Die USA sind eine der größten Tech-Nationen dieser Welt. Doch wie stehen eigentlich die Amerikaner selbst zu all dem? Welche Trends begeistern sie, welche gehen völlig an ihnen vorbei? Genau darüber berichtet Marinela Potor – direkt aus den USA im BASIC thinking US-Update. Diesmal berichtet sie über ihre Erfahrung mit der Corona-Impfung in den USA.
Als es mit der Corona-Impfung in den USA Anfang des Jahres losging, habe ich ehrlich gesagt nicht damit gerechnet, dass ich vor dem Sommer überhaupt geimpft werden kann. Schließlich bin ich unter 40, habe keinerlei medizinische Komplikationen und arbeite auch nicht in einem Risikoberuf.
Und dann ging alles plötzlich rasend schnell. In der vergangenen Woche öffnete der US-Bundesstaat Ohio die Impfzentren für die allgemeine Bevölkerung (über 16 Jahre) und nun habe ich schon meine erste Impfung erhalten.
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Deutschland – chaotisch, USA – läuft
Während ich aus der Familie, aus dem Freundeskreis und im Arbeitsumfeld mitbekomme, wie chaotisch alles in Deutschland abläuft, wie Impfstoff fehlt, Systeme zusammenbrechen, Entscheidungen getroffen und dann wieder zurückgenommen werden und im Prinzip immer noch die Gruppe der 80-Jährigen geimpft wird, hat die USA im eigenen Pandemie-Chaos immerhin das Impfen vernünftig hinbekommen.
Denn, machen wir uns nicht vor, was hier teilweise vor sich ging, war auch erschreckend.
Bundesstaaten entscheiden willkürlich, alle Lockerungen wieder aufzuheben. Horden von Menschen müssen sich im Spring-Break-Urlaub vergnügen. Und vor der Präsidentschaft von Joe Biden gab es noch nicht einmal eine landesweite Maskenpflicht in Transportmitteln.
Doch trotz all dem gibt es Hoffnung. Denn die Corona-Impfung in den USA – die läuft. Jetzt.
Erst loslegen, dann Probleme beheben
Denn auch hier gab es anfangs kein einheitliches System, um sich anzumelden. Und auch hier sind Menschen, die sich mit dem Internet nicht gut auskennen oder keinen Zugang dazu haben, teilweise benachteiligt.
In manchen Bundesstaaten läuft es auch sehr langsam. Und es gab auch einige Betrugsmaschen, wie etwa Anbieter, die Impftermine vermittelten, dann aber eine Vermittlungs-Gebühr von 100 US-Dollar verlangten.
Doch in typischer US-Manier hat man erst losgelegt und dann an den Problemen gearbeitet.
Corona-Impfung in den USA gefühlt überall möglich
Impfen lassen kann man sich mittlerweile gefühlt überall. In den kleinen Kliniken der Supermärkte oder in den Apotheken großer Drogerien, in den Impfzentren, in Krankenhäusern und teilweise sogar in Drive-Throughs.
Auch war das Land glücklicherweise mutig (oder risikobereit) genug, haufenweise Impfstoff zu bestellen. Offenbar ist man hier jetzt so gut versorgt, dass die USA nun „großzügigerweise“ angeboten hat, Astrazeneca-Impfungen, die hier noch auf Halde liegen und noch nicht genehmigt sind, an Kanada und Mexiko zu verleihen.
Anthony Fauci, der die US-Regierung in Sachen Corona berät, sagte dazu vor Kurzem, dass man vermutlich auch ohne die Astrazeneca-Impfdosen ausreichend versorgt sei, um die ganze Bevölkerung zu impfen.
Termine rasend schnell vermittelt
Vor etwa einem Monat schienen die Impfungen entsprechend so schnell voranzugehen, dass ich auch angefangen habe, mich über Registrierungsmöglichkeiten und Abläufe genauer zu informieren.
In Cincinnati empfahl das Gesundheitsamt zwei Online-Portale. Ein Portal, Healthcomm, war an private Krankenhäuser und Apotheken angeknüpft, das andere ans öffentliche Gesundheitssystem, lief aber über den privaten Anbieter Armorvax.
Armorvax ist eine App, die auch unabhängig von Corona, Impftermine für Nutzer:innen ausfindig macht und diese automatisch bucht, sodass man dann im Prinzip nur noch vor Ort erscheinen muss. Aus dem Freundeskreis habe ich nur Lob und Erstaunen gehört, wie fix die Corona-Termine über diese App verteilt wurden.
Auch hier ist nicht alles perfekt
Eine derart privatwirtschaftliche Lösung kann ich mir in Deutschland gar nicht vorstellen. Aber ich muss sagen, dass so zum Beispiel überhaupt nicht klar ist, was eigentlich mit den Daten passiert, die die Bürger auf diesen Portalen hinterlassen.
