Am Streaming-Markt gilt: Nach dem Kampf ist vor dem Kampf. Zuletzt standen vermehrt globale Big Player wie Disney, Paramount und Warner im Mittelpunkt. Jetzt greifen die Öffentlich-Rechtlichen mit einem ARD-ZDF-Streamingdienst an.
Ob wieder oder immer noch: TV liegt im Trend. Das zeigt sich auch an der Speerspitze des Streaming-Markts – zuletzt vor allem bei Amazon, wo lineares Fernsehen per Antrag einer Sendelizenz in den Fokus rückte.
Trend Nummer zwei: kostenlose Streaming-Angebote. Auch hier prescht Amazon mit der Unternehmenstochter IMDb voran und baut ein hauseigenes Streaming-Netzwerk auf. Womit wir beim dritten Trend sind: zweckdienliche Kollaborationen wie der im März 2021 verkündete Deal von Sky und RTL.
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ARD-ZDF-Streamingdienst angekündigt
Die Streaming-Idee von ARD und ZDF scheint alle genannten Strömungen in einen Kanal zu führen. Was innovativ klingt, ist letztlich kein großer Akt: Die Sender vereinen ihre Mediatheken und bieten ein gemeinsames Programm an.
Inhalte von der ARD beim ZDF und umgekehrt: Durch die Kooperation entsteht ein riesiges Streaming-Netzwerk, das Nutzer:innen mehr als 250.000 Filme, Serien, Dokus und weiteren Content bietet – zumindest perspektivisch.
Tom Buhrow, Intendant des Westdeutschen Rundfunks, hatte die Zusammenarbeit am 21. Juni 2021 verkündet.
Streaming: ARD und ZDF, ist das alles?
Streng genommen endet der aktuelle Plan hier auch schon. Womit die Idee nicht von Grund auf niedergeschrien werden soll, denn im Endeffekt hat die Praxis gegenüber der Theorie immer das letzte Wort. Trotzdem fehlt dem ARD-ZDF-Streamingdienst irgendwie der Kick.
Woran es derzeit gänzlich hapert, sind inhaltliche Neuankündigungen. Somit bewirkt die Zusammenlegung (noch) keine echten Qualitätsvorteile, sondern in erster Linie eine optimierte Usability, weil Interessierte nicht mehr zwischen den Mediatheken wechseln müssen.
Hinzu kommen einige technische Schrauben, an denen die Rundfunkanstalten drehen möchten. Auch diese Entwicklung zahlt auf die Nutzerfreundlichkeit ein.
Intelligente Vernetzung der Inhalte
Eifrige Entwickler:innen arbeiten im Hintergrund, um der Vielzahl von Inhalten gerecht zu werden. Von einem Personalisierungssystem ist die Rede, das mit typischen Empfehlungsmechanismen verknüpft ist – quasi der automatische Filter auf Basis Künstlicher Intelligenz. Das ist natürlich so gar nicht neu.
Playlists sollen das Erlebnis im ARD-ZDF-Streamingdienst abrunden. Zudem werden der Datenschutz verfeinert und einige Design-Verbesserungen vorgenommen. Anderen öffentlich-rechtlichen Sendern steht die Tür bei entsprechender Passung ebenfalls offen.
ARD und ZDF: Typisch deutsches Streaming
Unterm Strich ist das Ganze doch mehr Mediathek als Streaming. Sehr deutsch eben. Für alle, die es noch nicht herausgelesen haben: Nein, es wird keine gemeinsame Plattform mit einem feschen neuen Logo und einem modernen Namen geben.
ARD bleibt die Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland und ZDF bleibt das Zweite Deutsche Fernsehen.
Streaming mit ARD und ZDF bedeutet keineswegs die von einigen Stellen geforderte Reform. Anders: Digitale Quantensprünge bleiben schlichtweg aus. Doch wirklich erwartet hat sie auch niemand.
Immerhin soll es nur ein Benutzerkonto für beide Mediatheken geben – das bleibt weiterhin freiwillig, sodass die Inhalte auch ohne Registrierung abrufbar sind.
Der Zeitpunkt ist gut
So unausgegoren, zahm und bürokratisch das Vorhaben wirkt, so günstig erscheint der Zeitpunkt.
Laut der in Frankfurt am Main ansässigen AGF steigen die Zugriffszahlen auf die Online-Angebote öffentlich-rechtlicher Sender. Als Grund nennt die Auswertung der „Plattformstudie 2021-I“ auch die Coronakrise, die nachrichtendienstliche Inhalte in den Vordergrund holt.
In der Summe übersteigt die prozentuale Nutzung der Rundfunkanstalten mit 35,9 Prozent die der Angebote von Netflix (32,3 Prozent). Möglicherweise erklären solche Zahlen, warum die Intendant:innen den Streaming-Plan von ARD und ZDF so hoch bewerten. Medien zufolge soll die Rede von einem „Riesen-Quantensprung“ mit „universellem Nutzungserlebnis“ sein.
Ist es tatsächlich eine positive Entwicklung oder nur eine Momentaufnahme? So oder so scheinen die verantwortlichen Personen den Augenblick nicht zu nutzen. Zwar starte die mediale Verschmelzung von ARD und ZDF sofort, doch sie soll insgesamt mehrere Jahre umfassen.
Oder ist das alles nur der erste Schritt hin zur finalen Vereinigung von ARD und ZDF? Auch das würde zum eingestaubten deutschen Unternehmertum passen – kaum vorstellbar, wie viele Formulare die Gestaltung eines solchen öffentlich-rechtlichen Endbosses erfordern würde.
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