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Sexismus im Fußball: Danke für die klare Kante, liebes ZDF!

Ariane Hingst, Claudia Neumann, ZDF, Sexismus im Fußball
ZDF
geschrieben von Christian Erxleben

Mit Claudia Neumann als Kommentatorin und Ariane Hingst als Expertin setzt das ZDF bei der EM 2020 auf weibliche Fußball-Expertise. Das passt einigen Provinz-Proleten überhaupt nicht. Der Sexismus im Fußball ist schockierend. Doch das ZDF wehrt sich – und das ist gut so. Ein Kommentar.

Jessy Wellmer, Almuth Schult, Esther Sedlaczek, Claudia Neumann, Ariane Hingst und Katrin Müller-Hohenstein haben drei Dinge gemeinsam.

Sie haben Fußball-Expertise, sie kommen bei ARD und ZDF während der EM 2020 als Expertinnen, Kommentatorinnen und Moderatorinnen zum Einsatz und werden regelmäßig mit Hass und persönlichen Beleidigungen überschüttet.

Die EM 2020: Ein Ort von Ausgrenzung und Beleidigung

Denn nicht nur die UEFA scheitert an einer EM 2020, die für alle Menschen gedacht ist und niemanden ausgrenzt. Man denke beispielsweise nur an das unsinnige Verbot, die Allianz Arena während des Spiels Deutschland gegen Ungarn in Regenbogenfarben erstrahlen zu lassen.

Auch unsere angeblich so weltoffene Gesellschaft zeigt, dass sie es eben nicht ist. Dabei – und das gehört zur Wahrheit dazu – sind es überwiegend Männer, die offenbar riesige Probleme damit haben, dass Frauen mehr Expertise als sie als selbsternannter Bundestrainer und Provinz-Kommentator haben.

„Mannsweib“, „blöde Alte“ und „Schweigekloster“: Wie sich Sexismus im Fußball äußert

Schon seit den ersten Spielen der EM 2020 zeigt sich vor allem in den sozialen Medien ein wahrer Sturm an Hass und persönlichen Beleidigungen, die mit sachlicher Kritik genau nichts zu tun haben. Es geht einzig und allein darum, Frauen herabzuwerten.

Das bekommen beim ZDF vor allem Kommentatorin Claudia Neumann und Expertin Ariane Hingst zu spüren. Das ZDF hat deshalb die Reißleine gezogen. In einem Post zeigt der Sender eine Auswahl an besonders herablassenden Kommentaren – und diese sind (traurigerweise) noch vergleichsweise harmlos.

Kommentare wie „Darum schicken wir unsere Frauen extra weg beim Fußball“ offenbaren, wie schlecht es um die Kommunikationskultur im Internet und den damit verbundenen Sexismus im Fußball bestellt ist.

Als Mann, der auch gerne die EM 2020 schaut, schäme ich mich für alle sexistischen, herabwürdigenden und beleidigenden Kommentare, die von anderen Männern geäußert werden.

ZDF und Co. gehen auf Twitter in die Offensive

Zum Glück haben sich die Sender offensichtlich gut vorbereitet. Denn obwohl derartige Beleidigungen eigentlich nicht erwartbar sein sollten, ist das Social-Media-Team vor der EM 2020 noch vergrößert worden. Damit sind ARD und ZDF endlich dazu in der Lage, den Pöblern etwas entgegenzusetzen – und das gelingt.

„Generationen von Männern haben sich auch deshalb auf Fußball gefreut, weil sie dann mal nicht von einer Frau zugetextet werden. Aber Quote ist ja wichtiger“, heißt es beispielsweise. Das ZDF reagiert schlagfertig: „Das ist also dieser Sexismus im Internet, vor dem immer gewarnt wird.“

„Eine Moderatorin, die mit tieferer Stimme versucht, maskulin zu wirken, und die hektische Co-Moderatorin sind übel“, steht an anderer Stelle. Die Antwort: „Die beiden Kommentator:innen sprechen mit ihren natürlichen Stimmen und imitieren keine Männer.“

Warum haben so viele Männer ein Problem mit Frauen im Fußball?

Das ist wohl eine der spannendsten Fragen. Die Antworten oder Erklärungsversuche sind vielfältig.

So könnte es beispielsweise daran liegen, dass Claudia Neumann als erfolgreiche Journalistin und Ariane Hingst als mehrfache Welt- und Europameisterin mehr erreicht haben als jemand, der mit seinem Bier in Unterhose auf dem Sofa sitzt?

Ebenso ist es möglich, dass einige Männer es sich wohl nicht eingestehen können, dass es Frauen gibt, die sich besser mit Fußball auskennen als sie selbst? Sie, die schon seit gefühlt 500 Jahren jeden Sonntag in der Kreisliga C betrunken am Spielfeldrand grölen?

Die wahrscheinlichste Erklärung ist wohl einfach, dass der Großteil der Kommentatoren schlicht und einfach sexistisch ist. Für die Mehrheit gehören Frauen offenabren in die Küche und nicht vors Mikrofon oder ins Fernsehen. Und genau diese Einstellung ist eine Schande und ein Armutszeugnis.

Sexismus im Fußball: Wir müssen uns wehren!

Damit der Sexismus im Fußball irgendwann nicht mehr zum Alltag gehört, müssen wir damit beginnen, uns zu wehren. Wir müssen alle den Mund aufmachen und Paroli bieten. Das ZDF und die ARD gehen dabei mit gutem Beispiel voran.

Doch auch (männliche) Fans, Politiker und andere Teile unserer Gesellschaft müssen gemeinsam ein Zeichen gegen den Sexismus im Fußball zu setzen. Wichtig ist es dabei, nicht mit Hass auf Hass zu reagieren, sondern konstruktiv zu bleiben. Damit kommen die Pöbelnden sowieso am wenigsten zu recht.

Ach ja: Wer mit pseudo-konstruktiven Kritiken wie der Stimmlage bei der Kommentatoren-Auswahl um die Ecke kommt, sollte sich vielleicht einmal die Definition von konstruktiver Kritik durchlesen.

Denn die Scheinheiligkeit, mit der manche User versuchen, ihre Beleidigungen zu rechtfertigen, ist fast noch schlimmer als der blanke Hass, den es schon zur Genüge gibt.

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Über den Autor

Christian Erxleben

Christian Erxleben arbeitet als freier Redakteur für BASIC thinking. Von Ende 2017 bis Ende 2021 war er Chefredakteur von BASIC thinking. Zuvor war er als Ressortleiter Social Media und Head of Social Media bei BASIC thinking tätig.

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