Im Jahr 2021 zeichnet Rouven Kasten mitverantwortlich für das digitale Marketing der GLS Bank. Doch sein Weg dorthin war alles andere als geradlinig. Im Interview erzählt er von den Herausforderungen und Erkenntnissen von und für Selbstständige und Quereinsteiger.
Gibt man den Namen Rouven Kasten in Suchmaschinen ein, findet man ihn direkt in Verbindung mit der GLS Bank, wo er im Bereich digitales Marketing tätig ist. Beschäftigt man sich weiter mit Rouven, wird schnell klar, dass er einen bunten Strauß an Berufserfahrung mitbringt.
Vom gelernten Elektriker hin zum Speaker im Bereich Online-Marketing für eine grüne Bank – das ist definitiv eine interessante Entwicklung. Ich sprach mit ihm über seinen Werdegang sowie seinen Quereinstieg in das digitale Marketing.
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Rouven, viele aus unserer digitalen Blase kennen dich und haben dich garantiert schon als Speaker oder auf der Re:publica live getroffen. Für die, die dich noch nicht kennen und weder deinen Hang zu Kaffee noch zum Radfahren kennen, stell dich doch bitte kurz vor.
Rouven Kasten: Ich bin 46 Jahre alt und in der Mitte der 70er-Jahre mit Raider, Pink Floyd und Atari aufgewachsen. Neben Sport und guter Musik – hören und machen – interessiere ich mich für Kommunikation, Möglichkeiten der digitalen Vernetzung sowie Kultur, Fotografie, Design, Katzen und guten Espresso.
Beim Segeln, Rennradfahren oder Laufen puste ich mein Hirn frei. Und sollte ich die 500 Meter mal ohne Schwimmflügel schaffen, wäre ich 2021 mit meinem ersten Triathlon dran. Ich lebe und liebe in Duisburg, zusammen mit meiner tollen Frau und zwei Katzen.
Ungeplanter geplanter Quereinsteiger in der Digital-Welt
Vom Elektriker in die Abteilung für digitales Marketing einer ökologischen Bank ist eine ziemliche Entwicklung. Ich vermute, das war so nicht geplant. Wie ist es dazu gekommen?
Nein, das war definitiv nicht geplant. Aber manche Dinge passieren, weil es passt. Nach der Grundschule stellte man meine Weichen schon mal nicht auf Abitur. Der kleine Träumer wird sicher keins machen. Irgendwie habe ich mich mit der Schule bis zum letzten Tag durchgemogelt.
Allerdings gab man mir die Chance, die zehnte Klasse zu wiederholen, um reifer zu werden, vielleicht doch ins Abitur zu gehen. Daran dachte ich in dem Moment, in dem ich dann erstmals zur E-Gitarre griff, aber nicht mehr.
Ein Jahr später folgte der Schulabgang in eine Ausbildung bei Thyssen als Elektriker. Dass ich nach meiner Ausbildung nie wieder als Elektriker in der Industrie arbeiten wollte, stand eine Woche nach der Probezeit fest.
Aber um eine solide Grundlage zu haben, zog ich’s durch. Danach Zivildienst im Krankenhaus. Das lief gut und ich konnte mir vorstellen, dort zu bleiben. Dass dort Menschen sterben, hatte ich nicht auf dem Zettel.
Nach dieser Erfahrung brauchte ich eine Findungsphase und in dieser kam dieses Internet nach Deutschland. In einem IT-Systemhaus hier in Duisburg konnte ich in einem Praktikum die Programmiersprache HTML erlernen und anwenden. Autodidaktisch ging es dann in den ersten kleinen Agenturen weiter.
Schon damals arbeitete ich als Webdesigner für Unternehmen wie Esprit, Mercedes Nutzfahrzeuge oder die Messe Düsseldorf. Irgendwie waren und fühlten wir uns als Pioniere des Internets.
Mit dem Platzen der ersten Dot.com-Blase ging es auch der eher klassisch aufgestellten Agentur schlecht, in der ich bis Ende 2003 arbeitete. Sie musste Insolvenz anmelden. Nachdem sich einige Kunden bei mir meldeten, habe ich voller Stolz im Mai 2004 eine Ich-AG gegründet und war fortan bis 2011 selbständig.
Zwischendurch verlagerte sich mein Schwerpunkt von Web- und Grafik-Design hin zur digitalen Kommunikation und Social Media. Zunächst war ich in Essen, später in Köln als Berater tätig, bevor ich 2015 zur GLS Bank und somit auf die Kundenseite wechselte.
Die Herausforderungen der Selbstständigkeit
Was gab den Ausschlag für dich, dass du dich erst für die Ausbildung entschieden hast und am Ende im kreativen Bereich tätig warst?
