Wie kaum ein anderes Ereignis in der jüngeren Vergangenheit hat die Corona-Pandemie die Gewohnheiten der Menschen, die Arbeitsweisen in Unternehmen sowie deren Planungen verändert. Viele Veränderungen trafen besonders Freiberufler. Einige davon wirken sich bis heute auf den Markt aus und haben diesen dauerhaft verändert.
Im Grunde genommen sind Freiberufler und Selbständige an Veränderungen gewöhnt. Denn eine ihrer besonders kennzeichnenden Stärken ist ja gerade, dass sie flexibel in Projekte eingebunden werden können und auch kurzfristig einsetzbar sind; agile Arbeitsmethoden zählen für viele zudem seit langem zur Selbstverständlichkeit.
Da in jeder Krise bekanntlich gleichermaßen eine Herausforderung als auch eine Chance liegt, stellt sich nach nunmehr über eineinhalb Jahren Pandemie die Frage, wie sich Corona auf den Markt für Freiberufler ausgewirkt hat und mit welchen Folgen sich Selbständige dauerhaft anfreunden müssen.
Trendwende am Markt: Es geht wieder bergauf
Eine der spürbarsten Auswirkungen am Freiberuflermarkt war der selbstauferlegte Sparzwang der Unternehmen, um gut durch die Krise zu kommen. Da die Verunsicherung gerade zu Beginn der Pandemie groß war, wurde der Rotstift überall dort angesetzt, wo es möglich war. Darunter litten Freiberufler besonders, weil ihre Stellen häufig als erstes gestrichen wurden.
Solche drastischen Schritte konnten quer über alle Branchen hinweg beobachtet werden, wenngleich es manche Fachrichtungen mehr und manche weniger stark traf. Die IT-Experten konnten beispielsweise zu Beginn noch von positiven Effekten profitieren, weil sie häufig gebraucht wurden, um die Infrastrukturen für Homeoffice und Remote Work zu schaffen.
Der Freiberuflermarkt erholt sich nun seit einigen Monaten spürbar. Dafür gibt es unterschiedliche Ursachen. Ein Grund dafür ist sicher die steigende Zahl von Projekten. Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie sind nun absehbarer und viele Unternehmen konzentrieren sich wieder auf die Zeit nach der Pandemie und priorisieren Ausgaben, die mit Wachstum und Expansion in Verbindung stehen.
Zum anderen erleben viele Freiberufler einegestiegene Nachfrage am Projektmarkt da nicht wenige ihrer selbständigen Kolleginnen und Kollegen sich entweder in eine Festanstellung begeben haben oder fachlich neu orientiert haben.
Virtuelle Zusammenarbeit – von der Notlösung zum Dauereinsatz
Eine der gravierendsten und langfristigsten Auswirkungen der Pandemie ist wahrscheinlich der Digitalisierungsschub, der dadurch ausgelöst wurde. Längst nicht alle Unternehmen waren auf die Umstellung von Präsenzarbeit hin zur virtuellen Kollaboration und Homeoffice eingestellt.
Neben den damit verbundenen technischen Aspekten hatten viele mit der damit einhergehenden kulturellen Umstellung zu kämpfen. Schnell wurde klar, dass sich physische Treffen nicht einfach eins zu eins ins Digitale haben übersetzen lassen.
Viele der Maßnahmen, die als Notlösung eingeführt wurden, um das Tagesgeschäft unter den Auflagen zur Kontaktbeschränkung aufrechtzuerhalten, hat die Arbeitskultur in zahlreichen Unternehmen dauerhaft verändert.
Klar ist, dass diese Veränderungen und die geschaffenen Strukturen nicht einfach wieder abgeschafft bzw. zurückgenommen werden. Darum stellt sich die Frage, welche Folgen sich daraus für den Freiberuflermarkt ableiten lassen.
Was die neuen Arbeitsweisen für Freiberufler bedeuten
Ein pauschales Urteil, was die neue flexibilisierte Arbeitswelt und die digitalen Tools für Freiberufler bedeuten, gibt es nicht. Denn einerseits ist es eine gute Nachricht, wenn es für alle Mitarbeiter in Unternehmen einfacher wird, externe Mitarbeiter in Projekte einzubinden. Dadurch steigt künftig die Wahrscheinlichkeit, dass Freiberufler hinzugezogen werden, und der Markt wird insgesamt dynamischer.
Andererseits lautet das Feedback vieler Freiberufler, die nunmehr ausschließlich virtuell arbeiten, dass auch für sie damit zahlreiche Herausforderungen verbunden sind. Zum einen deswegen, weil der Austausch mit anderen Projektteilnehmern im Flur oder in der Kaffeeküche ersatzlos wegfallen und es dadurch schwieriger wird, von bestimmten Themen zu erfahren.
