Social Media

Shitstorm meistern – mit Haltung und der richtigen Kommunikation

Gewitter, Blitz, Donner, Unwetter, Shitstorm meistern
Jeder Shitstorm lässt sich meistern. (Foto: Unsplash.com / Max LaRochelle)
geschrieben von Daniela Sprung

Ein Shitstorm ist immer unangenehm. Doch wer in der Krise Haltung zeigt und sich hinter die eigenen Mitarbeiter:innen stellt, kommt gestärkt aus dem Kommunikationschaos. Diese Tipps helfen dir, wenn du einen Shitstorm meistern willst.

Viele Unternehmen scheuen Kritik wie der Teufel das Weihwasser. Zwar möchte man gerne in den sozialen Netzwerken sein, aber bitte nur, um in eine Richtung zu kommunizieren. Wenn es auf Kommentare Antworten gibt, ist das häufig schon gut. Kommen kritische Anmerkungen, werden diese einfach ignoriert.

Und dann gibt es noch den gefühlten Super-GAU (Größter Anzunehmender Unfall) – Kritik, die sich zu einem Shitstorm entwickelt. Passiert das, gilt es besonnen zu reagieren. Das bedeutet: Zuerst Kritiker identifizieren, dann auf Einwände eingehen und Fehler zugeben, wenn diese passiert sind.

Ebenso sollte man bei unangemessener Kritik Haltung bewahren. Das bedeutet: Für sich als Unternehmen einzustehen und damit auch für die Mitarbeiter:innen. Das geht am besten, wenn Unterstützung seitens der Führungskräfte erfolgt, die sich hinter ihre Mitarbeiter:innen und das Unternehmen stellen.

Haltung bedeutet, Werte zu vertreten

Der Begriff „Haltung“ ist vielfältig definiert. Je nach Kontext sprechen wir von der Körperhaltung, Einstellung oder auch Contenance – um nur mal drei Beispiele zu nennen.

Die Autorin Annegret Kurbacher hat sich in ihrem Text „Was ist Haltung? Überlegungen zu einer Theorie von Haltung im Hinblick auf Interindividualität“ tiefer mit dem Thema beschäftigt. Sie definiert Haltung wie folgt: „Haltung bezeichnet grundlegende menschliche Bezüglichkeit, die immer eine Wechselwirkung aus den Bezügen zu Anderen, Selbst und Welt ist.“

Kurbacher ordnet Haltung in drei Beobachtungsbereiche ein, wobei ich mich auf einen konzentrieren möchte. Sie sagt, dass Haltung als Tugend oder Gewohnheit betrachtet werden kann, die permanent gelebt wird und von „Fremdbestimmung, tradierten Mustern, aber auch Ausbildung und Übungen“ beeinflusst ist.

Mit einfachen Worten: Unsere Haltung wird in unseren Handlungen sichtbar. Unsere inneren Überzeugungen prägen das äußere Tun.

Shitstorm meistern: Die Rolle von Selbst- und Fremdbestimmung

Gerade den letzten Punkt finde ich in Bezug auf Haltung in einem Shitstorm wichtig. Mir stellt sich da die Frage, wer von was fremdbestimmt wird. Was sind die tradierten Muster und lassen sich diese nicht mit Hilfe aufbrechen? Welche Ausbildung oder Übung hilft dabei, im Falle eines Shitstorms gut gerüstet zu sein?

Es gibt viele Kolleg:innen, die hier Unterstützung und Schulungen anbieten. Niemand muss sich alleine einem Shitstorm stellen. Ganz im Gegenteil. Nicht ohne Grund haben Fluglinien für den Worst Case einen Ablaufplan ihrer Kommunikation bereit liegen, der immer und immer wieder geprobt wird.

Die Schriftstellerin Husch Josten hat sich mit dem Begriff „Haltung“ ebenfalls näher befasst und mit verschiedenen Personen über deren Definition gesprochen.

Im Gespräch mit dem Deutschlandfunk zeigt sich, dass jeder den Begriff „Haltung“ für sich anders definiert, wobei die Merkmale Glauben und Wissen dabei wichtige Rollen spielen. Wichtig zu wissen ist, dass jede Haltung auch überdacht und geändert werden kann.

Leitlinien für den Alltag

Für mich steht der Begriff Haltung für bestimmte Werte, die man selbst vertritt und für die man einsteht. Dazu gehören beispielsweise Loyalität, Ehrlichkeit, Weitblick und Toleranz, um nur ein paar zu nennen.

Diese Werte sind Leitlinien, an denen ich mich orientiere und je nach Wertesystem, wie beispielsweise Beziehung, Familie, Job oder Freizeit unterschiedlich abwäge beziehungsweise variiere.

Werte bieten Orientierung im Shitstorm

Meiner Ansicht nach wissen viele Unternehmen nicht, worin ihre Werte bestehen und wie sich die damit verbundene Haltung gestaltet. Für viele – meist kleinere – Unternehmen ist der Auftritt im Netz mit der nackten Angst verbunden, einen Shitstorm zu erleben.

In ihren Augen sind sie schon mitten drin, wenn sich ein paar kritische Kommentare auf der eigenen Facebook-Seite oder dem Instagram-Account befinden. Die Sorge hindert sie und letztlich auch ihre Mitarbeiter:innen daran, im Web aktiv zu sein.

