Eine Kommission der Mittelstandsvereinigung der Union will ARD und ZDF zusammenlegen, berichtet die Welt. Was genau hinter den Forderungen steckt und welche Auswirkungen diese hätten.
Die ARD befindet sich im „größten Reformprozess“ ihrer Geschichte, sagte der ARD-Vorsitzende und WDR-Intendant Tom Buhrow Ende Januar 2021 im Interview mit dem Kölner Stadt-Anzeiger. Bis 2024 werde die öffentlich-rechtliche Anstalt mehr als 300 Millionen Euro einsparen müssen.
Doch das scheint einigen noch nicht genug zu sein. Wie Thomas Vitzthum in der Welt berichtet, hat die Mittelstandsvereinigung der CDU ein Reformkonzept für ARD und ZDF erarbeitet.
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Die Hintergründe
Das Konzept der Mittelstands- und Wirtschaftsunion ist seit 2019 in Arbeit, schreibt Vitzthum weiter. Beteiligt seien MIT-Chef Carsten Linnemann (CDU), Stefan Müller, Parlamentarischer Geschäftsführer der CSU, sowie der Wettbewerbsökonomen Justus Haucap gewesen.
Insgesamt habe es sechs Treffen gegeben, an denen auch Ex-Manager von ARD und ZDF sowie Medienpolitiker von CDU und CSU aus Bund und Ländern teilgenommen haben.
Die Reform würde einer „Revolution“ gleichkommen, fasst Vitzthum zusammen. Inhaltlich werde bemängelt, der öffentlich-rechtliche Rundfunk sei „zu zersplittert, zu teuer, zu redundant in seinen Strukturen.“ Die Beteiligten halten ARD und ZDF außerdem vor, mit ihrem Programm nicht mehr „dem eigentlichen Auftrag“ zu folgen.
Die Details
ARD und ZDF sollen verschmelzen – das ausgesprochene Ziel: „Es soll künftig nur noch EINE öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt geben.“
Die MIT will die bestehenden Strukturen neu ordnen. Die „zahlreichen linearen TV-Vollprogramme“ würden zusammengekürzt, das Programm „auf wenige Kanäle konzentriert werden.“
Der wohl weitreichendste geplante Eingriff betrifft die Gestalt der beiden Sender. „Die bisherigen Sender sollen unter diesem Dach fusionieren. Mehrfachstrukturen sollen entfallen“, heißt es in dem Papier.
Ziel ist ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk mit besserem Informations- und reduziertem Unterhaltungsangebot, der mit veränderten Strukturen insgesamt günstiger wird.
Auch bei den Radiosendern wollen die selbsterklärten Reformer den Rotstift ansetzen: Von den 74 Radiosendern müsse „ein signifikanter Teil entfallen.“
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk soll nach Auffassung der Mittelstands- und Wirtschaftsunion die „Defizite füllen“, die private Anbieter „nicht im erwünschten Umfang“ anbieten, schreibt Vitzthum.
Nach dieser Logik würden ARD und ZDF also zur Resteverwertung verdonnert – für alles, was die Privaten nicht zufriedenstellend genug umsetzen. Es bleibt jedoch fraglich, wer die Angebote der Privaten dauerhaft kontrollieren und einordnen soll, ob sie nun zufriedenstellend sind oder nicht.
Die Gefahren
Natürlich soll auch der Rundfunkbeitrag sinken – immerhin würde ja durch die Zusammenlegung Geld gespart. Ein sogenannter Grundversorgungsbeitrag würde dann für jeden ab Vollendung des 18. Lebensjahres fällig.
Gefährlich sind die Vorstellungen unter anderem im Hinblick auf den in Europa erstarkenden Populismus. Denn am Ende spielen die Forderungen auch der AfD in die Karten, die den öffentlich-rechtlichen Rundfunk kategorisch ablehnt.
Die MIT schreibt zwar: „Es ist für den demokratischen Diskurs und die politische, gesellschaftliche, wirtschaftliche und kulturelle Bildung und Teilhabe wichtig, dass es seriös aufgearbeitete, ausgewogene, gut recherchierte, auch elektronische Angebote gibt.“
Doch würden ARD und ZDF zum Resteverwerter der Privaten – und ich möchte mal sagen – verkommen, wäre das ein herber Schlag für unsere demokratische Grundordnung.
Die öffentlich-rechtlichen Sender müssen unabhängig berichten können. Das tun sie im Vergleich zu privaten Sendern, ohne vor Investoren für deren wirtschaftliche Interessen Verantwortung übernehmen zu müssen.
Auch die wirtschaftlichen Folgen sind nicht zu vergessen. Schließlich sind ARD und ZDF bedeutende Arbeitgeber. Allein die ARD beschäftigt 23.000 Menschen festangestellt. Hinzu kommen unzählige freie Journalistinnen und Journalisten, die ihr täglich Brot bei der Sendeanstalt verdienen.
Die öffentlich-rechtlichen Anstalten sind also auch ein erheblicher Wirtschaftsfaktor – was die Beteiligten bei den ganzen Diskussionen um Rundfunkbeitrag, Reformen und Co. offenbar vergessen.
Es gibt schließlich keine Maschine, in die man einfach den Rundfunkbeitrag – oder Grundversorgungsbeitrag – rein schüttet und dann kommt einfach so guter Journalismus heraus.
Oder wie Tom Buhrow es beim Kölner Stadt-Anzeiger formulierte: „Man kann nicht sagen: Reform, Reform, Reform, aber wir wollen keine Abstriche an dem, was zu sehen und hören ist.“
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