Das Gesundheitsministerium wollte mit seinem Portal gesund.bund.de die Suchergebnisse bei Google dominieren. Doch nun hat das Landgericht München I der Kooperation Einhalt geboten – zu Recht.
Erst im September 2020 ist gesund.bund.de vom Bundesgesundheitsministerium an den Start gegangen. Für mehr Sichtbarkeit bei Google sollte dann ab November 2020 eine Kooperation sorgen, die dem nationalen Gesundheitsportal die vordersten Plätze in den Suchergebnissen sichern sollte.
Der Plan: Google zeigt die Inhalte des Portals in einer Sonderintegration über den organischen Suchergebnissen zu Gesundheitsfragen an.
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Bundesregierung sieht die Kooperation nicht als Problem
Nach heftiger Kritik – vor allem aus der Verlagsbranche – ließ die Bundesregierung über den Parlamentarischen Staatssekretär im Gesundheitsministerium Thomas Gebhart verkünden, an der Kooperation festhalten zu wollen.
Es werde nicht in die Pressefreiheit eingegriffen und auch nicht gegen nationales oder europäisches Wettbewerbsrecht verstoßen, zitiert der Focus Gebhart.
Doch mit der Meinung standen Gesundheitsministerium und Google relativ allein da. Denn bereits Mitte Dezember 2020 hat die Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein ein Verfahren gegen Google eingeleitet.
Die Zusammenarbeit könnte gegen den neuen Medienstaatsvertrag verstoßen. Daher will die Medienanstalt prüfen, ob der Tech-Konzern journalistisch-redaktionelle Angebote mit der Bevorzugung des Gesundheitsportals diskriminiert.
SEO-Abkürzung für das Ministerium
Johannes Beus bezeichnet das Vorgehen der beiden Partner bei Sistrix als „Abkürzung“. Denn die geringe Sichtbarkeit im Vergleich zu den großen Branchenportalen Netdoktor.de und Apotheken-Umschau.de würde „für jeden normalen SEO bedeuten: Ärmel hochkrempeln, Stärken der Wettbewerber analysieren, eigenes Angebot verbessern und Sichtbarkeit gewinnen“.
Insgesamt stehe die Kooperation zwischen Google und Gesundheitsministerium hinter 2.184 Keywords, analysiert Beus. Davon kommen allein 164 Keywords auf ein monatliches Suchvolumen von über 10.000 Suchen.
Verlage gegen geballte G-Power
Die Verlage hinter den privaten Gesundheitsportalen sind darüber natürlich alles andere als erfreut. Daher haben sich Burda und der Wort & Bild Verlag Anfang Februar 2021 aufgeschwungen, es mit den beiden großen Gs aufzunehmen.
Das Gesundsheitsportal Netdoktor.de von Burda hat vor dem Landgericht München I Klage eingereicht. Denn Google und das Gesundheitsministerium würden ihre Marktstellung missbrauchen und so auch die Pressefreiheit verletzen.
Burda-Vorstand Philipp Welte bezeichnete das Vorgehen im Morning Briefing Podcast von Gabor Steingart als „Pakt gegen die freie Presse“.
Ungesunde Übereinkunft
Das Landgericht München I hat Burda nun recht gegeben und die Kooperation vorerst untersagt. Denn Google und das Gesundheitsministerium verstoßen mit ihrer Vereinbarung gegen das Kartellrecht.
Eine weitere Entscheidung vom Landgericht Berlin steht noch aus. Denn auch der Wort & Bild Verlag, der mit seiner Apotheken Umschau ein Big-Player im Medizinjournalismus ist, will die Kooperation aufhalten. Diese stelle eine „gezielte Behinderung des freien Wettbewerbs“ dar und verstoße gegen die Staatsfreiheit der Presse.
Verlagschef Andreas Arntzen, der dereinst die Singlebörse Parship gegründet hat, nennt das Vorgehen des Ministeriums im Horizont-Interview eine „Bevormundung der mündigen Bürgerinnen und Bürger“.
Selbst die Großen dürfen sich nicht alles erlauben
Die Entscheidung des Landgerichts München sei „historisch“, schreibt Andrian Kreye in der Süddeutschen Zeitung. Damit werde die „Macht, die Digitalkonzerne gerne abstreiten“, erstmals rechtsgültig bestätigt.
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