Kann Künstliche Intelligenz Selbstmord verhindern? Verschiedene Initiativen und Forschungsprojekte zeigen erste positive Ergebnisse. Auch in Deutschland gibt es einen Pilotversuch.
Im futuristischen Universum des Buchs „The Minority Report“ von Philip K. Dick passieren keine Verbrechen mehr. Die Menschheit hat einen Weg gefunden, um diese zu verhindern. Sogenannte „Precogs“ haben eine spezielle Gabe, um Verbrechen vorauszusagen.
Die Precogs sind menschenähnliche Mutanten mit außergewöhnlichen Fähigkeiten. Ihr Gehirn ist mit Maschinen verbunden, um so über ihre besondere Intelligenz kriminelles Verhalten vorhersagen zu können.
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So funktioniert Künstliche Intelligenz (KI) heutzutage natürlich nicht. Doch die KIs haben eine gewisse Ähnlichkeit mit den Precogs: Sie können, wenn man so will, gewissermaßen in die Zukunft sehen und dabei, so die Hoffnung, Selbstmorde verhindern.
So könnte Künstliche Intelligenz Selbstmord verhindern
Dahinter stecken natürlich smarte, selbstlernende Algorithmen, die von Menschen trainiert werden, um bestimmte Muster zu erkennen.
Besonders beliebt sind diese Algorithmen im Service-Bereich, um zu analysieren, was Kunden brauchen, was sie sich wünschen und wie ihre Reaktionen interpretiert werden können. Ziel ist es, Kunden so die bestmögliche Nutzererfahrung zu bieten.
Doch abseits von Kundenzufriedenheit experimentieren auch andere Institutionen mit dieser Form von vorausschauender KI. So gibt es weltweit erste Versuche, mithilfe von Künstlicher Intelligenz Selbstmorde zu verhindern.
Ähnlich wie bei den Precogs hofft man, dass eine KI Warnzeichen frühzeitig erkennen kann, damit Psychologen oder Hilfsstellen noch rechtzeitig eingreifen und den Selbstmord verhindern können.
USA testet KI bei Kriegsveteranen
In den USA ist ein solches Programm bereits im Einsatz – und zwar beim United States Department of Veterans Affairs, VA. Die Behörde für Kriegsveteranen testet seit Kurzem das KI-basierte Programm „Veterans Signals“.
Dabei hofft die Behörde, dass Künstliche Intelligenz Selbstmord verhindern kann.
Selbstmord ist für Kriegsveteranen in den USA ein besonders großes Problem. Nach dem aktuellen Selbstmord-Bericht der VA liegt die Selbstmordrate bei männlichen Veteranen 1,5 Mal höher als bei Nicht-Veteranen. Bei weiblichen Veteranen ist die Selbstmordrate sogar 2,2 Mal höher im Vergleich zur nicht-veteranen Bevölkerung.
Traumatische Kriegserlebnisse werden häufig nicht aufgearbeitet. Zudem ist es für viele ehemalige Soldaten nach ihrer Zeit in der Armee nicht leicht, sich wieder in die Gesellschaft einzugliedern.
Viele von ihnen haben oftmals keine weitere Ausbildung, sodass Arbeitslosigkeit, Obdachlosigkeit, Drogenkonsum und psychische Probleme diese Bevölkerungsgruppe besonders stark betreffen, schlussfolgert eine Studie, die 2015 im Fachjournal Advances in Medical Education and Practice veröffentlicht wurde.
Psychische Probleme werden in der Armee zudem oftmals als Schwäche charakterisiert, sodass es für viele Veteranen nicht einfach ist, sich Hilfe zu suchen.
Genau hier soll KI helfen. Anhand von bestimmten Elementen in Gesprächen der VA-Hotline soll die KI anhand von Wörtern oder Intonation Anzeichen von Selbstmord frühzeitig erkennen. Offenbar funktioniert das System recht gut. Experten konnten so schon in über 1.400 Fällen frühzeitig einschreiten.
Die VA hofft natürlich parallel auf größere systemische Veränderungen und auf mehr Ressourcen, um so die psychische Betreuung von Kriegsveteranen verbessern zu können. Künstliche Intelligenz könnte aber eine Stütze dabei sein.
In NRW soll Künstliche Intelligenz Selbstmord in Haft verhindern
Auch in Deutschland gibt es erste Experimente mit Künstlicher Intelligenz, um Selbstmord zu verhindern.
In Nordrhein-Westfalen läuft derzeit ein Forschungsprojekt mit KI in Gefängnissen. Das Unternehmen, das die KI entwickelt hat, stammt aus Chemnitz und trainiert derzeit die Algorithmen so, dass sie Anzeichen von Selbstmord bei Gefängnisinsassen schnell erkennen können.
Dazu analysiert die KI Videoaufnahmen der Insassen und prüft Emotionen, Gesichtsausdrücke sowie gefährliche Objekte in den Zellen.
Die Suizidrate in Gefängnissen in NRW ist zwar rückläufig. 2018 nahmen sich elf von rund 16.000 Gefangenen das Leben, 2017 waren es 13. Dennoch ist natürlich jeder Suizid einer zu viel und so hofft das Justizministerium, dass Künstliche Intelligenz die Zahl der Selbstmorde in Gefängnissen noch weiter reduzieren kann.
China: KI analysiert Social-Media-Posts nach Warnzeichen
In China ist man schon etwas weiter. Hier kann die Suizid-Hilfsinitiative „Tree Hole Rescue“ schon Erfolge verzeichnen. Programme, die auf Künstlicher Intelligenz basieren, untersuchen hierbei das Verhalten von Nutzern in sozialen Netzwerken wie Wechat.
Dabei werden selbstgefährdende Aussagen auf einer Skala von eins bis zehn eingeordnet. Eine eins bedeutet ein geringes Selbstmordrisiko, eine zehn ein entsprechend hohes Risiko. Freiwillige werten die Daten der KI aus und wenden sich in dringenden Fällen an die örtlichen Behörden.
Dadurch konnte die Initiative bereits mehrere Selbstmorde verhindern.
In allen Fällen sind sich Experten zwar einig, dass Künstliche Intelligenz nicht jeden Selbstmord verhindern und auch nicht menschliche psychologische Betreuung ersetzen kann. Dennoch hofft man, dass KI im Kampf gegen Suizid helfen kann.
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