Die Deutsche Umwelthilfe hat eine Klimaschutzklage gegen Daimler und BMW eingereicht. Der Umweltverband fordert: Die Autobauer sollen ab 2030 keine Autos mit Verbrennungsmotoren mehr bauen dürfen. Weitere Klagen gegen Energiekonzerne und Autobauer könnten folgen.
Klimaschutzklage fordert Verbrenner-Aus ab 2030
Nachdem die Deutsche Umwelthilfe (DUH) bereits Anfang September mit einer Klage gegen Daimler und BMW gedroht hatte, machte der Verband am gestrigen Montagabend ernst. Die DUH reichte jeweils eine Klageschrift gegen BMW beim Landgericht München und beim Landgericht Stuttgart gegen Daimler ein.
Die DUH fordert in der Klimaschutzklage: Die Autobauer müssen sich auf ein weltweites Verbrenner-Aus bis spätestens 2030 festlegen.
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Denn aus Sicht der DUH verstoße eine Produktion von Autos mit Verbrennungsmotoren gegen das wegweisende Klimaurteil des Bundesverfassungsgerichts.
Vorwurf: Daimler und BMW überschreiten CO2-Budget
Die DUH stützt sich dabei unter anderem auf verschiedene Studien, Statistiken und die Verkaufszahlen der Autobauer und argumentiert: Wenn BMW und Daimler weiterhin Diesel und Benziner produzieren, überschreiten sie ihr CO2-Budget.
Dieses CO2-Budget bezieht sich einmal auf das nationale CO2-Budget sowie auf das globale Budget. Die Grundlage dafür sind die Berechnungen des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen, IPCC, wie es in den Klageschriften heißt.
Laut IPCC betrug das globale CO2-Budget laut dem jüngst veröffentlichten Sechsten Sachstandsbericht ab dem 1. Januar 2020 noch 550 Gigatonnen CO2, um mit einer Wahrscheinlichkeit von 83% die Erderwärmung auf 1,7 °C zu beschränken.
National heruntergebrochen hat der Sachverständigenrat für Umweltfragen der Bundesregierung (SRU) ein deutschlandweites CO2-Budget berechnet. Dieses lag 2020 bei 6,7 Gigatonnen. Die DUH ist der Meinung, dass sowohl Daimler als auch BMW mit ihrer Verbrenner-Produktion ihr CO2-Budget überschreiten, und das verstoße gegen das Klimaurteil des Bundesverfassungsgerichtes.
Autobauer weisen Vorwürfe zurück
Vor dem Einreichen der Klimaschutzklage hatte sich die DUH bereits mit einer Forderung an Daimler und BMW gerichtet und darin eine klare Bekenntnis zu einem Verbrenner-Ausstieg ab 2030 gefordert – und bis zum 20. September eine Unterlassungserklärung gefordert.
Dieser sind die Konzerne nicht nachgekommen. BMW wies in einem Antwortbrief die Forderung zurück. Ein Rechtsstreit sei nicht der richtige Weg, um die Klimaziele zu erreichen. Das sei Aufgabe des Gesetzgebers.
Genau hier hakt es aber.
EU-Recht bremst Verbrennerverbot
Denn innerhalb der Europäischen Union ist es ohne eine einheitliche Richtlinie rechtlich problematisch nationale Verbrennerverbote festzulegen. Das liegt daran, dass innerhalb der EU neue Fahrzeugtypen von allen nationalen Zulassungsbehörden genehmigt werden müssen, um so einen gerechten Marktzugang zu ermöglichen.
Wenn es daher unterschiedliche Forderungen zu Fahrzeugtypen in einzelnen Ländern gibt, könnte das gegen EU-Recht verstoßen. Zu diesem Schluss kam jedenfalls ein juristisches Gutachten im Auftrag der Stiftung Klimaneutralität. Hier heißt es:
Die Einführung eines ‚Verbrennerverbots‘ wäre nach unserer Einschätzung zwar verfassungsrechtlich zulässig, aber durch eine nationale Regelung wohl nicht europarechtskonform umsetzbar. Ein Verbrennerverbot müsste daher auf europäischer Ebene eingeführt werden.
Aus diesem Grund hat etwa Dänemark seine Pläne für ein frühes Verbrennerverbot zurückgezogen. Die EU-Kommission hat zwar mit dem Klimapaket „Fit For 55“ einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorgebracht. Doch wann und in welcher Form dieser umgesetzt wird, ist unklar, da Widerstand von verschiedenen EU-Ländern erwartet wird.
Die DUH-Klage ist damit so etwas wie die Forderung nach einem Verbrennerverbot durch die Hintertür.
Klimaschutzklage: Kommt jetzt eine Klagewelle?
Es wird spannend zu sehen, ob die Gerichte dies genau so sehen wie die DUH. Das wiederum könnte einen interessanten Präzedenzfall für weitere Klagen setzen. Nicht umsonst haben nicht nur die DUH, aber auch Greenpeace vermutlich weitere Klageschriften gegen den Öl- und Gaskonzern Wintershall DEA und Volkswagen in der Schublade.
