Meine Erfahrungen auf einer Rennstrecke beschränken sich bisher auf zwei Tage mit einem Porsche am Nürburgring; einen Ferrari bin ich selbst noch nie gefahren. Ihr könnt euch also vorstellen, dass ich auf meinem Weg zu der Rennstrecke Bilster Berg eine gehörige Portion Respekt im Gepäck hatte. Auch, weil es sich bei dem Ferrari F8 Tributo um ein besonderes Auto handelt, wie schon der Name andeutet.
Ferrari F8 Tributo: Exzellenz in Reinkultur. Die Zweisitzer-Berlinetta mit Mittelmotor ist eine Hommage an den leistungsstärksten V8-Motor in der Geschichte Ferraris.
Der V8 Turbo im F8 Tributo ist eine Weiterentwicklung des Motors, welcher in verschiedenen Leistungsstufen bereits in den Vorgängermodellen der Reihe verwendet worden ist. Er erhielt drei Jahre in Folge – 2016, 2017, und 2019 – die Auszeichnung „Best Engine of the Year“. Zudem erhielt er im Jahr 2018 auch noch die Auszeichnung als bester Motor der letzten 20 Jahre.
Im F8 Tributo generiert der Motor aus 3,9 l Hubraum eine Leistung von 720 PS bei 8.000 U/min und 770 Nm. Damit macht er den Sprint von 0-100 km/h in 2,9s und fährt bis zu seiner Höchstgeschwindigkeit von 340 km/h. Dass ein Motor, der solche Werte erreicht, ein Meisterwerk der Ingenieurskunst sein muss, steht wohl außer Frage.
Wenn man sich in die Thematik einliest, ist es spannend zu erkennen, zu welchen Schritten man bei Ferrari greifen musste, um bei der Entwicklung des Motors ausgehend von dem des 488 Pista noch mehr Leistung zu generieren.
Um die konstante Verbesserung eines bereits guten Motors zu realisieren, hat man bei Ferrari auf Techniken und Lehren aus dem Motorsport sowie aus der Formel 1 zurückgegriffen. Die Leistungssteigerung ist zum einem auf die erfolgte Gewichtsreduzierung zurückzuführen, welche etwa mit dem Inconel-Auspuffkrümmer, den Titan-Pleuls sowie den leichteren, optimierten Kurbelwellen und Schwungrädern erzielt wurde.
Ich könnte sicher noch einiges an technischen Besonderheiten des Motors aufzählen, aber seien wir ehrlich, ein Auto muss man „erfahren“ – im wahrsten Sinne des Wortes – um es zu verstehen.
Für das Event war ein Nachmittag eingeplant. Zieht man all das Briefing und die eigentliche Präsentation ab, verblieben für das eigentliche Fahren weniger als 2 Stunden, was mir im Vorfeld der Veranstaltung eigentlich als sehr wenig Zeit für ein Fahrevent erschien. Aber wie schon in der Einleitung angedeutet, scheint die Zeit im Ferrari einerseits zu verfliegen, andererseits aber gleichzeitig auch fast stillzustehen.
Zunächst ging es in einer Fünfergruppe auf einen Handling-Parcour, bei dem wir auf nasser Strecke die Regelsysteme des Ferrari kennenlernen sollten. Aufgabe war es, einen Halbkreis in den verschiedenen Modi zu fahren und dabei darauf zu achten, wie das Regelsystem sich in den unterschiedlichen Modi verhält.
Eingestellt werden diese über den Manettino direkt am Lenkrad. Es stehen die Modi: Wet, Sport, Race und CT Off zur Verfügung.
Die Bedeutung der verschiedenen Modi ist recht naheliegend und so sind wir ohne Pause direkt nacheinander sämtliche verschiedene Modi durchgefahren.
Die Aufforderung unseres Instruktors, Matthias Beckwermert, war es zu versuchen, den Ferrari F8 Tributo durch die Kurve zu driften. Im Wet-Modus gab es keine Chance, den Wagen auch nur minimal zum Übersteuern zu bekommen. Im Prinzip hat man nur in die Kurve eingelenkt und konnte unvermittelt Vollgas geben, ohne dass sich das Heck auch nur ein Stück von der eingeschlagenen Spur bewegte. Auch ein zweiter Durchgang mit starken Gasstößen führte zum selben Resultat.