Zum anderen deswegen, weil auch für viele Freiberufler das Homeoffice eine neue Erfahrung war und sie mit häufigeren Unterbrechungen ihrer Arbeit zu kämpfen hatten. Dies gilt im besonderen Maße für diejenigen, bei denen zu Hause gleichzeitig noch Homeschooling oder Kinderbetreuung stattfand.
Freiberufler im Aufwind: Corona löste ein Umdenken aus
Vor Corona, hatten Freiberufler, Selbständige und Freelancer lange Zeit ein ambivalentes Image. Immer wieder wurde ihnen das Label des „Notnagels“ angeheftet.
Schon seit einigen Jahren ist in diesem Zusammenhang eine Änderung zu verzeichnen. Gerade bei den jüngeren Generationen gehört das Dasein als „digitale Nomaden“ zur Normalität und entspricht sogar vielmehr dem Zeitgeist als eine Festanstellung. Insbesondere die größere Freiheit bei der Wahl des Arbeitsortes und der Gestaltung des Alltags sorgt für die zunehmende Beliebtheit der Selbständigkeit.
Wenn es nun um die Vorurteile gegenüber Freelancern und Solo-Selbständigen geht, hat die Corona-Pandemie für einen fundamentalen Wandel gesorgt. Mitarbeiter und Führungskräfte konnten gleichermaßen die positive Erfahrung mit flexiblen Arbeitszeiten und Arbeitsorten machen.
Damit ändert sich auch der Blick auf die Freiberufler. Sie gehen insofern gestärkt aus der Krise heraus, weil nun immer mehr Menschen klar ist, dass Leistungsfähigkeit, Kreativität und fachliche Expertise nicht an einen bestimmten Arbeitsplatz oder feste Kernarbeitszeiten gebunden sind.
Der Mix aus Festen und Freien wird als Wert erkannt
Dieser Mentalitätswandel kann weitreichende Folgen nach sich ziehen und ist insgesamt als positives Signal für den Freiberuflermarkt zu bewerten. Denn gerade der Mix aus festangestellten und freien Talenten bringt zahlreiche Vorteile und Chancen mit sich. Zum einen kann punktgenau die Expertise mit in ein Projekt gebracht werden, die zum jeweiligen Zeitpunkt gefragt ist.
Angesichts von dynamischen Märkten und einer sich schneller wandelnden Nachfrage wird dies immer mehr zum Wettbewerbsfaktor. Zum anderen können Unternehmen durch die flexible Einbindung von externen Fachkräften ihre nach wie vor knappen Budgets effizient einsetzen. Gemischte Teams stehen damit sowohl für hohe Produktivität als auch für schnelle Skalierbarkeit.
Fazit: Agile Unternehmen setzen auf On-Demand-Arbeit
Die Corona-Pandemie löste in allen Branchen einen Digitalisierungsschub aus – die oben erwähnte Einführung von virtueller Zusammenarbeit ist nur eines von zahlreichen Beispielen dafür. Darüber hinaus wurden Geschäftsmodelle digitalisiert, erweitert oder durch neue ergänzt. Auch die Zeit nach der Corona-Pandemie wird weiter durch Digitalisierung bestimmt werden.
Insgesamt steigt damit der Druck auf alle Branchen und Agilität wird mehr und mehr zum entscheidenden Erfolgsfaktor. Freiberufler decken darum nicht nur einen großen Bedarf an Fachwissen ab, sondern sorgen zugleich auch für mehr Agilität in Unternehmen.
Da Führungskräfte und Entscheider heute durch die Erfahrung während der Corona-Pandemie mehr Vertrauen in Freiberufler haben, wird die Nachfrage nach On-Demand-Arbeit durch Anbieter wie Solcom auch in Zukunft steigen. Der Markt für Freiberufler zählte zwar zu Beginn der Pandemie mit zu den Leidtragenden, geht aber am Ende deutlich gestärkt aus der Krise hervor.
Über den Autor: Andreas Müller ist Mitbegründer und Gesellschafter der SOLCOM GmbH, einem der führenden branchenübergreifenden Projektdienstleister in den Bereichen IT, Engineering und Management Consulting. Seit mehr als 20 Jahren arbeitet SOLCOM als Partner global agierender Spitzenunternehmen. Als Bereichsleiter Organisation verantwortet er die Themen Bewerbermanagement, Datenmanagement und Office-Management und verfügt über umfassende Erfahrung im Projektmarkt.