Es gilt als einer der heißesten Start-up-Deals des Jahres: Dr. Oekter hat den Getränkelieferdienst Flaschenpost gekauft. Die Übernahme geht aber über die beiden Firmen hinaus. Sie zeigt: Delivery ist der Mega-Trend in der Lebensmittelbranche. Wir blicken auf die Hintergründe.
Sage und schreibe eine Milliarde Euro sind bei der Übernahme des Getränkelieferdienstes Flaschenpost geflossen. Damit hat der Lebensmittel-Riese Dr. Oetker ganz schön tief in die Tasche greifen müssen.
Das zeigt nicht nur, wie erfolgreich das Start-up mit seinem Geschäftsmodell war, sondern auch: Delivery in der Lebensmittelbranche ist der neue große Hype für Unternehmen. Der Übernahme-Kampf um Flaschenpost macht das besonders deutlich.
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Dr. Oetker, Coca-Cola und der Kampf um Flaschenpost
Denn Flaschenpost erlebte das, wovon viele Start-ups wahrscheinlich träumen. Nicht nur ein, sondern gleich zwei große Investoren wollten das Jungunternehmen übernehmen. Ein Grund dafür ist das sehr erfolgreiche Geschäftsmodell von Flaschenpost.
Flaschenpost, auch Flapo genannt, hat sich nämlich auf das Liefern von Getränken spezialisiert. Das ist zwar ein Nischenmarkt. Doch gerade hier ist die Nachfrage nach einem Delivery-Service besonders groß.
Wer schleppt schon gerne Getränkekisten? Selbst für junge und fitte Menschen ist der Transport von Getränken ein Kraftakt.
Schließlich muss man zunächst die Kisten im Einkaufswagen platzieren, dann vom Einkaufswagen ins Auto umladen und schließlich vom Auto in die Wohnung tragen. Wer dabei noch ein paar Stockwerke hoch muss, und das eventuell ohne Aufzug, weiß einen Lieferdienst zu schätzen.
Noch dazu, wenn er, wie bei Flaschenpost, ohne Aufpreis für die Lieferung einher kommt. Flapo hat also eine clevere Marktnische entdeckt – und erfolgreich ausgebaut. Da konnte selbst der eigene Getränkelieferdienst von Dr. Oetker, Durstexpress, nicht mithalten.
Gerade für Dr. Oetker mit eigenen Brauereien und Getränkemarken ist ein derartiger Lieferdienst natürlich Gold wert, um die eigenen Produkte an den Kunden zu bringen.
So ähnlich sah es auch Coca-Cola – und so begann der Kampf um Flaschenpost. Am Ende konnte sich Dr. Oetker mit einer enormen Summe durchsetzen. So viel investiert ein Konzern aber auch nur, wenn er in dem Geschäftsmodell eine große, gewinnträchtige Zukunft wittert.
Und wenn man Branchenexperten glauben darf, ist Delivery – insbesondere in der Lebensmittelbranche – der nächste große Mega-Trend.
Schon vor Corona: Delivery als Mega-Trend
Die Corona-Pandemie hat durch Regelungen zum sozialen Abstand diesen Trend natürlich gewaltig angetrieben.
Zum einen wollen viele Menschen den engen Kontakt mit Menschen vermeiden – sei es beim Einkaufen von Lebensmitteln oder in Restaurants. Zum anderen sorgen auch strikte Lockdown-Regeln in Restaurants dafür, dass die Essenslieferung der einzig mögliche Geschäftszweig für die Lokale bleibt.
Sogar Google Maps und Lieferando haben sich dazu zusammengetan, sodass du deine Essensbestellung direkt über Maps abwickeln kannst.
Doch schon vor Corona war der Delivery-Markt stark im Kommen. Essen, Lebensmittel oder Getränke bestellen ist nämlich insbesondere per App praktisch, bequem und spart Zeit. Das wissen immer mehr Verbraucher zu schätzen.
Allein in Deutschland betrug der Umsatz mit Essenslieferungen in diesem Jahr laut Statista 2,195 Milliarden Euro bei 19,4 Millionen Nutzern. Das ist ein Umsatzplus von 22,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Zum Vergleich: Das entspricht in etwa dem Umsatz aller steuerpflichtigen Cafés in Deutschland.
