Parler, das liebste soziale Netzwerk der politischen Rechten, ist erstmal offline. Doch Radikale haben schon Alternativen gefunden – und diese sind nicht weniger beunruhigend.
Nachdem viele soziale Netzwerke nach den Angriffen aufs US-Kapitol die Konten von Donald Trump gesperrt hatten, war schnell klar: Parler ist das neue soziale Netzwerk der Stunde.
Hier tummeln sich vor allem Radikale aus dem rechten politischen Spektrum und Inhalte werden (mit Ausnahme von Spam oder Pornografie) kaum moderiert. Es ist also seit jeher ein beliebtes Netzwerk für Trump-Befürworter, die nach der Social-Media-Sperre des US-Präsidenten nun in Scharen zu Parler wechselten.
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Doch nur wenige Tage nach dem steilen Aufstieg von Parler, war der Siegeszug von Parler auch schon wieder vorbei. Erst sperrte Google die App aus seinem Playstore. Dann folgte Apple mit einer Sperrung im App Store und dann kam auch noch Amazon.
Amazon stellt Support für Parler ein
Amazon stellte bislang die notwendigen Online-Tools für die App zur Verfügung. Dann kündigte Amazon aber an, dass man in der Nacht vom Sonntag auf Montag den Support vorübergehend abstellen würde. Kurze Zeit später war Parler offline.
Amazon hatte in einem Brief an Parler gesagt, dass das Gewaltrisiko aufgrund der Inhalte auf der Plattform zu hoch sei. Wer jetzt nach der Plattform im Netz sucht, erhält eine Fehlermeldung.
In der Zwischenzeit sucht Parler händeringend nach einem neuen Cloud-Anbieter. Zunächst sagte Parler-CEO John Matze, dass das eine Woche dauern könnte. Die Suche scheint sich aber etwas schwieriger zu gestalten als gedacht, da wohl viele Anbieter nach den Reaktionen von Apple, Google und Amazon vor Parler zurückschrecken.
Auch zahlreiche Onlineverkaufsplattformen und E-Mail-Anbieter wollen offenbar nichts mehr mit Parler zu tun haben, sagte Matze gegenüber dem TV-Sender Fox News.
Was genau macht Parler aber so problematisch?
Parler: Die Plattform, auf der du alles sagen darfst
Auf den ersten Blick ist Parler einfach ein weiteres soziales Netzwerk, genau wie Twitter, Facebook oder Tik Tok. Die Social-Media-Seite bezeichnet sich gerne als Plattform der freien Meinungsäußerung, in der Nutzer alles sagen dürfen, ohne dass sich Moderatoren einmischen oder Inhalte gesperrt werden.
Spätestens hier werden die Unterschiede zu Facebook & Co. deutlich. Denn auch wenn die großen Social-Media-Plattformen für viele zu nachlässig im Umgang mit kritischen Inhalten sind, gibt es hier doch eine Form der Content-Moderation.
Sprich: Hassbotschaften, Aufrufe zur Gewalt oder Gewaltverherrlichung sind nicht erlaubt und werden entfernt. Auch markieren die großen sozialen Netzwerke mittlerweile Posts, die Fehlinformationen oder nicht-belegte Äußerungen enthalten.
So dauerte es nicht lange, bis Verschwörungstheoretiker, Klimawandel-Leugner, Rechtsextreme und Trump-Anhänger Parler für sich entdeckten.
Daher gilt Parler mittlerweile als eines der liebsten Netzwerke der Konservativen in den USA. Nach Informationen der Washington Post registrierten sich viele Nutzer nach der diesjährigen US-Präsidentschaftswahl bei Parler. Das Netzwerk zählt demnach um die zehn Millionen Nutzer.
Radikale Parallelwelten
Parler erinnert stark an Twitter. Auch hier verwenden Nutzer Hashtags und ein News-Feed zeigt die Posts von Konten, denen man folgt. Allerdings, das ist Parler sehr wichtig zu betonen, wird der Feed nicht von einem Algorithmus geordnet, sondern chronologisch angezeigt.
Damit will das Netzwerk zeigen, dass es Inhalte in keiner Form zensiert. So kursieren hier fast ausschließlich rechtsextreme Ansichten sehr frei, was dann natürlich auch immer das Risiko trägt, dass sich diese Theorien weiter verbreiten.
Es sei aber nicht ungewöhnlich für Konservative in den USA mediale Parallelwelten aufzubauen, sagt Lawrence Rosenthal, Professor für rechtsradikale Studien an der University of California, Berkeley gegenüber dem Magazin Vox.
„Das folgt einem Muster, das der rechte Flügel schon seit dem Aufstieg von Talkradio in den 80ern und dann durch Live-Kabel-TV und schließlich dem Aufschwung von Social Media hat“, sagt Lawrence.
Parler ist entsprechend nicht das einzige alternative soziale Netzwerk für Radikale am rechten Spektrum. Auch Gab, eine weitere Twitter-Kopie sowie das Video-Netzwerk Bitchute bieten Raum für unzensierte Meinungsäußerung.
Verschwörungstheorien, Rassismus und Gewalt
Ein kurzer Blick auf Gab zeigt: „Freie Meinungsäußerung“ bedeutet hier freier Raum für (rechts-)radikale Äußerungen.
Linkspolitische Äußerungen werden als kommunistisch bezeichnet, nicht-christliche Gruppen als Bedrohung für die US-Identität und Big-Tech-Firmen wie Apple als Agenten der Zensur.
Nach der Sperrung von Parler verzeichnet Gab darum auch nicht überraschend einen großen Nutzerzuwachs, wie Gab-CTO auf der Plattform am Montag Abend postete.
„Brutstätte des Hasses“
Bitchute wiederum könnte man als YouTube-Parallelnetzwerk bezeichnen. Auch hier tummeln sich die Inhalte aber entweder am rechten politischen Spektrum oder sie propagieren Verschwörungstheorien.
Direkt auf der Startseite findet sich etwa ein Video, das (fälschlicherweise) behauptet, Masken seien unwirksam gegen die Verbreitung des Coronavirus sowie zahlreiche Videos mit rassistischen Inhalten.
Zwei Spalten darüber findet man ein ein Video, das behauptet, den Holocaust habe es nie gegeben. Juden, Moslems, Afroamerikaner, Einwanderer und die LGBTQ+-Community werden durchweg diffamiert.
Ob diese Aussagen stimmen, hetzerisch sind oder komplett frei erfunden sind, lässt sich überhaupt nicht erkennen. Auch gibt es keinen Versuch der Plattformen derart radikale Inhalte zu sperren oder in irgendeiner Form zu moderieren. Zumindest für US-Nutzer.
Wer dagegen auf einige der problematischeren Videos mit einer deutschen IP-Adresse zugreifen will, kann diese nicht aufrufen. Hier erscheint eine Meldung, die darauf verweist, dass die Inhalte eventuell im Nutzerland illegal sein könnten.
Die Anti Defamation League bezeichnet Bitchute als „Brutstätte des Hasses“. Denn obwohl die AGB eigentlich sagen, dass man Aufrufe zur Gewalt „nicht toleriere“, finden sich hier – und das ohne langes Suchen – Videos die Polizeigewalt verherrlichen oder zu Gewalt gegen Minderheitengruppen animieren.
Auch wenn Parler also vorübergehend oder auch länger gesperrt sein sollte: Wer will, findet zahlreiche Alternativen im Netz – noch.
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