Deutsche Streaming-Dienste mischen mit, kochen aber meist ihr eigenes Süppchen – und das wird aktuell von US-Streaming-Offensiven zusehends versalzen. Kann Deutschland den Sprung auf die vorderen Ränge im Streaming-Markt schaffen oder braucht es einen globalen europäischen Player?
Zugegeben, das deutsche Kino nimmt seit Jahrzehnten eine Sonderstellung ein. Doch das gilt für alle Länder abseits der USA. Zunächst spiegelt sich darin kein Qualitätsverlust wider. Deutschland hat zahlreiche von der Kritik gelobte cineastische Produkte hervorgebracht.
Im Vergleich erscheint der Gesamteindruck aber oft bieder. Womit nicht der Wettbewerb mit der schillernden Hollywood-Maschinerie gemeint ist, denn neben Blockbustern liefert das amerikanische Kino auch echte Highlights im Independent-Sektor.
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Mit der Netflix-Serie „Dark” manifestierte Deutschland zuletzt ein wettbewerbsfähiges Ausrufezeichen – die Ausnahme von der Regel. Ähnlich verhält es sich mit deutschen Streaming-Portalen: Sie nehmen am Spiel der Großen teil, setzen sich aber nicht durch.
Wo stehen deutsche Streaming-Dienste im Markt?
Mit „deutschen Streaming-Diensten” sind kontextuell die Video-on-Demand-Dienste von in Deutschland ansässigen Mutterkonzernen gemeint – wie Joyn, einem Gemeinschaftsunternehmen der Medienhäuser ProSiebenSat.1 und Discovery, sowie TV Now der RTL Mediengruppe.
Mit Discovery ist ein US-amerikanisches Medienunternehmen involviert. Auch Sky Deutschland gehört seit Oktober 2018 zum US-Medienkonzern Comcast Corporation. Im Jahr 2019 verlor Sky im Poker um wertvolle Fußball-Streaming-Rechte gegen das aufstrebende Sport-Portal DAZN der britischen DAZN Group.
Viele erinnern sich noch an Maxdome. Inzwischen existiert die laut eigenen Angaben einst größte Online-Videothek Deutschlands in der ab 2006 aktiven Form nicht mehr. Nach der Migration zum kostenpflichtigen Portal Joyn PLUS können Abonnenten im Maxdome-Store nur noch Titel leihen und kaufen.
Der Abgesang von Maxdome steht exemplarisch für die Situation deutscher Streaming-Dienste. Zwar verbuchen Joyn und Co. in der Corona-Krise ein Wachstum, doch das gilt auch für die großen Player.
Allen voran Netflix, das laut einer Studie des Hamburger Marktforschungsinstituts Splendid Research im Februar 2020 deutlich auf dem ersten Platz der Top-Streaming-Dienstleister deutscher Nutzer landete.
Damals lagen Joyn und TV Now interessanterweise vor Disney Plus. Und Sky belegte den dritten Platz. Inzwischen sollte sich das Ranking verändert haben, wenn man bedenkt, dass Disney Plus zu den brandneuen Anbietern gehört. Zudem steht mit Paramount Plus ein weiterer potenziell großer Streaming-Anbieter in den Startlöchern.
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Gemeinsame deutsche Streaming-Dienste: Der Fall Germany’s Gold
Der durch die Corona-Pandemie entfachte Streaming-Boom wird nachhaltig sein, da etliche Neukunden nun Abonnements besitzen und die VoD-Vorteile zu schätzen wissen. Davon abgesehen expandiert der Markt grundsätzlich stark.
Im Branchenreport „Streaming Market Germany 2020“ prognostiziert die Beratungs- und Forschungsgruppe Goldmedia einen stetigen Anstieg des von werbefinanzierten und kostenpflichtigen Anbietern in Deutschland erwirtschafteten Umsatzes – bis zum Jahr 2024 auf 6,5 Milliarden Euro. Ende 2019 lag der Gesamtumsatz bei 3,6 Milliarden Euro.
