Mit dem Beginn der industriellen Revolution haben Unternehmen und Gewerkschaften damit begonnen, das Gehalt an die Arbeitszeit zu binden. In der Zwischenzeit ist diese Lohnstruktur jedoch überholt. Deshalb müssen wir endlich Gehalt nach Leistung zahlen. Ein Kommentar.
Die 40-Stunden-Woche als Standard
Die meisten Menschen in Deutschland haben ungefähr einen 8-Stunden-Tag, der dann in einer 40-Stunden-Woche mündet. Manche Arbeitnehmer:innen arbeiten 42 Stunden, andere wiederum nur 38,5 Stunden.
Der Fakt im Jahr 2021 ist jedoch, dass die Mehrheit ungefähr acht Stunden ihres Tages zwischen Montag und Freitag vor Ort im Büro verbringt. Zwar ist durch die Corona-Pandemie immerhin der Arbeitsplatz unwichtiger geworden. Am Faktor Zeit hat sich jedoch (fast) nichts verändert.
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8 Stunden Arbeit, 8 Stunden Schlaf, 8 Stunden Entspannung
Grundsätzlich ist der 8-Stunden-Tag auch nichts Schlechtes. Im Gegenteil: Als die Arbeiterbewegung um den walisischen Unternehmer Robert Owen zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Einführung einer täglichen Arbeitszeit von acht Stunden forderte, war dieser Schritt fortschrittlich.
Jeder Mensch solle acht Stunden arbeiten, acht Stunden schlafen und acht Stunden mit Freizeit und Erholung verbringen.
Was für uns heutzutage selbstverständlich erscheint, war damals eine Revolution auf dem Arbeitsmarkt. Der 8-Stunden-Arbeitstag sollte eine Schutzmaßnahme darstellen. Er sollte verhindern, dass die Angestellten im Zuge der aufkommenden industriellen Revolution ausgebeutet werden.
Henry Ford etabliert den 8-Stunden-Tag
Doch obwohl die Idee nach einem besseren Ausgleich zwischen Freizeit und Arbeit schon früh entstand, dauerte es rund um den Globus ungefähr ein Jahrhundert ehe sich das neue Arbeitsmodell flächendeckend in den großen Industrie-Nationen durchsetzen konnte.
Als einer der Wegbereiter gilt gemeinhin Henry Ford. Der Autobauer erklärte am 5. Januar 1914, dass die Arbeitszeit in den Werken von neun auf acht Stunden reduziert und der Mindestlohn von 2,34 auf 5,00 US-Dollar pro Tag angehoben wird.
Und obwohl es noch einige Jahre dauerte, gibt es im 21. Jahrhundert in den meisten Nationen dieser Welt einen fixen 8-Stunden-Arbeitstag. Dabei zeigt allerdings ein Blick nach Afrika oder Asien, dass es noch viele Regionen gibt, in denen wir noch immer auf dem Stand des 18. Jahrhunderts sind.
Bekommen wir Gehalt nach Leistung?
Diese Meinung könnte man beispielsweise bekommen, wenn man den Äußerungen und Schlussfolgerungen vom New-Pay-Experten Sven Franke folgt. Der selbsternannte „Antiberater“ spricht im Interview mit Xing News beispielsweise davon, dass das Modell „Gehalt nach Leistung“ ausgedient habe.
„Wir rücken diesen Leistungsgedanken zu sehr in den Fokus“, sagt Franke und ergänzt: „Und der zweite Aspekt, also der Begriff Leistung, der kommt aus dem Akkordlohn, da war Leistung messbar. Aber heutzutage haben wir solche Jobs nicht mehr. Was ist also Leistung? Wir rücken diesen Leistungsgedanken zu sehr in den Fokus.“
Das Gehalt ist nicht an die Leistung, sondern die Arbeitszeit gekoppelt
Grundsätzlich teile ich die Meinung von Sven Franke. Auch ich bin fest davon überzeugt, dass wir neue Lohn- und Gehaltsmodelle brauchen. Allerdings benötigen wir in Deutschland endlich ein Lohnmodell, das Gehalt nach Leistung ausschüttet.
Aktuell ist das Modell nämlich kaum in seiner Reinform vertreten. Vielmehr ist das Gehalt (und somit auch die Arbeitsleistung) an die Arbeitszeit gekoppelt. Das heißt: Wer acht Stunden im Büro sitzt, bekommt am Ende des Monats sein Gehalt gezahlt.
Dabei ist es zunächst einmal unabhängig davon, wie viel ein Angestellter tatsächlich leistet. Eine Mitarbeiterin, die fünf Projekte pro Tag abschließt, bekommt in der Regel genauso viel Gehalt wie ein Mitarbeiter, der zwei Projekte pro Tag abschließt.
Natürlich ist es so, dass ein Minimum an Arbeitsleistung vorausgesetzt wird. Wer überhaupt nicht arbeitet, muss mit einer Kündigung rechnen. Trotzdem sind wir weit entfernt von einer leistungsbasierten Vergütung.
Gehalt nach Leistung: Wir brauchen neue Arbeitsmodelle
Genau das wäre jedoch der Schritt zu einer faireren und ausgeglicheneren Arbeitswelt. Wenn wir damit anfangen, Gehalt nach Leistung zu bezahlen, sorgen wir dafür, dass diejenigen, die mehr Arbeit in kürzerer Zeit leisten, auch dafür entlohnt werden.
Das gibt uns zugleich die Möglichkeit, den 8-Stunden-Arbeitstag hinter uns zu lassen. Unternehmer wie Lasse Rheingans zeigen beispielsweise, dass ein 5-Stunden-Tag bei gleichem Gehalt möglich ist, wenn den Mitarbeiter:innen die Möglichkeit geboten wird, effektiv und konzentriert zu arbeiten.
Das heißt: Wer fünf Stunden ohne Kaffeeklatsch oder Smartphone-Daddelei konzentriert und fokussiert arbeitet, leistet das gleiche (oder sogar noch mehr) als jemand, der zwar acht Stunden im Büro sitzt, jedoch nie eine Deep-Work-Phase erreicht.
Dementsprechend ist es essenziell, dass Unternehmen, in den Bereichen, in denen es möglich ist, das Gehalt von einer fixen Arbeitszeit entkoppeln und es den Mitarbeiter:innen, die schneller und leistungsfähiger sind, ermöglichen, das gleiche Gehalt in kürzerer Arbeitszeit zu verdienen.
Der 8-Stunden-Tag als sozialer Auffangschirm
Natürlich wäre es fatal, den 8-Stunden-Tag komplett abzuschaffen. Schließlich gibt es Menschen, die schlichtweg weniger Leistung erbringen können. Für diese Menschen ist es wichtig, dass die arbeitsrechtlichen Errungenschaften der letzten zwei Jahrhunderte bestehen bleiben.
In diesem Fall dient der 8-Stunden-Tag jedoch eher als sozialer Auffangschirm, sodass wir nicht vollkommen zu einer Leistungsgesellschaft verkommen, die nur die Menschen fördert, die schnell und effektiv arbeiten.
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