Ich spreche aus eigener Erfahrung. Als ich letztens mit den Mitarbeiter:innen eines Kunden über soziale Netzwerke sprach, kam direkt die Frage: „Aber was ist denn, wenn ein Shitstorm kommt?“

Der Begriff hat sich im Gehirn vieler eingebrannt. Leider ohne wirklich zu wissen, was ein Shitstorm ist und ab wann es für ein Unternehmen kritisch werden kann. Ich sehe eine wesentliche Aufgabe des Unternehmens darin, Kriterien dafür festzulegen, a) ab wann eine Krisensituation eintritt und b) wie damit umzugehen ist.

Shitstorm meistern: Was ist ein Shitstorm und wie sieht mein Plan aus?

Für ein Unternehmen ist es wichtig zu wissen, welche Werte in der Öffentlichkeit vertreten werden. Die Voraussetzungen dafür sind Empathie, ein Gefühl für den Zeitgeist und die Fähigkeit, sich aus der eigenen Blase heraus zu bewegen, um über den Tellerrand zu schauen.

Dazu gehört auch, sich seiner eigenen Werte bewusst zu sein. Zu wissen, für was das Unternehmen steht. Für welche Werte man selbst steht und einsteht. Wenn ein Unternehmen konservativ ist und bestimmte Werte der Gesellschaft nicht mitträgt, dann muss es mit Kritik rechnen.

Zu seinen Aufgaben gehört es dann auch, seine Mitarbeiter:innen und das Unternehmen oder die Organisation zu schützen. Ist das nicht der Fall, dann fehlt es nicht nur an Basiswissen, sondern auch an Haltung. Haltung gegenüber den Mitarbeiter:innen und im Einklang mit den eigenen Werten.

Haltung im Shitstorm bedeutet Rückgrat

Ein Beispiel, warum es Haltung bei einem Shitstorm braucht, zeigt sich am Beispiel des WDR. Der Sender produzierte eine Satire mit dem Titel „Meine Oma ist ’ne alte Umweltsau“ auf Basis des Kinderliedes „Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad“.

Daraufhin wurde Kritik laut, dass Kinder instrumentalisiert werden. Beleidigungen wurden geäußert und es wurde behauptet, dass ältere Menschen verunglimpft worden sind.

Allerdings nahm die Kritik ihren Anfang in der rechten Szene. Diese weitete sich schnell aus, sodass auch die allgemeinen Medien auf den Zug aufsprangen und darüber berichteten. Was da hochkochte, war nicht angenehm. Satire darf und muss über gewisse Grenzen gehen.

Diese war meines Erachtens völlig im Rahmen, da der Liedtext mit satirischen Mitteln auf eine Debatte zum Klimawandel aufmerksam machte. Dass ein Shitstorm passieren kann, ist bei solchen Themen erwartbar. Mit einer solchen Eskalation meiner Meinung nach allerdings nicht.

Shitstorm meistern: Die Gefahr des Löschens von Posts

Als Folge wurde der Beitrag gelöscht, was ich in diesem Fall für einen Fehler halte. Gerade weil die Kritik wie in diesem Fall aus dem rechten Lager kam, hätte man ihr mit klarer Haltung entgegentreten müssen. Alleine schon, um ein deutliches Statement gegen rechts zu setzten.

Der WDR schreibt als Erklärung:

Betroffen macht uns allerdings der Vorwurf, die beteiligten Kinder seien möglicherweise instrumentalisiert worden. Dies ist absolut nicht der Fall, trotzdem haben wir uns entschlossen, das Video zu löschen, da schon die Mutmaßung, WDR 2 hätte die Kinder des Chores instrumentalisiert, für die Redaktion unerträglich ist.

Sorry, wer die Meinung vertritt, dass die Vorwürfe nicht der Wahrheit entsprechen, sollte den Post stehen lassen. Ich gehe stark davon aus, dass sich im Vorfeld Gedanken zum Inhalt des Liedes gemacht wurden. Ebenso darüber, was passieren könnte, wenn der Beitrag online gestellt wird.

Dass es so heftig wurde, war nicht absehbar. Auch nicht, dass rechte Trolle dahinter stecken. Aber genau deshalb wäre es richtig gewesen, hier hinter der eigenen Entscheidung zu stehen. Und es wäre für die Mitarbeitenden wichtig gewesen, Unterstützung von der Führungsspitze zu erhalten.

Selbst der Deutsche Journalistenverband sah das Verhalten von Tom Buhrow kritisch. Den Post stehen zu lassen, hätte gezeigt, dass man sich klar gegen den Mob stellt. Da hätte es Rückendeckung und Rückgrat gebraucht. Beides blieb aus.

Haltung als Grundlage, mit der sich ein Shitstorm meistern lässt

Ein Shitstorm, egal ob mäßig oder orkanartig, ist nichts, was man sich als Unternehmen, Organisation oder Selbstständige:r wünscht. Was es in so einem Fall aber immer braucht, ist neben Transparenz immer und immer wieder die Haltung.

Sofort jeden Post zu löschen, der kritisiert wird, halte ich für falsch. Es kommt auf den Kontext an. Der Post des WDR war kein Fehler. Das Einknicken schon. Haltung zu zeigen heißt, zu seinen Werten zu stehen. Das haben die Mitarbeiter:innen des WDR getan, die Führungsspitze leider nicht.

Auch interessant:

Über den Autor

Daniela Sprung

Daniela Sprung ist Impulsgeberin für Blogs und Social Media. Sie unterstützt Unternehmen strategisch und inhaltlich dabei ihre Blogs aufzubauen oder zu optimieren. Mit der Blog4Business und dem Corporate Blog Barcamp setzt sie selbst zwei Veranstaltungsformate um. Auf ihrem Blog bloggerabc schreibt sie seit Jahren zu allen Themen rund ums Bloggen und gibt ihr Wissen als Speakerin und Dozentin weiter.