Nach dem Wechsel in den Sport- bzw. den Race-Modus sah das Ganze dann doch etwas anders aus. Der Sport Modus ist der „normale“ Modus eines Ferraris. Dementsprechend hat man hier das Heck zwar ein wenig in den Anfang eines Driftes bekommen, was jedoch von der Regelelektronik schnell wieder eingefangen wurde.
Im Race-Modus war deutlich mehr Drift möglich. Im Race-Modus wurde jetzt das Ferrari Dynamic Enhancer Plus (FDE+) und auch das Side Slip Control System (SCC) in der Version 6.1 aktiviert. Diese Regelprogramme unterscheiden sich bei Ferrari deutlich von dem, was man von anderen Fahrzeugen gewohnt ist.
Normalerweise sind die Regelsysteme dazu da, das Auto wieder einzufangen und einzubremsen.
Der Ansatz von Ferrari ist es hingegen, das Fahrzeug leichter zugänglich und nutzbar zu machen. Wenn ihr den Wagen bewusst zum Driften bringt, registriert das Side Slip Control System dies und regelt euch auf den Driftwinkel ein, so dass ihr als Fahrer einen kontrollierten Drift hinlegen könnt.
Das FDE+ ist beim Fahren in und aus Kurven (nicht jedoch beim Bremsen) aktiv und soll nun ganz explizit das Kurvenverhalten noch einmal verbessern. In der Race-Einstellung kann das Fahrzeug bei gleicher Lenkradbewegung um 6% schneller aus der Kurve beschleunigen als der Vorgänger 488 GTB. Im CT-off-Modus wird die Lenkradbewegung bei gleichem Übersteuerungsgrad um 30% reduziert.
Damit können Fahrer bei gleichen Fahrkünsten ihr Fahrzeug länger am Limit halten und auch längere Übersteuerungsmanöver souveräner angehen.
Fahrkünste ist hier ein gutes Stichwort. Einen Mittelmotor-Sportwagen mit 720 PS auf nasser Fahrbahn im Drift zu halten, ist schon eine Herausforderung. Im Race Modus war das für mich noch möglich und wurde mit jeder Runde ein wenig besser. Bei komplett ausgeschalten Regelsystemen sind die Drifts schnell in einen Dreher übergegangen. Hier muss ich wohl meine Fahrkünste noch deutlich verbessern (wobei, ehrlicherweise haben Drifts auf einer normalen Straße ohnehin nichts verloren; insofern ist das ein Skill, welchen ich vielleicht auf den nächsten Fahrevents mal weiter verbessern werde).
Einen ersten Eindruck der Zeitdilatation hat man bereits auf dem Handling-Parcour bekommen. Steht man außerhalb des Ferraris, sind die Autos schnell durch die Kurve unterwegs, und auch die Dreher (ja, ich war nicht der Einzige, der sich gedreht hat) passierten schnell. Sitzt man im Ferrari hinter dem Steuer, vergeht die Zeit für einen deutlich langsamer.
Die Fahrt auf dem Handling-Parcour hat schon mal schnell ein gewisses Grundvertrauen in den Ferrari aufgebaut. Dies war für die spätere Fahrt auf der Rennstrecke eine gute Basis.
Ferrari F8 Tributo – Rennstrecke Bilster Berg
Mit den „Erfahrungen“ aus dem Handling-Parcour ging es dann auf die Rennstrecke. Wie eingangs erwähnt, beschränkte sich meine Rennstreckenerfahrung bisher auf zwei Tage auf der Nordschleife mit meiner Teilnahme an dem Sportauto-Präzisionstraining, wo ich aber doch einiges gelernt zu haben scheine.
Den ersten Stint sind wir in der kompletten 5er-Gruppe gefahren. Obwohl die Strecke trocken war, sind wir die Einführungsrunden erst einmal im Wet-Modus gefahren. Bei diesem Modus ist das Regelsystem deutlich schärfer und dient vor allem zum Einfangen des Wagens. In den ersten fünf Runden des ersten Stints hatte das Regelsystem jedoch wenig zu tun. Man merkte aber schon, dass der Ferrari in der Leistungsentfaltung logischerweise deutlich sachter zu Werk ging.
