haben soll, erschließt sich mir jedoch nicht. Ein Großteil der Vorwürfe, die letztlich Grund für die Entlassung von Reichelt waren, kam im Zuge einer Recherche der New York Times dennoch ans Licht.
Mit Blick auf die Pressemitteilung wird es bei der Bild-Zeitung in puncto Unternehmenskultur vermutlich kaum Veränderungen geben. Von den zahlreichen Rügen vom Presserat, fadenscheiniger Berichterstattung und dem Vorwurf, Aktivismus zu betreiben, mal abgesehen.
Entlassungen auch bei Netflix und Apple
Wie der Axel Springer Verlag präsentieren sich Apple und Netflix nach außen hin gerne als moderne, fortschrittliche und transparente Unternehmen. Doch der Schein trügt!
Im Gegensatz zu Springer stehen bei Netflix und Apple zwar nicht die Verantwortlichen in der Schussbahn. Der öffentliche Druck wird jedoch genauso heruntergespielt. Nur um dann wiederum gegen die eigene Belegschaft zu schießen, um von den eigentlichen Vorwürfen abzulenken.
Streiks und Kritik passen nicht zur Unternehmenskultur
Im Zusammenhang mit der lautstarken Kritik aus den eigenen Reihen haben beide Unternehmen nun sogar Angestellte entlassen. Im Falle von Apple geht es dabei um die Anführerin der betriebsinternen Protestgruppe #AppleToo, die Missstände im Unternehmen kritisiert.
Streaming-Anbieter Netflix wiederum hat einer Person die Kündigung ausgesprochen, die zu den Organisatoren eines geplanten Streiks zählt. In beiden Fällen lautet der Kündigungsgrund jedoch: Weitergabe von betriebsinternen Informationen.
Auch in Deutschland wurde kürzlich ein ähnlicher Fall bekannt. So hat der Lieferdienst Gorillas vor Kurzem zahlreichen Angestellten fristlos gekündigt, die an Streiks beteiligt waren. Offizielle Begründung hier: Die Proteste seien nicht angemeldet gewesen.
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