Doch auch wenn man den Corona-Effekt aus der Gleichung nimmt, ist der Trend klar erkennbar. Denn von 2017 zu 2019 verzeichnete der deutsche Markt einen Umsatzanstieg von über 30 Prozent. Damit ist Deutschland weltweit der neuntstärkste Delivery-Markt. China liegt auf Platz eins, gefolgt von den USA und Indien.
Bis 2024 gehen die Prognosen davon aus, dass das Marktvolumen von Delivery in Deutschland bei 2,855 Milliarden Euro liegen wird. Das entspricht einem jährlichen Umsatzwachstum von 6,8 Prozent.
Unternehmen wollen sich früh positionieren
Insbesondere die Essenslieferung von Restaurants zum Kunden liegt dabei im Trend. Das liegt nicht nur an den Kunden, sondern auch an den Restaurants. Die Gastronomie hat nämlich ein Platzproblem.
Große Küchen sind schwer zu finden und Mieten dafür sehr teuer. Viele Betriebe suchen daher nach Einsparmöglichkeiten. Effizientes Kochen on-demand – etwa für Lieferbestellungen – ist eine Lösung dafür.
Wer etwas genauer auf die Delivery-Trends schaut, sieht aber auch: Die nächste große Trendkurve sind Supermarkt-Lieferungen. Investoren wie Dr. Oetker oder Coca-Cola wollen sich deshalb hier so früh wie möglich gut aufstellen.
In dem Kontext überrascht es nicht, dass ungefähr zeitgleich zur Flaschenpost-Übernahme auch der lokale Supermarkt-Lieferdienst Gorillas ein Investment von 40-Millionen-US-Dollar vom New Yorker Hedgefonds Coatue erhalten hat.
Das Berliner Start-up, das laut Eigenmarketing Einkäufe in zehn Minuten liefert, wird derzeit mit 160 Millionen Euro bewertet. Auch nach Corona ist zu erwarten, dass die Delivery-Branche weiter zulegt, wenn auch wahrscheinlich nicht so stark wie in diesem Jahr. Dafür sprechen einige Faktoren.
Delivery: Alternative zum eigenen Auto
Die Pandemie war eine Chance für viele Delivery-Dienste, weil viele Menschen, die derartige Angebote normalerweise nie nutzen, diese erstmals ausprobiert und für praktisch befunden haben. Es ist also wahrscheinlich, dass viele Kunden die Dienste auch weiterhin in Anspruch nehmen werden.
Ein weiterer Faktor mag nicht so offensichtlich sein, könnte sich aber langfristig auch auf den Delivery-Hype auswirken: der Trend weg vom eigenen Auto.
Viele Untersuchungen zeigen, dass insbesondere die junge, klimabewusste Generation von Großstädtern kein eigenes Auto mehr besitzen möchte. Einer der Gründe, warum viele dennoch ein Fahrzeug nutzen oder haben: der Großeinkauf im Super- und Getränkemarkt.
Wenn es nun aber bequeme Alternativen zum Auto gibt, wie etwa ein Delivery-Dienst für Einkäufe und Getränke, wird insbesondere diese Generation dieses Angebot verstärkt nutzen. Große Ketten wie Walmart denken hier sogar schon über Lieferroboter und autonome Fahrzeuge zur Lieferung nach.
Das zeigt: Auch für Supermärkte, Getränkemärkte oder Gaststätten bieten die Lieferdienste neue Chancen sowie neue Geschäftsmodelle.
Nicht jeder Laden mag so futuristisch denken wie Walmart. Im Mindestfall aber leitet der Prozess der Online-Bestellung die Kunden über eine App oder Website zu den eigenen Produkten.
Damit ergeben sich neue Möglichkeiten zur Datengewinnung rund um Kundenwünsche und -gewohnheiten, die langfristig lukrativ sein können. Es ist also gut möglich, dass wir in nächster Zeit weitere große Deals in diesem Bereich sehen werden.
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