Virgin Hyperloop hat erstmals Passagiere transportiert. Die Welt feiert das. Doch das US-Projekt ist ein gigantischer Unsinn. Ein Kommentar.
Zwei Passagiere werden in einer kleinen Vakuum-Kapsel mit einer Geschwindigkeit von 160 Kilometern pro Stunde einen halben Kilometer weit transportiert. Und die Welt feiert das. Ernsthaft?
Wenn ich auf das Virgin-Hyperloop-Projekt in den USA schaue, finde ich es stattdessen extrem traurig, weil es zeigt, was in dem Land in Sachen öffentlicher Transport und nachhaltige Mobilität alles schiefläuft.
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VW Golf schneller als Virgin Hyperloop
Denn wenn wir ganz ehrlich sind, kann ein Volkswagen Golf auf einer deutschen Autobahn mehr Menschen schneller und weiter befördern als Virgin Hyperloop es in einer Kapsel namens „Pegasus“ in der Wüste bei Nevada vor einigen Tagen getan hat.
Was also wirklich beim erfolgreichen Passagiertest von Virgin Hyperloop zelebriert wird, ist eher ein Versprechen als die erste Fahrt mit Menschen an Bord.
Denn wenn der Hyperloop tatsächlich irgendwann einmal fertig sein sollte, wird er mit Geschwindigkeiten von 1.200 Kilometern pro Stunde durch die Gegend brausen und eine Art Intercity-Transport für US-amerikanische Großstädte sein. Das ist jedenfalls die Vision.
Angetrieben wurde sie von Elon Musks Whitepaper zum Hyperloop. Wie so oft bei Musk ist die Idee nicht neu. Doch er schaffte es mit seiner Begeisterung und seinem Hang zur Gigantomanie Menschen weltweit von der Idee zu überzeugen.
Ingenieure, Unternehmen und Studenten arbeiten somit derzeit von Indien bis Deutschland an dem Hyperloop. Daran ist erstmal nichts auszusetzen, wenn man davon ausgeht, dass das Konzept auch wirklich funktionieren kann.
Auch wenn man sich natürlich darüber streiten kann, ob man nicht eher in den Ausbau der existierenden Zug-Schiene investieren sollte. Dennoch stören mich die Hyperloop-Projekte in Europa – etwa als nachhaltigen Ersatz für innereuropäische Flüge oder Inlandsflüge – nicht so sehr wie in den USA.
In den USA hingegen zeigen Unternehmen wie Virgin Hyperloop für mich nur den gesteigerten Unsinn der Transportkonzepte im Land.
Amtrak ist armselig
Die USA hat einen großen Teil seiner Vorreiterrolle dem Ausbau des Zugnetzes 19. Jahrhundert von der Ost- bis zur Westküste zu verdanken. Die Züge waren für die Zeit innovativ und brachten wirtschaftlichen Fortschritt ins Land.
Bis man sich dazu entschied das Schienennetz (insbesondere für Passagierzüge) verkommen zu lassen und stattdessen in den Ausbau der Highways und später der Flugindustrie zu investieren.
Die Konsequenz ist ein armseliges Zug-Transportkonzept. Bei dem US-Amerikaner es mittlerweile normal finden, dass man überall ein Auto braucht, Zugfahrten unverhältnismäßig teuer sind und Züge mit schneckenartigen Geschwindigkeiten fahren.
Es mag etwas arrogant sein. Doch aus europäischer Sicht, in der Züge wie ICEs oder TGVs seit fast 40 Jahren zuverlässig, regelmäßig und in ihren Großstadt-Routen durchaus flächendeckend mit bis zu 300 Kilometern pro Stunde fahren, ist Amtrak ein Witz.
Amtrak ist der größte Personenzugbetreiber in den USA und tuckert mit seinen 160 Kilometern pro Stunde (oftmals langsamer) eher gemütlich einher. Das ist der Optimalfall.
In anderen Fällen, etwa auf der Strecke von Washington DC nach Pittsburgh, braucht der Zug fast acht Stunden für 400 Kilometer.
Fahrkarten sind zudem teuer, weil staatliche Subventionen eher in Infrastrukturmaßnahmen für Autos und Flugzeuge fließen als in die Schiene.
Zudem ist ein Streckennetz von 300 Passagierzügen zu 500 Zielen pro Tag tatsächlich ein Witz in dem riesigen Land. Zum Vergleich: Die Deutsche Bahn bietet im Schnitt im Fernverkehr 800 tägliche Verbindungen an, und das allein in Deutschland.
Bezahlbarer und nachhaltiger Transport? Langweilig!
Nun könnte man natürlich in den USA einfach sagen: „Hey, lasst uns doch mal die Europäer oder Asiaten (Shanghais Transrapid und Japans Shinkansen lassen grüßen) fragen, wie man das mit den Hochgeschwindigkeitszügen und flächendeckenden Transporten auf der Schiene modern und bezahlbar hinbekommt.
Dann könnten wir auch nachhaltiger unterwegs sein. Und noch dazu viele Menschen umweltschonend und schnell von A nach B durchs ganze Land bringen.“
Nur scheint das entweder gegen den Stolz der Amerikaner zu gehen oder möglicherweise Anti-Sozialismus-Reflexe auszulösen. Schließlich sind Schienenprojekte in anderen Ländern oftmals staatlich gefördert.
Stattdessen braucht es Konzepte mit Superlativen und marketing-tauglichen Slogans wie „Transportgeschichte schreiben“ oder „Weltneuheit“, um Amerikaner zu begeistern.
Wenn es nicht annähernd wie die nächste Mondlandung wirkt, kann man in den USA mit so langweiligen Wörtern wie „Zug“, „Schieneninfraktruktur für Passagierzüge“, „erschwinglicher Massentransport“ offenbar nicht viel reißen.
Obwohl es weniger aufwändig und kostensparender wäre, die Schiene auszubauen als ein komplett neues Transportsystem durchs gesamte Land zu ziehen. Doch das ist wohl zu banal.
So feiert man in den USA lieber einen bislang ehrlich gesagt noch sehr popeligen Hyperloop, anstatt sich wirklich Gedanken über eine nachhaltige, öffentliche Infrastruktur zu machen.
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