Die Nachfrage nach Elektroautos steigt rasant und schneller als erwartet. Das wirft Probleme und vor allem eine essenzielle Frage auf: Haben wir weltweit überhaupt genug Rohstoffe für Elektroautos?
2020 war, neben dem Corona-Jahr, auch das Jahr des Elektroautos. Insgesamt gesehen sind Elektrofahrzeuge im Straßenverkehr immer noch in der Minderheit.
Doch die rasant steigende Nachfrage, der politische Druck sowie die Entscheidung vieler Autobauer, künftig nur noch Elektroautos zu bauen, zeigt: Das wird nicht mehr lange so bleiben. Damit stellt sich aber auch die Frage, ob wir überhaupt genug Rohstoffe für Elektroautos haben. Oder könnte es hier bald zum Engpass kommen?
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Viele Fragen, unklare Antworten
Wissenschaftler stellen sich diese Frage nicht erst seit 2020. Viele von ihnen haben die Umstellung auf Elektrofahrzeuge bereits vor Jahren vorausgesagt und entsprechend das Verhältnis zwischen Ressourcen und Nachfrage untersucht.
Das sind die wichtigsten (knappen) Rohstoffe für Elektroautos
Elektroautos benötigen zum Bau natürlich eine Vielzahl von Rohstoffen. Viele davon sind, wenn es um deren Vorkommen geht, relativ unkritisch. Doch insbesondere für einige Komponenten im Elektromotor sowie in den Batteriezellen sehen Forscher mögliche Engpässe.
- Lithium
- Nickel
- Kobalt
- Kupfer
- Platin
- Seltenerdmetalle
Darüber hinaus gibt es noch einige andere Rohstoffe wie Titan, Mangan oder Graphit, die Forscher noch im Blick haben.
Tatsächlich verändern sich beide Parameter über die Jahre.
Zum einen haben viele Forscher nicht so schnell einen so großen Anstieg der Nachfrage vorausgesehen. Zum anderen verändern sich auch die Daten zu den vorhandenen Ressourcen auch.
Die Lage ändert sich stets
Das liegt daran, dass die Vorkommen kritischer Rohstoffe in den letzten Jahren genauer geprüft wurden. So war lange gar nicht genau bekannt, wie hoch die weltweit größten Lithium-Vorkommen im Grenzgebiet zwischen Bolivien, Argentinien und Chile überhaupt sind.
Mit steigender Nachfrage werden auch neue Quellen gesucht – und gefunden. So haben Geologen die Vorkommen der einzelnen Rohstoffe auch nach oben korrigiert – etwa beim Lithium.
Und schließlich macht auch die Technologie Fortschritte. Kobalt galt etwa lange Zeit als wichtiger Rohstoff für Batteriezellen. Aufgrund der umstrittenen Förderungspraktiken des Stoffes haben aber Autobauer hier bewusst Anstrengungen unternommen, den Rohstoff zu reduzieren oder gar zu ersetzen.
Tesla hat beispielsweise schon erste Kobalt-freie Elektroautos angekündigt.
In dem Fall ist der Bedarf drastisch gesunken, sodass sich auch hier das Verhältnis zwischen Nachfrage und Vorkommen verändert hat. Dies könnte theoretisch auch für weitere Rohstoffe passieren.
Lithium, Nickel und Co.: Knappe Rohstoffe für Elektroautos?
Ein Blick auf die aktuellen Vorkommen der kritischen Rohstoffe für Elektroautos zeigt, dass es für die meisten von ihnen zumindest theoretisch keine Beschaffungsprobleme gibt, wie beispielsweise Erhebungen aus der Studie „Rohstoffe für innovative Fahrzeugtechnologien“ der Landesagentur E-Mobil BW zeigen.
Lithium
Nach aktuellen Erhebungen der U.S. Geological Survey (USGS) liegen die Lithium-Vorkommen weltweit bei 86 Millionen Tonnen. Damit hat das Institut die Zahl deutlich nach oben korrigiert.
Das Öko-Institut schätzt, dass der globale Bedarf für Lithium für die Elektromobilität auf bis zu 1,1 Millionen Tonnen steigen könnte. Das Institut vermutet, dass man fast die Hälfte davon (40 Prozent) über Recycling gewinnen könnte.
Nickel
Die USGS schätzt die aktuellen Nickel-Vorkommen weltweit auf 300 Millionen Tonnen. Das Öko-Institut geht davon aus, dass sich bis 2050 der jährliche Bedarf von Nickel auf 7,2 Millionen Tonnen erhöhen wird.
Das Fraunhofer-Institut glaubt, dass dies sogar noch weiter steigen könnte, wenn Nickel als Kobalt-Ersatz stärker zum Einsatz kommt und es sogar kritisch werden könnte.
Kobalt
Das Öko-Institut schätzt, dass der jährliche Bedarf von Kobalt 2050 bei 800.000 Tonnen pro Jahr liegen wird. Da sich Autobauer bemühen, diesen Rohstoff in der Verarbeitung von Elektroautos zu reduzieren, könnte sich diese Zahl aber auch verringern.
Demgegenüber stehen Ressourcen von 120 Millionen Tonnen weltweit – im Erdboden. Man weiß aber auch, dass auf dem Meeresboden Kobalt zu finden ist. Erste Unternehmen haben sich hier bereits entsprechend positioniert.
Kupfer
Auch Kupfer könnte, so die Vermutung der Wissenschaftler, ein heiß gefragtes Metall werden. Doch besteht hier wirklich eine mögliche Rohstoffknappheit? Das Öko-Institut rechnet vor, dass im Jahr 2016 insgesamt 20 Millionen Tonnen Kupfer in der Primärproduktion genutzt wurden.
