Ende 2020 war es so weit. Meine Amazon Kindle gab nach knapp 8 Jahren Nutzung den Geist auf. Ein ununterbrochener Lesefluss war nur noch dann möglich, wenn man das Gerät ständig an die Steckdose anschloss, die Batterie hatte also nahezu ihr Lebensende erreicht. Ein neuer eBook-Reader musste her, durch die Marktmacht von Amazon wollte ich aber einmal etwas anderes ausprobieren. Da entdeckte ich wieder die Tolino-Reihe, die hierzulande über Buchhändler wie Hugendubel, Thalia oder Weltbild vertrieben wird.
Aktuell werden drei Modelle beworben: das Einsteigermodell Page 2 für 89 Euro, der Vision 5 für 179 Euro oder der Epos 2 für 299 Euro. Da ich die zusätzlichen physikalischen Tasten des Vision 5 ausprobieren wollte, bestellte ich mir dieses Modell. Nach etwas mehr als 3 Monaten kann ich sagen, dass ich den Kauf seitdem nicht bereue. Im Folgenden findet ihr eine Übersicht, wieso das so ist:
Verarbeitung
Qualität und Display
Wer den Tolino Vision 5 einmal ausgepackt hat, der wird für den Preis doch etwas enttäuscht. Das Gerät besteht aus einem Plastikrahmen, der zwar stabil ist, sich aber nicht wirklich wertig anfühlt. Auch die verfügbaren Knöpfe zum Vor- und Zurückblättern geben kein schönes Feedback, hier könnte der Hersteller noch deutlich nachbessern.
Anders verhält es sich mit dem Bildschirm. Dieser ist 7 Zoll (ca. 18 cm) groß und bietet eine großartige Ausleuchtung. Unter verschiedenen Lichtverhältnissen passt der Tolino seine Helligkeit an, je nach Tageszeit verändert sich auch die Farbtemperatur der Anzeige. Schriftarten und -größen lassen sich je nach Buch anpassen und werden bei einer Pixeldichte von 300 ppi scharf und gut leserlich dargestellt.
Kauf von E-Books
Große Auswahl von verschiedenen Händlern
Ein weiteres Plus für Tolino ist die große Auswahl an E-Books. So müssen wir nicht alles bei Amazon kaufen, sondern können zwischen verschiedenen Buchhändlern wählen. Mit dabei sind beispielsweise Hugendubel, Weltbild, Thalia, bücher.de oder ebook.de. Einmal gekauft synchronisieren sich alle Titel zuverlässig mit der Cloud. Sollte euer Partner oder die Kinder auch einen Tolino haben, so kann jeder auf die Bücher vom anderen zugreifen.
Weiterhin gefällt mir der Ansatz, dass Bücher im ePub-Format vorliegen. Im Vergleich zu Amazon, das sein eigenes MOBI-Format bevorzugt, lassen sich Inhalte also mit anderen Reader-Modellen oder Desktop-Anwendungen synchronisieren, sollte es Tolino eines Tages nicht mehr geben, könnte die Bibliothek einfach weiterverwendet werden.
Software
Hier gibt es noch einiges zu lernen
Meiner Meinung ist beim Tolino das größte Problem noch immer die Software. Zwar hat sich das eigene Betriebssystem in den letzten Jahren um Welten verbessert, trotzdem fühlt sich das Lesen noch nicht so flüssig wie auf einem Kindle an. Manchmal dauert es zwischen Druck auf die Taste und Umblättern mehrere Sekunden, auch das Aufrufen von Menüs und das Markieren von Inhalten dauert vergleichsweise lang.
Auch die Synchronisierung des Lesestands, Markierungen und Notizen mit der Cloud hat immer wieder Aussetzer. So ist es manchmal notwendig, sich komplett ab- und wieder anzumelden, bis dahin gemachte Notizen sind dann aber unwiederbringlich verloren. Das kann ein Kindle um Welten besser.
Akkulaufzeit
Einmal pro Monat aufladen
Schauen wir auf die Akkulaufzeit. Ich benutze den Vision 5 zwischen 30 und 60 Minuten pro Tag und komme mit einer Akkuladung durch einen ganzen Monat. Der Hersteller gibt hier 1.200 mAh an. Ist einmal die Batterieladung aufgezehrt, so macht der Tolino rechtzeitig auf sich aufmerksam, die Ladezeit ist in Ordnung (je nach Ladung ist der Reader nach etwas mehr als 1 Stunde wieder voll).
Sonstige Ausstattung
In der Badewanne lesen? Kein Problem!
Neben den oben genannten Features bietet der Vision 5 noch einen Schutz vor Badeunfällen. Sollte euch der Reader in die Badewanne fallen, so habt ihr mit 60 Minuten ausreichend Zeit, um ihn wieder herauszufischen. Weiterhin ist der Speicherplatz mit 6 Gigabyte für Bücher üppig bemessen, hier finden bis zu 6.000 E-Books Platz.
Abschließend soll noch der Hotspot-Support erwähnt werden. Habt ihr einen Tolino und seid über diesen bei einem Buchhändler angemeldet, dann könnt ihr auf sämtliche öffentliche Hotspots der Deutschen Telekom zurückgreifen. Ein Buch unterwegs zu kaufen ist somit kein Problem.
Fazit
Tolino oder nicht Tolino? Das ist hier die Frage
Ist der Tolino also der bessere Kindle? Ja und nein! In vielen Punkten kann der Tolino mit Amazon gleichziehen, manche Funktionen finde ich sogar etwas besser als beim Kindle (beispielsweise das Format und die Freiheit, Bücher zu kaufen, wo ich will). Auf der anderen Seite liegt der Kindle bei der Software und der Synchronisierung deutlich vorne. Auch preislich kriegt man mit dem Kindle Paperwhite für knapp 120 Euro ein etwas günstigeres Lesevergnügen, man muss aber auf physische Tasten zum Blättern verzichten.
Wer über die Software-Kinderkrankheiten des Tolino hinweg sehen kann und lokale Buchhändler unterstützen möchte, dem sei ein Vision 5 ans Herz gelegt. Wer ohnehin schon im Amazon-Universum verortet ist, für den ist der Vision 5 eher keine Option.