Die Amazon-Überwachung nimmt Ausmaße an, die sich viele Menschen kaum vorstellen können. Das Unternehmen kontrolliert weltweit Mitarbeiter, Dienstleister, Lieferanten, Gewerkschaften und andere Organisationen – und das legal. Wie viel Macht hat Amazon?
Die Amazon-Sprecherin Lisa Levandowski hat gegenüber dem Technik-Portal Vice gesagt, dass Amazon legal Mitarbeiter, Dienstleister, Lieferanten, Gewerkschaften und andere Organisationen auf der ganzen Welt überwacht.
„Jeder Versuch, diese Aktivitäten aufzubauschen, oder zu unterstellen, dass wir etwas Ungewöhnliches oder Falsches tun, ist unverantwortlich und falsch“, heißt es vom Konzern von Jeff Bezos.
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Zuvor hatte Motherboard mehr als zwei Dutzende Berichte erhalten, aus denen hervorgeht, dass Amazon sowohl öffentliche Aktionen wie das Verteilen von Flugblättern mit Zeitpunkt, Ort und Anzahl der Teilnehmer sowie private Treffen von Arbeitnehmern und Gewerkschaftern überwacht.
Die Amazon-Überwachung haben auch Mitarbeiter und Außenstehende in sozialen Netzwerken bestätigt. Der Großkonzern soll sich über Dritte sogar Zutritt zu geschlossenen Foren verschaffen, um Mitarbeiter und Co. auszuspionieren.
Die Betroffenen werden darüber nicht informiert, wie Motherboard schon im September 2020 aufgezeigt hat.
Wie sieht die Amazon-Überwachung genau aus?
Aus den Dokumenten und E-Mails, die aus Amazons Global Security Operations Center stammen, gehen einige interessante Informationen hervor. Das ist die Sicherheitsabteilung des Unternehmens, die den Schutz der Mitarbeiter, Verkäufer und der Vermögenswerte verantwortet.
Die Dokumente zeigen, dass Amazon-Spezialisten die Aktivitäten der Mitarbeiter überwachen. So lässt das Unternehmen beispielsweise Facebook- und Instagram-Profile von Umweltschützern und Aktivisten überwachen und auswerten. Die Kontrolle findet im großen Stil statt: Amazon heuert sogar Privatdetektive an.
Konkret soll der amerikanische private Sicherheitsdienst Pinkerton helfen, Mitarbeiter im polnischen Logistikzentrum in Breslau zu überwachen.
Amazon erklärt dazu: „Wir haben aus vielen verschiedenen Gründen Geschäftspartnerschaften mit spezialisierten Unternehmen – im Fall von Pinkerton, um hochwertige Sendungen im Transit zu sichern.“
Und weiter: „Wir benutzen unsere Partner nicht, um Informationen über Lagerarbeiter zu sammeln. Alle Aktivitäten, die wir unternehmen, stehen in vollem Einklang mit den örtlichen Gesetzen und werden mit der vollen Kenntnis und Unterstützung der örtlichen Behörden durchgeführt.“
Dabei kontrolliert Amazon auch Arbeitnehmertreffen genau. Das Unternehmen erfasst Ort, Zeit und Datum. Und auch, ob Angestellte streiken und welche Kritikpunkte sie diskutieren, interessiert den Konzern genau.
Er sieht dieses Verhalten nämlich als Gefahr an, wie eine Studie der US-amerikanischen Organisation Open Markets Institutes zeigt.
Mitarbeiter, die Amazon als unbequem einstuft, laufen sogar Gefahr, versetzt zu werden, damit sie nicht länger demonstrieren oder sonstige Aktivitäten unternehmen, die dem Konzern nicht gefallen.
Amazon überwacht Aktivitäten von Greenpeace, Fridays For Future und Verdi
In Deutschland überwacht Amazon auch Aktivitäten von den Friedensaktivisten Greenpeace, der globalen Klimaschutz-Bewegung Fridays For Future, der Umweltschutzbewegung Extinction Rebellion und der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi.
Diese Gruppen stuft das Unternehmen laut den geleakten Dokumenten als bedrohlich ein. Fridays For Future soll beispielsweise „ihren Einfluss insbesondere auf junge Menschen und Studenten vergrößert haben“ und „schnell wachsen und immer mehr Menschen anziehen“, wie Amazon schreibt.
Ist die Amazon-Überwachung legal?
Das Perfide an der Amazon-Überwachung ist, dass sie offenbar legal ist. Der Konzern weist die meisten Vorwürfe zurück.
Levandowski erklärt, dass „ein internes Untersuchungsteam, das gegebenenfalls mit den Strafverfolgungsbehörden zusammenarbeitet“ dazugehöre, um „ein Sicherheitsniveau innerhalb unseres Betriebs“ aufrecht zu erhalten.
Amazon erfasst zum Beispiel auch Beschwerden von Mitarbeitern und hat ein Auge auf Kriminalität. Laut Motherboard überwacht der Konzern regional den Drogenhandel, um frühzeitig zu erkennen, ob er den Betrieb stören könnte oder ob Amazon-Mitarbeiter selbst Drogen nehmen könnten.
Christy Hoffman, Generalsekretärin von UNI Global Union, einer globalen Gewerkschaftsföderation, kritisiert die Amazon-Überwachung scharf.
Laut ihr reiche es nicht aus, „dass Amazon seine marktbeherrschende Macht missbraucht und von der EU kartellrechtlich angeklagt wird. Jetzt exportieren sie amerikanische Taktiken zur Zerschlagung von Gewerkschaften aus dem 19. Jahrhundert nach Europa.“
Hoffmann spielt darauf an, dass Anfang Oktober 2020 37 EU-Parlamentarier ihre Bedenken in einem offenen Brief an Amazon-Chef Jeff Bezos geäußert hatten. Etwas geändert hat sich seitdem bislang nicht, denn Amazon nutzt seine Marktmacht geschickt und weist Vorwürfe stets zurück.
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