Joe Biden, Europa und die Zukunft: Nach dem Amtsantritt des 46. US-Präsidenten folgten Jubelstürme rund um den Globus. Doch was bringt Joe Biden für die europäische Wirtschaft? Welche Risiken und Herausforderungen der Trump-Ära bleiben? Eine Analyse.
Er wird gefeiert wie der Retter der modernen Welt. Das Internet läuft über vor Jubelposts. Biden löst Trump ab, die Mauer wird nicht gebaut und ins Weiße Haus ziehen zwei Hunde ein.
Wow. Der Amtsantritt des 46. US-amerikanischen Präsidenten Joe Biden sorgte im Januar für Freudentänze in den unterschiedlichsten Lagern. Doch langsam lässt sich erahnen, was seine Präsidentschaft auch für Europa mit sich bringt.
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Ein viel versprechender Anfang
Die ersten Tage seiner Präsidentschaft nutzte Biden medienwirksam, um einige der größten Fehlentscheidungen seines Vorgängers auf schnellstem Weg rückgängig zu machen.
Zehn Tage nach seiner Amtseinführung, am 30. Januar, twittert er schon, womit er sich bereits beschäftigt habe: Covid-19, die Wirtschaft, der Klimawandel, Gleichberechtigung der Rassen, Einwanderung, Gesundheitsversorgung und die Rechte der LGBTQ-Community. Und das, so schreibt er, sei gerade erst der Anfang.
Erstaunlich, wie effektiv so ein Präsident der Vereinigten Staaten agieren kann, wenn er seine Tage nicht nur auf einem Golfplatz verbringt. Eine wirklich erfreuliche Entwicklung für alle Amerikanerinnen und Amerikaner. Doch werfen wir jetzt mal einen Blick auf Europa.
Joe Biden: Europa – das können wir erhoffen
Die USA gehören zu den wichtigsten Handelspartnern für Europa. Rund 20 Prozent aller EU-Exporte gehen in die USA. Der Großteil der deutschen Warenexporte ebenfalls. Und das sind nicht nur Autos.
Schraubenhersteller Würth ist ein Beispiel, dass auch für den Mittelstand die Handelsbeziehung mit den USA enorm wichtig ist. Etwa 14 Prozent seines Umsatzes macht Würth in den USA. Eigentlich.
Denn, wie im Handelsblatt zu lesen ist, hatte das Unternehmen seine Investitionen aufgrund der 2018 von Trump eingeführten Strafzölle in den USA auf Eis gelegt – und zwar so lange, bis Trump geht.
Es gibt viele solcher Beispiele, die zeigen, wie wichtig ein partnerschaftlicher Umgang miteinander ist. Nach den Chaos-Jahren ist eine der größten Hoffnungen also, dass Verlässlichkeit und Beständigkeit in die Beziehung zu den USA zurückkehren.
Biden tritt Pariser Klimaabkommen wieder bei
Ein wichtiger Punkt auf der Agenda Bidens ist die Umweltpolitik. Dem Pariser Klimaabkommen sind die USA wieder beigetreten. Von Investitionen in umweltfreundliche Technologien könnten auch europäische Unternehmen und die deutsche Industrie mit ihrem Know-how in diesem Bereich profitieren.
Doch klar ist: Biden muss zunächst die heimische Wirtschaft nach der Covid-19-Krise stärken. Und von möglichen Incentive-Paketen werden entsprechend der Prämisse „Buy American“ vor allem amerikanische Firmen profitieren.
Deutsche Hersteller müssen also ihre Niederlassungen in den USA weiter ausbauen, um dort langfristig Umsätze erzielen zu können.
Joe Biden: Europa – was wir befürchten müssen
Selbstverständlich hat für den 46. Präsident der Vereinigten Staaten die Wirtschaft seines eigenen Landes oberste Priorität. Und aus diesem Grund wird der Slogan „America First“ nicht plötzlich von der Bildfläche verschwinden.
Die Strategie der Handelszölle wird Biden nicht von einem auf den anderen Tag verwerfen. Bisher heißt es nur, er werde sie „kritisch prüfen“. Handelssanktionen werden sicherlich auch unter Biden ein Mittel der USA bleiben, um politische Interessen durchzusetzen.
Sollte Biden sich hier gar nicht bewegen, wird sich Europa womöglich immer mehr China zuwenden und die wirtschaftlichen Beziehungen in Richtung Osten intensivieren. Doch Europa darf und kann nicht auf Entweder-oder setzen. Beide Großmärkte sind essenziell wichtig.
Was Europa tun muss
Joe Biden hat die große Aufgabe, das gespaltene Land zu einen. Für ihn werden also vor allem die innerpolitischen Herausforderungen im Fokus stehen.
Europa muss daher ganz bewusst aktiv werden und auf die USA zugehen. Die Schwierigkeit besteht darin, innerhalb des Trios USA, China und Europa nicht ins Hintertreffen zu geraten. Stattdessen ist nun diplomatisches Geschick in alle Richtungen gefragt.
Obwohl die EU vom Handel mit China profitiert, muss hier Fingerspitzengefühl bewiesen werden, um die USA nicht noch weiter durch Handelsabkommen mit China zu verärgern.
Deswegen müssen wir auch in den Militär- und Sicherheitsfragen Schritte auf USA zugehen, um verlorenes Vertrauen von beiden Seiten zurückzugewinnen. Die Wirtschaft braucht hier die Unterstützung der Politik.
Der europäische Binnenmarkt muss stark und belastbar bleiben
Europa muss sich seiner enormen Stärke bewusst werden und dafür sorgen, dass Europa die dritte Wirtschaftsmacht weltweit bleibt und nicht zwischen China und den USA „zerrieben“ wird.
Einigkeit in wichtigen Fragen der Außen-, Sicherheit und Wirtschaftspolitik gegenüber China und den USA sind eine Grundvoraussetzung.
Gleichzeitig muss Europa Innovationen stärken und Gründer fördern. Nur so können wir verhindern, dass Unternehmen mit innovativen Ideen oder aussichtsreiche Start-ups mit neuen Technologien abwandern und andere Wirtschaftsregionen davon profitieren.
Ich selbst habe bei meiner Start-up-Beteiligung in den USA im Jahr 2020 erlebt, wie einfach das amerikanische System aufgebaut ist. Sehr unkompliziert, schnell und effizient. Die geringe Regulierung hat mich als Investor in den USA begeistert. Hier muss Europa nachziehen.
Joe Biden, Europa und die Zukunft
Wir dürfen unsere Kraft nicht mit innereuropäischen Streitereien verschwenden. Nur so können wir gegenüber den USA stark sein und auch eigene Interessen einfordern.
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