Da wir allerdings nicht auf dem Bilster Berg gefahren sind, um den Ferrari sacht und sanft über die Rennstrecke zu bewegen (dafür gibt es schließlich die Landstraße) wurde die Gruppe auf meine Anregung hin geteilt. Ich kam in eine 2er-Gruppe und unser Instruktor Matthias Beckwermert, ein erfahrener Rennfahrer, hat uns in in zwei weiteren Stints zu je 5 Runden über den Bilster Berg gelotst.
In meinem YouTube Video nehme ich euch recht ungefiltert auf ein paar Runden im Ferrari F8 Tributo mit.
Fahrgefühl Ferrari F8 Tributo
Ich habe in diesem Artikel schon ein wenig über die Leistungswerte und Regelsysteme des Ferrari F8 Tributo geschrieben. Aber den F8 Tributo selbst auf der Rennstrecke zu erfahren, ist noch einmal beeindruckender, als es auf dem Papier bereits aussieht.
Der V8 des Tributo ist Turboaufgeladen, aber die lineare Art und Weise der Leistungsentfaltung des Motors lässt einen schnell daran zweifeln. Jede Betätigung des Gaspedals wird sofort und gefühlt ohne jede Verzögerung umgesetzt. Es erinnert einen kurzfristig schon fast an ein Elektroauto. Aber anders als im Elektroauto arbeitet im F8 Tributo ein 7-Gang-F1-Doppelkupplungsgetriebe. Anders als in gewöhnlichen Autos gibt es im F8 Tributo den sogenannten Mauereffekt. Das heißt, er begrenzt die Umdrehungen nicht allmählich bei Annäherung an die Grenze, sondern unterbricht sie erst an der roten Linie von 8.000 U/min. Damit steht in dynamischen Fahrsituationen die maximale Leistung zur Verfügung.
Begleitet wird das Ganze von einem Soundtrack, welchen man sonst in dieser Intensität und Klangqualität nur aus dem Motorsport kennt.
Stint 2 und Stint 3 sind wir im Sport-Modus gefahren. Für mein erstes Mal mit einem Ferrari auf einer Rennstrecke war das glaube ich eine gute Wahl.
Laut Aussage unseres Instruktors war unsere kleine Gruppe zügig unterwegs, und wir sind mit jeder Runde sauberer und auch schneller gefahren.
Ich hatte jederzeit das Gefühl, den Wagen sehr gut zu beherrschen (hinzu kommt das Regelsystem). Während der schnellen Runden gab es Momente, in denen man eine leichte Einflussnahme der Regelsysteme merken konnte; diese waren aber gezielt. Die minimalen Korrekturen waren eher in der Art und Weise gestaltet, dass man das Gefühl bekam, den F8 Tributo mit einem sprechen zu hören: „Hier bist du ein wenig zu schnell in die Kurve gegangen; aber das ist kein Problem, ich nehme einfach ein klein wenig Leistung weg und schiebe dich so durch die Kurve“
Dabei ist der F8 Tributo nie mit einem böse geworden. Als Fahrer konnte man sich so diese Momente gut merken und ist sie dann in der nächsten Runde so gefahren, dass das Regelsystem nicht mehr eingreifen musste.
Ich denke, es erübrigt sich eigentlich zu erwähnen, dass ich unglaublich viel Spaß hatte. So viel Spaß, dass die Zeit eigentlich viel zu schnell vorbei ging. Auf der anderen Seite sind die Erinnerungen doch so nachdrücklich, dass man das Gefühl hatte, man wäre den ganzen Tag auf der Strecke gewesen.
Ich hoffe, dass sich mir in Zukunft noch einmal die Möglichkeit eröffnen wird, den Ferrari auf solch einem Event zu erleben, denn wenn der Wagen einem schon im Sport-Modus so viel Fahrfreude ermöglicht hat, fragt man sich unweigerlich, was dann wohl im Race-Modus passiert.
Aber wie sagte unser Instruktor: „Es ist besser, sich dem Grenzbereich von unten zu nähern“.