Doch selbst wenn deutsche Gerichte den Verbänden Recht geben, ist immer noch nicht klar, ob so eine Rechtssprechung EU-weit standhalten könnte. Immerhin: Vor dem Gericht in Den Haag hatte eine ähnliche Klage von Umweltverbänden gegen den Erdölkonzern Shell Erfolg.
Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtsgültig, da Shell Berufung eingelegt hat.
Um dennoch eine eventuell drohende Klagewelle zu verhindern, hat nun der Wirtschaftsrat der CDU bereits mit einer Gegenmaßnahme gedroht. Er forderte ein Verbot gegen Klimaschutzklagen.
Vereine wie die "Deutsche Umwelthilfe" produzieren Schlagzeilen, aber keinen Wohlstand. Dass #Aktivisten Unternehmen mit juristisch fragwürdigen Klagen überziehen, grenzt an Rufmord. Der Gesetzgeber muss solchen Shownummern einen Riegel vorschieben. #IAA21https://t.co/GQ5ItyoZrU
— Wirtschaftsrat der CDU e.V. (@Wirtschaftsrat) September 8, 2021
Wieso braucht es überhaupt eine Klimaschutzklage?
Doch warum wehren sich Autobauer überhaupt gegen einen Verbrenner-Ausstieg? Denn selbst wenn innerhalb der EU die Gesetzesmühlen langsam mahlen, stehen die Zeichen weltweit auf Elektromotoren. Nicht-EU-Staaten wie Norwegen und Großbritannien haben bereits entsprechende Gesetze verfasst.
Einige Städte wie Paris, Brüssel oder Amsterdam haben ebenfalls schon ein Verbrenner-Aus in den kommenden Jahren festgelegt.
Und auch weltweit gibt es ähnliche Anstrengungen. Kanada will sein Verbrennerverbot auf 2035 vorschieben. In den USA wiederum überbieten sich Bundesstaaten gerade darum, wer eher ein Verbrennerverbot einführt. Der US-Bundesstaat Washington ist gerade mit der Jahreszahl 2030 vorgeprescht.
Auch in Asien gehen Länder von Indien über Japan bis Thailand aggressiv gegen Verbrenner vor. Erste Verbrennerverbote sollen hier ebenfalls schon ab 2030 kommen.
Doch es gibt eine Ausnahme: China. Hier peilt man ein Verbrennerverbot erst für 2060 an. Und solange es für Autobauer unterschiedliche Fahrzeug-Standards gibt und einen kaufstarken Verbrenner-Markt wie China, kann es wirtschaftlich sinnvoll sein, eine Weile weiter zweigleisig zu fahren, und etwa auf die nachhaltigeren Synfuel-Kraftsoffe zu setzen.
Einige Autobauer schon weiter als Daimler & Co.
Einige Autokonzerne sehen dies aber auch anders. Denn, ob nun 2030 oder 2060: Das Verbrenner-Aus ist absehbar und der Elektroauto-Markt wächst. So haben General Motors (ab 2035 oder eventuell früher) oder Opel (ab 2028) bereits jetzt schon das Produktions-Aus für Autos mit Verbrennungsmotoren festgelegt.
Auch das kann wirtschaftlich sinnvoll sein. Denn wer jetzt schon alle Anstrengungen, Investitionen und Forschung auf Elektrofahrzeuge setzt, könnte dann – wenn ein Verbrennerverbot wirklich politisch kommt – einen entscheidenden Marktvorsprung haben.
Das wissen natürlich auch die von Klimaschutzklagen betroffenen deutschen Autobauer. Sowohl BMW als auch Daimler und Volkswagen haben sich Klimaziele in diese Richtung gesetzt.
Die BMW-Marke Mini will etwa ab 2030 rein elektrisch fahren. Und Daimler plant den Umstieg auf reine Elektroplattformen ab 2025. Volkswagen wiederum peilt ein Verbrenner-Aus für 2033 bis 2035 an.
„Klimakrise kommt härter und schneller“
Diese Anstrengungen empfindet die Deutsche Umwelthilfe wiederum als „Greenwashing“. Auch gehen der Organisation die Bemühungen nicht weit und nicht schnell genug. Barbara Metz, stellvertretende Bundesgeschäftsführerin der DUH, sieht daher die Industrie in der Verantwortung.
Wir alle haben die schockierenden Flut-Bilder in diesem Jahr erlebt in Deutschland, wir haben den neuen, alarmierenden Bericht des Weltklimarates gehört. Die Klimakrise kommt härter und schneller, als viele das gefürchtet hatten. Deshalb können wir nicht akzeptieren, wenn sich große, einflussreiche und finanzstarke Weltkonzerne ihrer globalen gesellschaftlichen Verantwortung entziehen.
Man wird sehen, wie wirksam der Druck auf die Konzerne über eine Klimaschutzklage sein wird.
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