Doch was ist die aktive Technik-Community? Hierzu zählt man die „Enthusiasten“ in den sozialen Medien, die klicken, kommentieren und liken sowie die Blogger, YouTuber oder Creator, welche eigenen Content erstellen. Also alle Menschen, welche sich als Hobby oder beruflich mit der aktuellen Hardware und Software von Firmen auseinandersetzen.
Um der Community entgegenzukommen, haben viele Firmen auch neben den normalen Marketingagenturen und Presseagenturen ein „Ambassador-Programm“, um den Fans der Firma die Möglichkeit zu geben ihre Marke durch kostenlose Produkte zu bewerben.
Die Diskussion um LG
Die Frage, wie viel Einfluss diese Gruppe hat, wurde erst kürzlich wieder aufgeworfen. LG Electronics hatte nach über 19 Jahren die eigene Telefon-/Smartphone-Sparte komplett eingestellt. In der Pressemitteilung hieß es von offizieller Seite, dass dieser Schritt unternommen wurde, weil sich LG nicht mehr auf den „unglaublich wettbewerbsintensiven Mobiltelefonsektor“ konzentrieren möchte. Doch schnell wurden die ersten Finger auch auf die aktive Technik-Community gezeigt. Man hätte die Geräte zu Unrecht negativ bewertet und die positiven Dinge viel zu wenig aufgezeigt. Dies hätte zu geringen Verkaufszahlen und damit zum Ende von LGs Smartphone-Sparte geführt.
Aber stimmt das? Hat der Einfluss der Community Auswirkungen auf die Entscheidung gehabt? Auf jeden Fall. Die Technik-Community beeinflusst durch Artikel, Videos, Social-Media Posts und auch in privaten Gesprächen die Kaufentscheidung von „normalen Kunden“ massiv. Ebenfalls informieren sich viele Verkäufer in Elektronikfachmärkten genau durch diese Beiträge. Wenn diese LG in den letzten Jahren mehr empfohlen hätten, würde die Situation eine andere sein.
Die Frage kommt nicht das erste Mal auf
Wie viel Einfluss die Community auf Hersteller haben kann, wurde bereits in der Vergangenheit mehrfach bewiesen. So brachte Samsung den microSD Slot im Galaxy S7 wieder zurück, nachdem es gerade aus der Technik-Community heftige Kritik gegen das Fehlen im Galaxy S6/Edge gegeben hatte. Außerdem führte die stark auf deren Community fokussierte Marke „OnePlus“ die von vielen gewünschte „mattschwarze Rückseite“ wieder in ihr Smartphone Line-up mit dem OnePlus 9/Pro ein.
Die Technik-Community ist also am lautesten in der Branche und hat wohl am meisten Einfluss. Zu viel Einfluss? Nein, denn auch sehr viele Entscheidungen werden trotzdem noch gegen die Technik-Community getroffen. Der microSD Slot ist bei Samsung seit diesem Jahr wieder Geschichte, bei der bisher Preis-Leistungsorientierten Firma OnePlus werden seit drei Jahren die Preise erhöht und Apple setzt lieber auf 5G anstatt auf ein Display mit schneller Bildwiederholrate.
Diese Entscheidungen werden bewusst getroffen, denn wenn sich eine Firma nur oder überwiegend auf die Meinungen von der Technik-Community fokussieren würde, dann wird diese schnell bankrottgehen. Die Technik-Community ist schlicht zu klein, um eine Firma alleine über Wasser zu halten. Sie ist für eine Marke aber enorm wichtig, da dies meistens die Kunden sind, welche bereit sind, viel Geld auszugeben.
Nur auf die Technik-Community zu hören reicht nicht
Das beste Beispiel für eine solche Firma ist OnePlus. Diese konnte sich durch starken Fokus auf die Technik-Community einen Namen durch „Flaggschiff-Killer“ machen. Die Smartphones boten also für einen geringen Preis sehr viel Hardware. Doch außerhalb der Community kannte und kennt die Firma fast kaum jemand, was zu geringen Verkaufszahlen führte. OnePlus änderte ihre „Flaggschiff-Killer“ Strategie in eine „Flaggschiff“ Strategie um, dies führte auch zu deutlich höheren Preisen.
Die Technik-Community hat nicht zu viel Einfluss, sondern nutzt den verfügbaren, um kleineren und größeren Verbesserungsbedarf zurückzumelden. Dies sorgt für mehr Konkurrenz und Innovation, was ein positiver Effekt ist. Marken sind am Feedback sehr interessiert, denn dies steigert die Verkaufszahlen und die Technik-Community sind lukrative Kunden. Das eine komplette Fokussierung auf diese Kunden über längere Zeit nicht funktioniert, das hat OnePlus in der Vergangenheit bereits gezeigt. Die Entscheidung von LG ist nicht (nur) der Technik-Community anzuhängen; ein schlechtes Marketing und eine inkonstante Produktstrategie waren ebenfalls dafür verantwortlich.