Neben batteriebetriebenen Elektroautos galten Wasserstoffautos lange als das zweite Standbein der nachhaltig betriebenen Fahrzeuge. Nun hört man kaum noch etwas von dieser Antriebsvariante. Wieso ist das so? Eine Bestandsaufnahme.
Volkswagen hat es getan. Mercedes auch. Und auch BMW spielt mit dem Gedanken, den Wasserstoffautos den Rücken zu kehren. Zumindest teilweise. Dabei galt die Technologie lange, neben den batteriebetriebenen Elektrofahrzeugen, als große zweite Hoffnung der emissionsfreien Mobilität. Was ist passiert?
Wasserstoffautos und ihre Probleme
Genau wie Elektroautos mit Batteriezellen sind auch Wasserstoffautos Elektroautos. Dabei funktionieren Wasserstoffautos mit Brennstoffzellen. Vereinfacht gesagt, verwandelt die Brennstoffzelle chemische Energie in elektrische Energie.
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Es gibt zwar auch Fahrzeuge mit Wasserstoffverbrennungsmotor. Doch in diesem Zusammenhang sind die elektrischen Brennstoffzellenfahrzeuge gemeint.
Große Reichweiten, schnelles Tanken
Diese Wasserstoffautos haben in der Tat viele Vorteile. Sie haben eine hohe Energiedichte und die Tanks halten so viel Treibstoff, dass ein Wasserstoffauto locker Reichweiten von 400 Kilometer erreicht. In einigen Fällen haben Hersteller sogar Modelle mit über 1.500 Kilometern Reichweite entwickelt.
Auch das Tanken dauert nur wenige Minuten und ist damit wesentlich schneller als das Laden von Akkus. Doch die Technologie weist auch verschiedene Schwachstellen auf.
Schlechter Wirkungsgrad
Der Wirkungsgrad (allein beim Fahren) von Brennstoffzellenautos liegt bei 50 Prozent. Das ist zwar immer noch doppelt so gut wie bei einem Diesel oder Verbrenner. Doch im Vergleich mit einem Wirkungsgrad von 90 Prozent der Batteriezellen in Akkus ist das immer noch sehr dürftig.
Auch die Lagerung, der Transport und das Tanken sind kompliziert. Wasserstoff kann weder einfach gelagert noch durch Pipelines gepumpt werden, sondern muss in speziellen LKWs transportiert werden. Das ist weder effizient noch besonders nachhaltig.
Hohe Kosten für Wasserstoffautos
Durch die Druckunterschiede, die beim Betanken entstehen, muss zwischen zwei Tankvorgängen immer etwas Zeit vergehen. Das beschränkt die Anzahl der Autos, die an einer Zapfsäule betankt werden können.
Auch in der Wartung und Anschaffung entstehen bei der Brennstoffzelle höhere Kosten. Auch ist Wasserstoff teurer als Strom.
Nachhaltiger Wasserstoff noch unausgereift
Ein weiteres Problem ist die Erzeugung des Wasserstoffs selbst. Denn der meiste Wasserstoff stammt bislang aus der Erdgasproduktion. Das ist alles andere als klimafreundlich.
Wasserstoff lässt sich zwar unter anderem durch Elektrolyse und Strom aus erneuerbaren Energien auch komplett emissionsfrei gewinnen. Dieser Prozess ist aber bislang noch sehr aufwendig und erfordert sehr viel Energie, womit wir wieder bei der Effizienz wären.
Zusammengenommen hat dies dazu geführt, dass die Nachfrage nach Wasserstoffautos sehr niedrig ist. Und selbst wer eines fährt, steht vor einem weiteren Problem: Wasserstofftankstellen sind momentan Mangelware.
So ist es nicht verwunderlich, dass man auf deutschen Straßen momentan lediglich zwei Wasserstoffauto-Modelle sieht: den Toyota Mirai und den Hyundai Nexo.
Was soll die Politik fördern?
Ist es daher überhaupt sinnvoll den Wasserstoffantrieb zu fördern? Das kann man tatsächlich unterschiedlich beantworten.
Denn lange Zeit waren Akku-Fahrzeuge auch alles andere als massentauglich, geschweige denn verbraucherfreundlich. Erst die massive Forschung in diesem Bereich (auch politisch unterstützt) hat die Technologie verbessert und nun auf ein neues Niveau gehoben.
Das gleiche könnte mit Wasserstoffautos passieren, wenn man die Technologie entsprechend fördern würde, glauben viele Befürworter:innen. Andere wiederum sagen: Warum sollen wir Steuergelder in eine derart ineffiziente Technologie stecken, für die auch keine akute Nachfrage besteht?
Gleiches gilt für die Überlegungen von Fahrzeugentwicklern. Es ist schließlich teuer, in die Forschung und Entwicklung von gleich zwei neuen Technologien zu investieren.
Das Aus für Wasserstoffautos?
Werden wir also bald keine Wasserstoffautos mehr sehen? Das wäre ein voreiliger Schluss. Vielmehr stellt sich die Frage: In welchem Kontext sind Elektroautos mit Akku sinnvoller und wo lassen sich Wasserstoffautos besser einsetzen?
