Amazon ist nicht gerade für besonders gute Arbeitsbedingungen bekannt. Doch eine neue Studie zeigt: Es steht bedeutend schlimmer um die Arbeitssicherheit als bisher gedacht.
Die gescheiterte Gewerkschaft in Alabama, das Verbot von FFP2-Masken oder die (legale) Überwachung der Belegschaft – es sind nur einige Beispiele für die oft kritisierten Arbeitsbedingungen bei Amazon.
Und auch Amazon-Gründer Jeff Bezos hat vor Kurzem zugegeben, der Konzern müsse mehr für seine Mitarbeiter:innen tun. Diese Ankündigung kam natürlich nicht ohne einen Superlativ aus: „Wir werden der beste Arbeitgeber der Welt und der sicherste Arbeitsplatz der Welt sein.“
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Bis dieses Ziel erreicht ist, muss der Konzern wohl aber noch einiges an Arbeit in die eigenen Arbeitsbedingungen investierten.
Schlechte Arbeitsbedingungen bei Amazon
Denn wie eine neue Studie des Strategic Organizing Centers zeigt, verletzen sich in den Amazon Warehouses bedeutend mehr Mitarbeiter:innen als bei vergleichbaren Konkurrenten wie zum Beispiel Walmart.
So kam es im Jahr 2020 zu einer Gesamtverletzungsrate von 6,5 Fällen pro 100 Mitarbeiter:innen. Bei Konkurrent Walmart lag die Zahl bei nur drei pro 100 – Amazon schafft hier als mehr als das Doppelte.
Die Washington Post berichtet zusätzlich von einer enorm erhöhten Rate von schweren Verletzungen. Laut Daten der US-Arbeitssicherheitsbehörde OSHA verzeichnet Amazon seit 2017 eine höhere Rate an Arbeitsunfällen mit schweren Verletzungen als vergleichbare Lagerbetreiber im Einzelhandel.
Die OSHA-Daten basieren auf 200.000 Arbeitsstunden, das entspricht 100 Vollzeitbeschäftigten in einem Jahr. Grundlage für die Auswertung sind die Daten von 5.411 US-Lagerhäusern, von denen 638 zu Amazon gehören.
Hiernach kam es 2020 in Amazon-Lagern zu 5,9 schweren Arbeitsunfällen pro 100 Mitarbeiter:innen, die dazu geführt haben, dass diese der Arbeit fernbleiben oder leichtere Aufgaben übernehmen mussten.
Zum Vergleich: Konkurrent Walmart kommt im gleichen Zeitraum auf nur 2,5 schwere Fälle pro 100 Arbeiter:innen.
Kritiker:innen sind sich einig bei den Ursachen
Was in den Daten hingegen fehlt, sind Angaben zu den Unfallursachen. Die Washington Post zitiert jedoch ehemalige OSHA-Beamte, Gewerkschaftsvertreter:innen und Amazon-Beschäftigte – sie alle geben dem Produktivitätsdruck von Amazon die Schuld an den hohen Zahlen.
Denn Lagermitarbeiter:innen müssen eine bestimmte Anzahl von Artikeln pro Stunde kommissionieren, verpacken und verladen.
Die Zahlen sind 2020 leicht gesunken
Im Jahr 2019 lag die Zahl der schweren Arbeitsunfälle bei Amazon sogar bei 7,8. Vergleichbare Arbeitgeber kamen im gleichen Zeitraum hingegen nur auf 3,1 schwere Fälle.
CNBC geht davon aus, der Rückgang im Jahr 2020 verglichen mit 2019 ist darauf zurückzuführen, dass Amazon die Leistungsverfolgung aufgrund der Pandemie teilweise ausgesetzt hat. Die Mitarbeiter:innen sollten so beispielsweise mehr Zeit haben, sich die Hände zu waschen und zu desinfizieren.
Das sagt Amazon zu den Arbeitsbedingungen
Amazon-Sprecherin Kelly Nantel erklärte gegenüber CNBC, der Konzern habe im Jahr 2020 mehr als eine Milliarde US-Dollar für Initiativen wie „WorkingWell“ ausgegeben. Über dieses Programm will Amazon seine Mitarbeiter:innen besser über die Vermeidung von Arbeitsunfällen aufklären.
Amazon biete außerdem Beratung zu psychischer Gesundheit und Ernährung sowie zu Sicherheitsmaßnahmen gegen Coronaviren an.
Nantel betont, jeder Vorfall sei einer zu viel und das Unternehmen lerne kontinuierlich dazu. Durch diverse Maßnahmen seien bereits Verbesserungen zu erkennen. Dazu zählen Ergonomieprogramme, geführte Übungen an den Arbeitsplätzen, Arbeitsplatzeinrichtung und -gestaltung oder Gabelstapler-Telematik.
Diese Gesundheits- und Sicherheitsprogramme hätten laut Amazon dazu geführt, typische Verletzungen wie Verstauchungen oder Zerrungen im Vergleich von 2019 zu 2020 um 32 Prozent zu senken. Auch seien schwere Muskel- und Skeletterkrankungen, die zu Arbeitsausfall führten, um mehr als die Hälfte zurückgegangen.
Aber ob nun wirklich diese Programme entscheidend zu den sinkenden Zahlen beigetragen haben oder doch die pandemiebedingt verringerte Leistungsverfolgung – das muss die Zeit zeigen.
Fest steht jedoch: Bis das ausgegebene Ziel von Jeff Bezos, der weltbeste Arbeitgeber zu werden, erreicht ist, muss sich Amazon wohl noch eine Weile tüchtig ins Zeug legen.
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