Die Nachfrage für den Rohstoff für Elektroautos im Jahr 2050 liegt dagegen mit rund sechs Millionen Tonnen weit darunter.
Wolfgang Bernhart, Automobilexperte bei der Beratungsagentur Roland Berger, sieht jedoch auch hier mögliche Engpässe, wie er in einem Interview mit dem Manager Magazin offenbarte.
Er geht davon aus, dass die hohe Nachfrage hier zu einem Zusatzbedarf von zwei bis drei Millionen Tonnen führen könnte. Das Kupfer werde nicht nur für Akkus und Elektromotoren benötigt, sondern auch für den Ausbau der Windenergie.
Seltenerdmetalle
Seltenerdmetalle kommen vor allem in den Permanentmagneten der Elektromotoren vor. In einer Studie der Europäischen Kommission erreichen sie den höchsten Wert für das Versorgungsrisiko.
Das Problem ist hierbei weniger, dass nicht genug Ressourcen vorhanden sind, sondern vor allem, dass 84 Prozent des Abbaus in China stattfindet. Damit kontrolliert China den Weltmarkt, die Fördermengen und die Preise.
So hat das Land zwischen 2010 und 2015 seine Förderungsmengen gesenkt und so die Preise in die Höhe getrieben, bis schließlich die Welthandelsorganisation dies mit einem Schiedsspruch beendete.
Platin
Platin spielt vor allem bei Elektrofahrzeugen mit Brennstoffzelle eine große Rolle. 2013 wurden nach Informationen der E-Mobil-Studie rund 188 Tonnen gefördert. Dennoch stuft die Europäische Kommission Metalle der Platingruppe als kritisch ein.
Denn nach Erhebungen der USGS liegen die weltweiten Ressourcen derzeit bei 100 Millionen Kilogramm, also 100.000 Tonnen. Hier handelt es sich also in der Tat um einen knappen Rohstoff.
Lieferengpässe
Geologen unterschieden zwischen Ressourcen und Reserven von Rohstoffen. Ressourcen sind die Rohstoffe, die es in der Natur gibt. Reserven sind die Rohstoffe, die man aktuell schon mit existierenden Technologien abbauen kann. Das heißt aber noch nicht, dass schon Minen oder laufende Abbaubetriebe dafür vorhanden sind.
Wenn man also Lithium-Ressourcen in Deutschland findet, heißt das noch lange nicht, dass diese in einem Jahr zur Verfügung stehen. Daher kann es auch zu einer Diskrepanz zwischen Reserven und Nachfrage geben.
Steigt die Nachfrage nach einem Produkt unerwartet schnell an, muss man erstmal die Infrastruktur schaffen, um die Rohstoffe dafür abzubauen. Und das kann dauern.
In der Zeit kann es zu Lieferengpässen kommen. Daran müssen Autobauer jetzt schon denken. Das erklärt zum Beispiel auch, warum immer mehr Hersteller ihre komplette Lieferkette sicherstellen wollen, um so möglich Lieferengpässe zu vermeiden.
Gleiches kann passieren, wenn man Probleme mit dem Abbau vor Ort hat oder bestehende Kooperationen zum Abbau von Ressourcen plötzlich aufgelöst werden. Nur weil man also theoretisch genug Rohstoffe hat, heißt das noch lange nicht, dass sie alle sofort zur Verfügung stehen.
Recycling von Rohstoffen
Eine große Unbekannte in diesen Prognosen ist auch das Recycling von Rohstoffen für Elektroautos. Die EU hat erkannt, dass hohe Recycling-Quoten nicht nur Geld und Ressourcen sparen, sondern auch mehr Unabhängigkeit bedeuten und hat hier entsprechende Programme ins Leben gerufen.
Denn theoretisch ist es möglich, eine große Menge benötigter Rohstoffe durch Recycling erneut zu verwerten. Doch bislang gibt es nur wenige industrielle Prozesse dafür und es ist nicht klar, wie wirtschaftlich sie sind.
Es ist aber zu erwarten, dass mit steigender Elektroautoproduktion und steigenden Preisen der dafür benötigten Rohstoffe auch das Recycling wirtschaftlicher wird.
Auch hier ist aber nicht ganz klar, ob durch Recycling der Rohstoffbedarf für Neufahrzeuge vollständig gedeckt werden kann oder ob hier noch Engpässe bleiben. Denn ein Teil dieser neu aufbereiteten Rohstoffe wird auch in den Reparatur- und Gebrauchtwagenmarkt fließen.
Keiner hat eine Kristallkugel
Das Problem mit solchen Prognosen ist also ziemlich offensichtlich: Man kann sich Szenarien für die mögliche Entwicklung von Nachfrage, technologischem Fortschritt und Vorkommen von Rohstoffen überlegen.
Diese sind, wenn auch gut durchdacht, aber natürlich nicht zu 100 Prozent verlässlich. Schließlich hat niemand eine Kristallkugel und kann wirklich in die Zukunft schauen.
So kann keiner absehen, ob nicht eine neue Technologie alles durcheinander wirft. Ob nicht ein völlig neuer Rohstoff, den aktuell keiner auf dem Schirm hat, plötzlich viel wichtiger wird. Ob Menschen vielleicht doch weniger Autos fahren werden als erwartet, weil sie ihre Fahrzeuge lieber teilen wollen.
Dennoch: Eine bedrohliche Knappheit für Rohstoffe für Elektroautos scheint es (vorerst) nicht zu geben, auch wenn es bei einigen kritisch werden könnte. Gleichzeitig heißt das nicht, dass es nicht zu Lieferengpässen kommen kann, oder, dass es ganzheitlich betrachtet dennoch wichtig ist, sparsam mit Ressourcen umzugehen.
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