Als Apple das iPad Pro 2020 vorstellte, war ich überrascht. Hervorragende Kameras und eine Tastatur fürs iPad? Das macht kein Tablet zum Laptop!
Doch wer ist überhaupt die Zielgruppe eines iPad Pro? All diejenigen, die ein schnelles Tablet mit hoher Leistung benötigen. Wer nur Videos auf YouTube schauen möchte oder auf der Couch im Internet surft, der kann sich das Geld sparen und zu einem Einsteiger-iPad oder iPad Air greifen. Software-Updates kriegen sowieso alle Geräte im Apple-Universum über einen großen Zeitraum. Das iPad Pro ist für alle Nutzer gedacht, die gerne auch unterwegs auf einem portablen Gerät arbeiten wollen. Zum Beispiel beim Designen neuer Grafiken mit dem Apple Pencil oder zum Verfassen langer Texte mithilfe des Magic Keyboards.
Doch reicht das, um einen Laptop zu ersetzen? Während eines Praktikums hatte ich die Chance, das große 12,9“ iPad Pro 2020 als vollwertigen Laptop zu nutzen. Zusammen mit dem neuen Apple Pencil und Magic Keyboard. Also genau so, wie Apple es in den eigenen Werbespots propagiert. iPadOS (13) wurde schnell eingerichtet und die wichtigsten Apps fürs Arbeiten heruntergeladen. Dazu gehörten neben Word, Excel und PowerPoint auch Mail-Apps (beispielsweise Gmail) und ein vollwertiger Browser wie Google Chrome oder Apples Safari.
Die Software bremst das iPad Pro aus
Konnte ich das iPad Pro als vollwertigen Laptop nutzen? Nein. Gerade bei Apps wie Chrome oder Word haben mir viele Funktionen gefehlt, welche ich auf einem vollwertigen Laptop im täglichen Einsatz nutze. Der Prozessor ist zwar schnell genug für das Betriebssystem, doch dieses war der Leistung nicht gewachsen. Bildlich kann man das gut mit einem Porsche vergleichen, der auf einer Go-Kart-Rennstrecke fährt.
Das iPad Pro hat auch gar nicht das Ziel ein MacBook komplett ersetzen, es soll ein Hybrid zwischen großem Smartphone (Touch, Apps und großes Display) und Laptop sein (externe Tastatur, angepasste Software und Stift). Früher fokussierte sich Apples Marketing eher auf das große Display und bewarb den Alltagsnutzen beim beispielsweise Zeitung lesen, Spiele spielen und Filme schauen, in den letzten Jahren wurde eher die „Laptop-Alternative“ in den Fokus gesetzt.
Dies ändert sich möglicherweise mit dem iPad Pro (2021). Während Apple bisher einen Smartphone-Prozessor im iPad verbaut hat, verfügt das neue iPad Pro mit Apples hauseigenem M1-Chip über einen vollwertigen Desktop SoC. Der M1 von Apple hat im letzten Jahr Kritiker sehr überzeugt und wird zu einer massiven Steigerung der Leistung des iPad Pro führen.
Aber wofür? Mit dem iPad Pro (2020) lief sowieso schon alles perfekt, Ladezeiten gab es – wenn überhaupt – nur sehr wenige und auch mit den aufwendigsten Apps konnte das Tablet mithalten. Aber mit dem M1 ist in der Theorie mehr als nur eine „iPad App“ möglich. Aufwendige Programme wie ein vollwertiges Photoshop, Premiere Pro etc. wären damit kein Problem mehr. Außerdem verbaut Apple mehr RAM (8 oder 16 Gigabyte) und auf dem größeren iPad Pro kommt ab sofort ein Mini-LED Display zum Einsatz.
Die Hardware ist nun da
Für eine vollwertige Laptop-Alternative steht nun auf der Hardware-Seite mit neuem Prozessor, mehr RAM, besserem Display und maximal 2 Terabyte an Speicher nichts mehr im Wege. Allerdings ist das große Problem, welches das iPad Pro bisher ausbremst, weiterhin die Software. iPadOS hat sich seit der Veröffentlichung vor zwei Jahren zwar verbessert, doch eine ernsthafte Alternative zu macOS ist es bisher auf keinen Fall.
Deswegen sind nun alle Augen auf Apples WWDC Konferenz im Juni gerichtet, bei der der Konzern traditionell die nächste Version von iPadOS vorstellen wird. Mit der neu errungenen Performance steht vielleicht sogar einer abgeänderten Version von macOS als zusätzlichen Desktop-Modus nichts mehr im Wege. Wichtig wird auch die Unterstützung von Drittanbietern wie Adobe, Microsoft und kleineren Unternehmen sein. Diese müssen in Zukunft das iPad als wichtige Plattform ernst nehmen und vollwertige Versionen von ihren Desktop-Pendants portieren.
Erst durch eine Software, welche die technischen Spezifikationen vollkommen ausschöpft, wird das iPad Pro eine ernsthafte Laptop-Alternative werden. Aktuell steht sich Apple selbst im Weg, denn die bisher größten Kritikpunkte des MacBook Air (welches preislich in der Region des iPad Pro liegt) waren Akkulaufzeit und Performanz. Das hat Apple mit dem M1 behoben und damit das iPad als Laptop für viele Kunden weniger lukrativ gemacht.
Das iPad Pro hat sehr viel Potenzial, doch was wird Apple daraus in Zukunft machen?