„Gesicht wahren“ ist ein wichtiges Konzept in Geschäftsverhandlungen. Wer dies im eigenen Berufsleben erkennt und richtig nutzt, kann damit viel erfolgreicher verhandeln – zum Beispiel beim Gehalt. Wir erklären dir das Prinzip und geben dir Tipps, damit du erfolgreich wirst.
Ein Unternehmer aus Brasilien und ein Geschäftsmann aus Frankreich stehen sich in einem millionenschweren Machtkampf gegenüber. Es geht um Führungspositionen und Arbeitsbedingungen im Konzern. Doch die Verhandlungen stocken. Beide sind zu stolz, um nachzugeben.
Ein Vermittler findet schließlich heraus, dass es weniger um Geld und Positionen geht, sondern um Freiheit, Respekt und Work-Life-Balance. So findet er schließlich den perfekten Kompromiss.
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Ein Geschäftsmann übernimmt die Führungsposition, während der andere das Unternehmen ohne Wettbewerbsklausel verlassen darf. Beide Seiten können einen Verhandlungserfolg verbuchen. Alle sind zufrieden.
Der Erfolg dieser Verhandlung liegt nicht allein am Lösungsvorschlag, sondern vielmehr daran, dass beide Seiten durch die Lösung am Ende ihr „Gesicht wahren“ konnten.
„Gesicht wahren“ wird bei Verhandlungen unterschätzt
Das behauptet jedenfalls Joshua N. Weiss, Buchautor und stellvertretender Direktor des Global Negotiation Projects an der Harvard Law School.
Das Beispiel der beiden Geschäftsmänner stammt aus seinem neuen Buch*. Es gibt viele Experten – von der Psychologie bis zur Wirtschaft –, die Weiss zustimmen. Das Konzept „Gesicht wahren“ ist eine bedeutsame Verhandlungsstrategie – und wird häufig unterschätzt.
Bloß keine Schwäche zeigen
Das „Gesicht“ steht dabei für das öffentliche Selbstbild, das jeder für sich beansprucht. In der Soziologie und Wirtschaft spricht man manchmal von Reputation oder auch Image. Vereinfacht gesagt ist das „Gesicht“ die Art und Weise, wie man von anderen in der Öffentlichkeit gesehen werden will.
Das Konzept stammt aus dem asiatischen Raum, ist aber eigentlich in verschiedenen Formen universell. Hierbei bedeutet „Gesicht wahren“, dass man die eigenen Schwächen oder die Schwächen des anderen nicht bloßstellt.
„Gesicht verlieren“ bedeutet dagegen, dass man öffentlich Schwäche gezeigt hat. Das kann sein, weil die eigenen Schwächen öffentlich sichtbar wurden oder weil nach außen deutlich wird, dass man bestimmten Anforderungen nicht entspricht. Daher ist der Gesichtsverlust auch oft mit Scham verbunden.
Was hat das nun mit Verhandlungen im Berufsleben zu tun? Ganz einfach! Wer seinem Gegenüber dabei hilft, das „Gesicht zu wahren“, wird mehr Erfolge verbuchen.
So kannst du „Gesicht wahren“ im Berufsleben nutzen
Dabei sind zwei Aspekte wichtig.
- Überlege vor jeder Verhandlung, ob der Aspekt „Gesicht wahren“ für die Gegenseite wichtig ist und mache aus, welche Verhandlungsteilnehmer das genau betrifft und in welcher Form.
- Denke darüber nach, ob deine Forderungen oder deine Lösungsvorschläge dazu führen, dass die Gegenseite das Gesicht verliert. Falls ja, solltest du dir Alternativen überlegen, die es allen ermöglichen, ihr Gesicht zu wahren. Andernfalls ist die Verhandlung womöglich zum Scheitern verurteilt.
Beispiel Gehaltsverhandlungen: Wenn du zu deinem Vorgesetzten gehst und ein höheres Gehalt verlangst, mag das eine berechtigte Forderung sein. Doch dein Chef muss dies auch vor anderen Führungskräften oder deinen Kollegen rechtfertigen können.
Es kann auch nicht so aussehen, als würde er dir einfach einen Gefallen tun. Das könnte seine Führungsreputation beeinträchtigen – und er droht sein Gesicht zu verlieren.
Wenn er keinen guten Weg sieht, sowohl dein Gehalt zu erhöhen als auch sein Gesicht zu wahren, kann es sehr gut sein, dass er deine Forderung ablehnt.
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Am Ende versteift ihr euch beide auf eure Positionen. Das führt dann entweder dazu, dass du keine Gehaltserhöhung bekommst und unglücklich im Job bleibst oder die Situation so extrem wird, dass du das Unternehmen verlässt.
Machst du dir dagegen das Prinzip „Gesicht wahren“ vorab bewusst, kannst du die Verhandlungen besser lenken. Anstatt zu sagen „Ich sollte mehr Geld verdienen“, gibst du deinem Vorgesetzten gleich noch die Erklärung mit, die er zum „Gesicht wahren“ braucht.
So könntest du zum Beispiel sagen: „Mein Deal mit den neuen Werbepartnern hat dem Unternehmen ein Umsatzplus von 200.000 Euro beschert. Sowohl der Vorstand als auch das Team werden verstehen, dass ich an diesem Gewinn beteiligt werden sollte.“
Durch diese Begründung können beide Seiten ihr Gesicht wahren. Der Vorgesetzte kann sein öffentliches Selbstbild wahren und du bekommst die verdiente Gehaltserhöhung. Am Ende bekommen alle Seiten, was sie wollen.
Versteckte Motivationen entdecken
Allgemeiner formuliert kann man es auch so sehen: Jeder Verhandlungspartner bringt verschiedene Positionen mit an den Verhandlungstisch. Wer das Konzept „Gesicht wahren“ kennt, versteht aber, dass dahinter noch weitere (versteckte) Motivationen liegen.
Zum Beispiel: Hinter einer Forderung nach mehr Gehalt kann auch der Wunsch nach mehr Anerkennung oder flexibleren Arbeitsmodellen stecken.
Diese Motivationen gilt es zu erkennen und in die Angebote aufzunehmen. So kann man vorschlagen, den Gehaltsforderungen nur teilweise entgegenzukommen, dafür aber mehr Tage im Home Office anzubieten.
Wer die Taktik des „Gesicht wahren“ beherrscht, verhandelt letztlich viel erfolgreicher.
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