Durch den schulischen Werdegang als fauler Sack hatte ich kaum eine andere Wahl. Mit einem passablen Abschluss der mittleren Reife und schlechten Noten in Mathematik musste ich mich zwischen Technischem Zeichnen und Elektrik entscheiden. Rückblickend hätte ich vielleicht ersteres wählen sollen.
Ich bin in der Ausbildung durch eine harte Zeit gegangen. Als ich lange Haare trug, war Mobbing an der Tagesordnung. Danach wollte ich in diesem Umfeld nie mehr arbeiten. Zum Glück kam das Web und somit kamen auch für Menschen wie mich ganz neue Möglichkeiten. Diese ergriff ich.
Dieses Internet hat mich einfach in seinen Bann gezogen, wie bei Tron, als er vom Laser in den Computer übertragen wird. Im Laufe der Zeit kamen das Fachliche und Handwerkliche, die Software wie Flash, Photoshop oder damals noch Macromedia Director dazu.
Wir haben ja sogar noch interaktive CD-ROMS mit Bingo und Quicktime erstellt – verrückte Zeiten waren das.
Nach deiner Zeit als Art Director warst du selbständig. Was war für dich die größte Herausforderung für diesen Wechsel und welche Learnings hast du aus dieser Zeit gezogen?
Ich bin aus der Not heraus ins kalte Wasser gesprungen, statt mich mit dem Arbeitslosengeld abzufinden und mir in Ruhe einen neuen Job zu suchen. Damals haben die Arbeitsämter versucht, Mann und Maus in die Ich-AG zu vermitteln. Mich trieb die Neugier. Mir bot sich die Möglichkeit, mich selbst zu verwirklichen.
Man lernt so viel von Akquise, über Buchhaltung, Steuern, Rechtsformen und wie Kunden ticken. Manchmal fühlt man sich wie auf einem Drahtseil, manchmal zieht es dir regelrecht den Boden unter den Füßen weg. Es hat auch einige Jahre gut geklappt. Später merkte ich, dass mir die Altersvorsorge zu schaffen machen würde.
Leider bin ich auch auf Druckkosten durch geplatzte Jobs sitzen geblieben und zog dann irgendwann die Reißleine. Du lernst die Menschen kennen. Ich habe lange die Zeche für Menschen bezahlt, die heute wieder teure Sportwagen fahren. Nicht schön, aber daran wächst man auch.
Ein Produkt, das (un-)sexy ist
Von der Selbständigkeit in die Anstellung: Für viele ein großer Schritt, weil sie die Eigenverantwortlichkeit und einen großen Teil ihrer Unabhängigkeit aufgeben. Wie war das für dich und welches Fazit ziehst du daraus?
Für mich war es der beste Schritt, den ich tun konnte. Die Selbstständigkeit hat mich an ganz anderen Stellen eingeschränkt, die mir später vielleicht auf die Füße gefallen wären. Ich konnte zwar gut davon leben, aber manchmal hat man auch weniger gute Zeiten und muss an die Reserven.
Wenn dann, wie in meinen Fall, noch Pech dazu kommt, wird es doppelt schwer. Aber ich danke meiner Frau heute sehr dafür, dass sie das alles mitgemacht hat. Sie war in diesen Zeiten mein großer Anker. Wir haben das gerockt in guten wie in schlechten Zeiten, obwohl wir erst danach geheiratet haben.
Heute kann ich im Team Aufgaben abgeben und muss nicht für alles die Verantwortung tragen. Unser Team in der Bank ist wirklich toll. Wir sind ganz unterschiedliche Menschen, die sich gegenseitig stützen.
Du arbeitest jetzt für eine sozial-ökologische Bank, für ein Produkt, das nicht als sexy gilt.
Hey, unser Girokonto ist aktuell 1,5 Grad kompatibel, also mit dem Pariser Klimaabkommen. Wenn das kein sexy Produkt ist, dann weiß ich es auch nicht. Aber Spaß beiseite!
Ich wollte nie in eine Bank bis auch ich lernen musste, dass es doch welche gibt, die nicht nur auf Rendite aus sind, sondern den Mensch und den Planeten in den Vordergrund stellen. Somit hat meine tägliche Arbeit heute auch noch einen Sinn und ich tue täglich was für die Umwelt. Fühlt sich gut an.
Ein Tipp für Quereinsteiger
Welchen Tipp gibst du Menschen, die wie du als Quereinsteiger in einen völlig neuen Bereich einsteigen wollen?
Ich kann allen nur empfehlen, auf Herz, Hirn und auch Bauch zu hören. Wenn sich etwas nicht gut anfühlt, muss man es gehen lassen. Es werden sich immer Türen für Menschen öffnen, die mit offenen Augen durch Leben gehen. Auch für solche mit kruden Lebensläufen wie mich.
Lieber Rouven, vielen Dank für das Gespräch und deine Tipps.
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