Lapidar formuliert: Das Bett ist gemacht, die Frage ist nur, wer sich zu Netflix, Amazon Prime Video, Disney Plus und Co. legt. Da die individuellen Aussichten für bestehende deutsche Streaming-Dienste nicht allzu gut sind, rückt der Bedarf nach einem Zusammenschluss in den Fokus.
Im Jahr 2011 erfolgte ein Versuch deutscher Sender, die Angebote zu bündeln. Unter dem Namen „Germany’s Gold” planten ARD und ZDF eine gemeinsame Online-Videothek.
Der damalige ZDF-Intendant Markus Schächter war begeistert: „Ich habe selten eine solche Euphorie erlebt wie bei den Beteiligten dieses Projekts.” Später im selben Jahr verkündete Schächter, dass er für die nächste Amtsperiode nicht zur Verfügung stehe.
Im September 2013 wurde bekannt, dass das öffentlich-rechtliche Gemeinschaftsprojekt von den Auflagen des Bundeskartellamts ausgebremst wurde. Das ursprüngliche Modell sah eine Zahlung zusätzlich zu den GEZ-Gebühren vor. Hier scheiterte die Idee und Alternativmodelle analog zu den Auflagen des Kartellamts kamen für ARD und ZDF nicht in Frage.
„Wir brauchen deutsche und europäische Alternativen”
Im Jahr 2018 kam wieder Bewegung in die Idee einer globalen Mediathek. Gegenüber dem Handelsblatt hatte der damalige kommissarische ProSiebenSat.1-Chef Conrad Albert den Wettbewerb klar thematisiert und sich für eine gemeinschaftliche Lösung ausgesprochen:
Ich begrüße die Idee. Wir brauchen deutsche und europäische Alternativen zu Netflix, Amazon Prime oder YouTube. Wir müssen mehr gemeinsam Hand in Hand machen, gerade auf der Inhaltsebene. Hier liegt unsere Kraft.
Weitere in der Branche namhafte Fürsprecher waren angeblich der Vorstandsvorsitzende von Axel Springer SE, Mathias Döpfner, der ARD-Vorsitzende und BR-Intendant Ulrich Wilhelm sowie Patricia Schlesinger vom RBB, Tom Buhrow vom WDR und Wirtschaftsminister Peter Altmaier.
https://twitter.com/conrad_albert/status/1060085517608456192
Zur „Super-Mediathek” kam es bislang nicht. Stattdessen legte der zu dem Zeitpunkt als Vize-Chef agierende Conrad Albert sein Amt Ende April 2020 nach kritischen Aussagen zur Entwicklung der ProSiebenSat.1-Gruppe und der öffentlichen Äußerung „Vorstands-Soap-Opera“ nieder.
Die Streaming-Strategie von Funke
Die Funke Mediengruppe positioniert sich weiterhin stark in einer Streaming-Nische. Statt eigene Angebote zu offerieren, sorgt der Konzern für einen besseren Überblick. Mit Werstreamt.es existiert bereits ein digitaler Guide zur Verfügbarkeit von Filmen und Serien bei den verschiedenen Streaming-Anbietern.
Neu zum Portfolio des Funke Digital Brand Networks gehört die Sport-Rubrik von Werstreamt.es, wie Matthias Sandner, Director Operations, verkündet:
Wir sind mit Werstreamt.es der führende Anbieter für Infos zu On-Demand-Inhalten von Netflix, Amazon Prime Video und diversen weiteren Anbietern. Mit unserem Sport-Angebot steigen wir jetzt in den Bereich der Live-Events ein.
Die Strategie „Informations- statt Inhaltsvermittlung” fußt auch im Print. Seit Oktober 2020 veröffentlicht die Funke Mediengruppe das treffend benannte Magazin „Streaming” und reagiert damit mutig auf die steigenden Zahlen im Streaming-Markt.
Das Magazin erscheint vierteljährlich mit einer Druckauflage von 150.000 Exemplaren und informiert sowohl faktisch als auch redaktionell: „Alle Highlights aus den Rubriken Serie, Film und Dokumentation stellen wir optisch opulent und mit klarer redaktioneller Bewertung vor”, sagt Chefredakteur Christian Hellmann.
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