Man kann diese privaten Portale umgehen und sich direkt bei den jeweiligen Apotheken oder Zentren sowie natürlich auch beim Gesundheitsamt telefonisch anmelden. Hier habe ich jedoch durchaus gehört, dass man dann teilweise Stunden in der Warteschleife steckt oder keine Termine bekommt.
Auch habe ich mitbekommen, dass Menschen dann teilweise eine Stunde zum Impftermin fahren mussten, was nicht so ideal ist für Menschen, die nicht so mobil sind oder kein Auto haben.
Risiko vs. kostenloser Transport
Wer sich im großen offiziellen Impfzentrum von Cincinnati impfen lässt, kann zwar gratis mit dem Bus dorthin fahren. Hier muss man dann den Risiko-Faktor „öffentlicher Transport“ in Kauf nehmen und das ziemlich katastrophale Öffi-Netz. Bei den anderen Portalen und Impfstellen wird der Transport aber gar nicht erst angeboten.
Diese Komplikationen oder Extra-Ausgaben würde man in Deutschland vermutlich nicht so hinnehmen oder schon von vorneherein lösen.
So lief meine Corona-Impfung in den USA ab
Ich entschied mich also dazu, mich bei den von der Stadt empfohlenen Portalen anzumelden, vorsichtshalber bei beiden. Sicher ist sicher.
In beiden Fällen musste ich dazu einige persönliche Informationen (Name, E-Mail-Adresse, Alter, Beruf, medizinische Vorerkrankungen etc.) angeben. Danach entscheidet das System, wann die jeweilige Person geimpft werden kann.
Das hat online etwa fünf Minuten gedauert.
Nach meiner Anmeldung erhielt ich dann regelmäßig Updates, welche Altersgruppe nun in Cincinnati geimpft werden kann. Einige Tage bevor die Corona-Impfung für meine Gruppe freigegeben wurde, bekam ich eine E-Mail von Healthcomm, dass ich mich bereits für Impfungen registrieren könne.
Haufenweise Impftermine
Hier konnte ich dann meine Postleitzahl angeben und dann sehen, wo noch Impftermine im näheren Umfeld verfügbar waren. Es gab sowohl Termine für die Zweifach-Impfungen von Biontech und Moderna (wobei im Internet nicht gesagt wurde, welcher von den beiden Stoffen genutzt werden würde) und für die Einfach-Impfung von Johnson & Johnson.
Ich entschied mich für die Zweifach-Impfung und fand daraufhin einen Termin in einer Supermarkt-Klinik, die etwa 20 Autominuten entfernt war. Die Termine waren dabei definitiv nicht knapp. Ich hatte tatsächlich sehr viel Auswahl und konnte auch direkt einen Termin ein paar Tage später wählen.
Sobald ich den Termin gewählt hatte, speicherte das System diesen für 30 Minuten, bis ich meine gesamten Daten nochmals eingetragen hatte. Dazu gehörte nun auch das Ausfüllen eines Fragebogens zu Vorerkrankungen, eine Risikoaufklärung und eine digitale Einwilligungsbestätigung.
Voraufklärung? Gibt es nicht!
Das war es auch schon in Sachen Voraufklärung. Vor Ort hätte es aber auch nochmals die Möglichkeit gegeben, Fragen zu stellen. Ein verpflichtendes Aufklärungsgespräch gab es aber nicht.
Sobald ich den ersten Termin gebucht hatte, buchte das System automatisch den zweiten mit, was sehr praktisch ist. Das Ganze hat vielleicht zehn Minuten gedauert. Per Mail bekommt man dann außerdem mehrere Termin-Erinnerungen zugeschickt.
Corona-Impfung in den USA soll so einfach wie möglich sein
Die Impfung selbst lief genauso reibungslos ab. Alles, was man vorzeigen muss, ist ein Ausweis. Und dabei ist es auch egal, aus welchem Land oder Bundesstaat dieser Ausweis ist oder auch, ob er abgelaufen ist.
Damit will man bei der Corona-Impfung in den USA dafür sorgen, dass sich wirklich alle, also beispielsweise auch Menschen, die illegal eingewandert sind, oder Menschen ohne Krankenversicherung ohne Bedenken gratis impfen lassen können.
Die Wartezeit betrug dann etwa 15 Minuten, die Impfung dauerte nicht mal eine Minute und dann nochmals 15 Minuten Wartezeit im Anschluss.
Wenn ich die Voranmeldung und Fahrtzeit mitzähle, hat meine erste Corona-Impfung in den USA also insgesamt knapp eineinhalb Stunden gedauert und war mit minimalem Aufwand verbunden.
Man kann der US-Regierung im Umgang mit der Pandemie ja vorwerfen, was man will. Aber eines muss man sagen: Corona-Impfungen organisieren, das kann sie! Ob die Deutschen ein solches System für sich akzeptieren würden, ist aber eine andere Frage.
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