Denn so viele Fortschritte im Bereich der Elektroauto-Akkus auch in den letzten Jahren gemacht wurden: Die Reichweiten sind immer noch verhältnismäßig gering.
Das gilt insbesondere für Nutzfahrzeuge wie LKW, die sehr viel weitere Strecken bewältigen müssen als Privatautos. Auch gibt es hier oftmals Zeitdruck für Fahrer:innen, sodass „entspannte“ Ladezeiten von 30 Minuten alle paar Stunden nicht gerade förderlich sind.
Genau hier könnte die Wasserstofftechnologie eine Lücke schließen.
Hoffnungsträger LKW
Autohersteller wie Daimler oder auch Hyundai haben das durchaus erkannt. So hat Daimler vor Kurzem einen neuen Prototyp eines Wasserstoff-LKW, den GenH2-Truck vorgestellt. Während der Autobauer also im PKW-Bereich vorerst keine Brennstoffzellentechnologie einsetzen will, sieht man das wohl bei Nutzautos anders.
Hier können die Fahrzeuge schließlich von den langen Reichweiten durchaus profitieren, die Akku-Autos bislang noch nicht bieten.
Die Hyundai Motor Group wiederum präsentierte erst kürzlich auf dem internationalen Wasserstoffforum „Hydrogen Wave“ seine neue Wasserstoff-Strategie. Demnach will das Unternehmen bis 2028 seine komplette Nutzfahrzeugpalette auf Wasserstoff umrüsten.
Auch hier liegt der Schwerpunkt aber wohlgemerkt auf Nutzfahrzeugen, nicht auf PKW. Doch auch darüber hinaus könnte Wasserstoff vielfältig eingesetzt werden.
Einsatzbereiche für Wasserstoff vielfältig
Betreiber wie Alstom etwa zeigen mit Projekten wie Coradia Ilint: Auch in der Zugfahrt kann der Wasserstoffantrieb funktionieren. Gleiches gilt für Stadtbusse.
Hamburg und Bremerhaven gehen hierbei mit gutem Beispiel und Projekten für grüne Wasserstoffbusse voran. Und auch der Fernbus-Anbieter Flixbus hat in dieser Richtung experimentiert.
Auch muss man sagen: Nur weil der Wasserstoff vielleicht für Fahrzeuge nicht ideal ist, ist der Energieträger daher noch lange nicht überflüssig. Denn immer dort, wo es auf den Wirkungsgrad nicht ankommt, kann Wasserstoff durchaus sinnvoll sein, etwa als Speicher von überschüssiger Energie in der Wind- und Solarstromerzeugung.
Es gibt aber auch weitere Szenarien für den Einsatz von Wasserstoff. Etwa in der Industrie, wo das Verbrennen von Wasserstoff nachhaltiger ist als das Verbrennen von Kohle. Aus grünem Wasserstoff lässt sich zudem auch nachhaltiger Dünger herstellen.
Grünen Wasserstoff vorantreiben
Wichtig ist dabei aber in erster Linie, die Verfahren zur Herstellung von grünem Wasserstoff voranzutreiben. Auch hier gibt es aber vielversprechende Projekte.
So hat das Unternehmen Lhyfe in Frankreich gerade einen großen Wasserstoffwindpark eröffnet. In Deutschland gibt es ähnliche Vorhaben. Es gibt sogar Versuche, nachhaltigen Wasserstoff aus Abwasser zu gewinnen.
Auch wenn sich Wasserstoffautos im PKW-Bereich möglicherweise nicht durchsetzen werden: Das Potenzial für Wasserstoff im Kampf gegen den Klimawandel ist dennoch sehr groß.
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Was in den meisten Artikeln (auch in diesem) zu kurz kommt, Folgendes:
Wasserstoff ist eine technologisch weit gereifte Möglichkeit, Strom in chemisch gespeicherte Energie umzuwandenln – damit ist er eine sofort technisch machbare Möglichkeit, die Unstetigkeit von Sonne und Wind (die das Stromnetz massiv destabilisieren) abzupuffern.
Man könnte, entsprechende Elektrolysekapazitäten vorausgesetzt, auch bei massivem Ausbau von Wind und Sonne den überschüssigen Strom in Wasserstoff stecken und entsprechend für die diversen angesprochenen Zwecke nutzen. Im Notfall – wenn weder Sonne scheint noch Wind weht – kann man den Wasserstoff auch wieder verstromen … analog zu einem Pumpspeicherkraftwerk, das mit 75% auch keinen so tollen Wirkungsgrad hat. Da überschüssiger Strom z.T. zu negativen Preisen verkauft wird, würde dadurch sogar der Wasserstoff billiger. Zudem kann man Elektrolyse fast überall (und somt nahe der Stromerzeugung) betreiben, während günstige Standorte für Pumpspeicherkraftwerke rar gesät sind und damit ggf. lange Leitungen bedingen.
Und zug uter Letzt sind kürzlich Elektrolysezellen entwickelt worden, die mit Salzwasser arbeiten können, d.h. der Strom aus Offshore-Windparks könnte direkt auf See in H2 umgewandelt werden …
Und warum sollte man Wasserstoff nicht in Pipelines transportieren können ?